0485 - Die Furie
Halse zu schaffen«, sagte sie.
»Ist das nicht deine verdammte Aufgabe? Hast du nicht Lust, ihn zu deinem nächsten Opfer zu machen?« fragte er bitter. »Oder fürchtest du dich zu sehr vor ihm? Ah, du schlachtest lieber die Wehrlosen ab, wie? Das ist risikoloser für dich.«
»Du weißt nicht, wovon du redest«, sagte Lucy. »Möglicherweise kann ich nichts gegen ihn tun, weil er sich gegen Magie schützt. Dann bist wirklich du gefragt, etwas zu unternehmen. Denke immer daran, was geschieht, wenn du meine Unterstützung nicht mehr bekommst.«
Er schloß die Augen. »Was schwebt dir denn vor, was ich tun könnte? Ich werde ihn ja nicht einmal erkennen, selbst wenn er direkt neben mir steht.«
»Ich werde ihn erkennen, wie er mich erkennt, sobald wir uns sehen, und ich werde dich auf ihn aufmerksam machen. Danach liegt es an dir. Du wirst schon eine Möglichkeit finden«, sagte sie.
Phil Textor preßte die Lippen zusammen. Um seinen Hals lag schon seit Beginn jenes Paktes eine Schlinge. Aber in jüngster Zeit zog sie sich immer fester zusammen.
Es war nicht nur ein Teufelskreis, in welchem er sich befand, sondern eine immer enger werdende Spirale. Aber wie sollte er entkommen?
Er konnte es niemals…
***
Zamorra sah sich in François Merchants Wohnung um. Anfangs hatte er überlegt, ob er dieses Vorhaben nicht auf den nächsten Tag verschieben sollte, weil die verbleibende Zeit bis zum Beginn der Vorstellung immer knapper wurde, aber als sich herausstellte, daß der Weg gar nicht mehr so weit war und die Verkehrsdichte erheblich geringer geworden war, wollte er doch zumindest einen flüchtigen Blick hinein werfen - vorbehaltlich einer eingehenderen Untersuchung mit besseren Mitteln am kommenden Tag. Aber es bestand immerhin die Möglichkeit, daß er schon beim ersten Durchsehen etwas Wichtiges bemerkte - etwas, das vielleicht half, den bestialischen Mörder schneller festzusetzen oder sonstwie unschädlich zu machen. Außerdem liefen die Freikarten für die Vorstellung ihnen ja nicht weg. Es schadete nichts, wenn sie mit Verspätung eintrafen; es würde ihnen lediglich ein Teil der Vorstellung entgehen.
Pierre Robin war nicht sonderlich begeistert. Die Wohnung war versiegelt; er mußte einen Beamten anfordern, der ein neues Siegel anbrachte, wenn sie wieder gingen.
Es war eine typische Junggesellenwohnung. Nichts deutete darauf hin, daß Merchant sich zeitlebens mit esoterischen oder okkulten Dingen befaßt hatte. Er mußte ein stocknüchterner Mensch gewesen sein, dessen Träume sich im wissenschaftlich-mathematischen Bereich bewegten. Die Einrichtung strotzte von technischer Kälte, die Bücher und Zeitschriften deuteten darauf hin, daß er sich niemals auch nur ansatzweise mit etwas anderem als exakten Wissenschaften befaßt hatte. Nicole fand Unterlagen über ein privates Forschungsprojekt, dessen Ziel es war, zu einem Patent zu kommen -natürlich Technik pur! Jeder Psychologe hätte vermutlich an François Merchant als Studienobjekt seine helle Freude gehabt.
Beim besten Willen war keine Verbindung zu dunklen Mächten denkbar, die er sich vielleicht zum Feind gemacht haben konnte. Zamorra war jetzt überzeugt, daß Merchant eher zufällig das Opfer jenes Ungeheuers geworden war, das ihn aus dem Auto gelockt und am Ende seines rapiden Alterungsprozesses in der Nachbarstraße zerrissen hatte.
»Ich denke, das war’s«, sagte der Parapsychologe. »Sie können die Wohnung ruhig wieder versiegeln lassen. Ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte.«
»Und?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Jetzt möchte ich mir gern die Vorstellung des Zauberers ansehen, und morgen melde ich mich wieder bei Ihnen, einverstanden? Vielleicht fällt mir etwas ein, das uns weiterhilft.«
»Bis jetzt haben Sie mir nur eine Menge Zeit gestohlen, Zamorra«, versetzte Robin. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns wenigstens mit einem kleinen Denkanstoß weiterhelfen könnten, der künftige Morde dieser unbegreiflichen Art zu verhindern hilft. Wenn Sie aber nur versuchen, sich wichtig zu machen, sollten Sie wissen, daß Irreführung einer Behörde ein Straftatbestand ist.«
Nicole schnappte nach Luft. Gut, dieser Chefinspektor war unkonventionell genug, von sich aus mit ihnen zusammenzuarbeiten, aber er war auch der erste, der so starke Geschütze gegen sie auffuhr.
Zamorra legte Robin grinsend die Hand auf die Schulter. »Plustern Sie sich nicht jetzt schon unnötig auf«, empfahl er. »Es paßt doch nicht zu Ihrem
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