0484 - Die Rächerin aus Aibon
zurückgekehrt, wo sie auch hergekommen war.
Nach Aibon…
***
In diesem Land befand auch ich mich!
Noch immer lag ich innerhalb meines dickwandigen gläsernen Gefängnisses. Und ich lebte.
Das Überschreiten der Weitengrenzen hatte so gut wie keine Zeit gekostet. Alles war nahtlos ineinander übergegangen, aber die Umgebung hatte sich verändert. Ich war davon ausgegangen, daß mich Jarveena in den Teil des Landes verschleppen würde, in dem das Grauen herrschte. Ich irrte mich. Es umgab mich eine wunderschöne waldreiche Gegend, so wie ich Aibon oft genug erlebt hatte.
Nur die Särge mit den beiden Toten paßten nicht hinein.
Noch bekam ich Luft, aber ich merkte inzwischen doch, wie sehr sie sich verbraucht hatte. Wenn ich einatmete, hatte ich das Gefühl, sie trinken zu können. Sie war anders geworden. Irgendwie schmeckte sie nach Salz und Schweiß.
Der Atem und die Körperausdünstungen hatten die Wände von innen beschlagen lassen, so daß mein Blick nicht unbedingt zu allen Seiten hin klar und frei war.
Aber ich sah Jarveena. Sie hatte die Seile fallen gelassen und umschritt die drei Särge. Manchmal konnte ich ihr Gesicht erkennen. Noch immer lächelte sie. In ihren Augen stand dabei ein Glanz, der mich abstieß. Er war kalt und metallisch zu nennen, als hätte sie ihre grausame Rache endlich erfüllt.
Auf dem Rücken zitterten die Flügel wie dünnes Glas, wenn sie ging. In der Hütte hatte sie zu mir nicht gesprochen, als ich im Sarg lag. Jetzt erhob sie ihre Stimme, die selbst durch das dickwandige Glas des Sargs drang.
»Wir sind hier in meiner Heimat«, erklärte sie mir. »Hier an diesem Ort hat alles begonnen. Hier fand ich meine toten Eltern, die von drei Menschen getötet wurden, weil Guywano es so wollte. Aber er hat unser Land nicht bekommen, wir holten es uns wieder zurück. Doch die Flamme der Rache brannte in meinem Herzen weiter. Ich holte mir die Männer, und ich werde mir auch noch den letzten holen, damit du zuschauen kannst, wie er stirbt.« Sie hob die Hand und winkte mir zu.
»Ich werde jetzt gehen. Wenn ich zurückkehre, wirst du vielleicht tot sein. So genau kann ich das nicht sagen. Du hättest meine Warnung befolgen und dich nicht einmischen sollen. So aber wird Aibon für dich zu deinem Grab werden…«
Nach diesen Worten schritt sie davon. Ich sah noch das grüne, wolkenartige Flimmern, dann war die schöne und doch so grausame Jarveena verschwunden.
Ich aber lag in einem gläsernen Sarg und wartete auf mein Ende…
***
Auch Suko wartete!
Er wußte nur nicht genau, worauf. Vielleicht auf ein Wunder oder auf die Rückkehr seines Freundes John Sinclair. So genau wußte er das selbst nicht zu sagen.
Er hatte die Hütte des Malers verlassen, war vor der Tür stehengeblieben und starrte über die kleine Insel. Der Fluß rauschte. Seine Wassermassen schoben sich schmatzend durch das Bett. Ausläufer der Wellen erreichten den toten Arm und klatschten zu beiden Seiten gegen die Ufer.
Alles war so normal.
War auch der Tod normal?
Suko spürte das Kratzen in der Kehle. Er dachte nicht nur an seinen Freund, auch an seine Partnerin Shao, die ein böses Schicksal von seiner Seite weggerissen hatte.
Sie befand sich ebenfalls in einer anderen Welt, in einer fremden Zeit und war zu einem Phantom geworden. Lange, sehr lange hatte er von ihr nichts mehr gehört.
Wenn es John Sinclair jetzt auch noch erwischte, stand er allein da. Sollte er dann noch weitermachen?
Suko wußte sich keinen Rat, wie er das Schicksal seines Freundes beeinflussen konnte. Es war von einer anderen Seite geschrieben worden, darauf hatte er leider keinen Einfluß.
Ein Geräusch riß ihn aus seinen Gedanken. Es war in der Hütte aufgeklungen, und Suko hörte die Stimme des Malers.
»Nein, wieso…?«
Eine andere Stimme antwortete. Glockenhell und trotzdem drohend klingend. »Du warst der dritte Mörder! Ich werde dich ebenfalls holen. Ich muß mein Versprechen einlösen.«
Da stand Suko bereits in der Holzhütte. Seine Stimme füllte das Innere aus, als er sagte: »Gar nichts wirst du holen, verstanden? Ich diktiere die Bedingungen!«
Bei diesen Worten hatte er seine Dämonenpeitsche gezogen!
***
Aibon war das Paradies der Druiden. Aibon war der Platz, wo man in Frieden lebte, wenn sich derjenige, der es wollte, auch auf der richtigen Seite befand.
Aibon war so wunderbar - und dennoch tödlich!
Ich sollte hier sterben, elendig ersticken. Alles wies darauf hin, daß es für mich kein Entkommen
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