0486 - Wer andern einen Mörder schickt
hatte den Platz schon gesehen. Jetzt kam er mir irgendwie unheimlich vor. Eine breite Felswand versperrte den Zugang nach Südosten und ließ nur einen schmalen Weg nach Norden frei.
Sam sfeuerte den Wagen geschickt durch den Sand und hielt direkt neben einem Behelfssteg, an dem ein Kahn mit einem Außenbordmotor vertäut war.
»Ausziehen!« befahl der Neger, »Sachen dort hin!« Er zeigte auf einen Stein dicht neben der Anlegestelle.
»Nun mal langsam«, entgegnete ich gemütlich. Dabei dachte ich fieberhaft an Stern, Ausweis und die Automatik. Auf keinen Fall wollte ich sie bei den Sachen lassen.
Während Sam die Tauchausrüstung herausholte, buddelte ich mit dem Schuh ein Loch unterhalb des Steines, warf die Pistole und die Ausweise hinein und deckte es schnell mit Sand zu.
Sam konnte nichts gemerkt haben. Er drehte mir den Rücken zu. Dann erst entledigte ich mich meiner übrigen Sachen, zog eine Badehose an und darüber den Gummianzug.
Sam schnallte mir die Sauerstoffflaschen auf den Rücken.
Ich prüfte sachkundig die Ventile, regulierte die Zufuhr und schaute dabei auf den Druckmesser. Alles schien in Ordnung zu sein.
Sam beobachtete mich aufmerksam. »Du bist schon oft getaucht«, stellte er fest.
»Ein paarmal«, entgegnete ich. »Und deshalb fällt mir auf, daß das Kappmesser fehlt.«
»Ein Messer?« fragte Sam erstaunt. »Wozu brauchst du ein Messer? Hier gibt es keine Haie. Und wenn einer käme, würde dir das Messer nichts nützen.«
»Trotzdem, ich bestehe darauf. Es gehört zur Ausrüstung. Vorhin lag es noch auf dem Rücksitz.«
Sam zuckte die Schultern, so daß seine mächtigen Rückenmuskeln in Bewegung gerieten, und ging zum Wagen zurück.
Kurz darauf brachte er mir das Messer. »Es lag unter dem Sitz. Ich muß es übersehen haben.«
Diesen Eindruck hatte ich auch, doch ging ich nicht näher darauf ein. Nur wußte ich jetzt sicher, daß mit dieser Sache etwas nicht stimmte. Natürlich hätte ich umkehren können, aber dann war es mit dem Job bei Rickerby vorbei. Wenn sie mich andererseits erledigen wollten, hätten sie es einfacher haben können.
Ich stieg also in den Kahn, Sam warf den Motor an, und wir fuhren auf das Meer hinaus.
Nach Süden zu wuchs eine Felsnase weit ins Meer, die vom Land her nicht zu erreichen war. Dort schien der Ankerplatz der Segelboote gewesen zu sein, obwohl ich in der Erinnerung die Stelle weiter nach Norden verlegt hätte.
Sam mußte es wissen. Zielbewußt steuerte er den Felsen an.
Das Wasser war hier im Gegensatz zu anderen Stellen merkwürdig trübe.
Ich dachte nicht weiter darüber nach, sondern hielt diese Erscheinung für eine Auswirkung der Brandung, die den Meeresgrund aufwühlte.
Der Neger stellte den Motor ab, warf einen kleinen Schleppanker aus und hakte eine Leine auf meinem Rücken ein.
»Spring«, sagte er. »Hier ist die Stelle.«
Ich versuchte in seinem Gesicht zu lesen. Seine Augen glänzten, und der Mund stand halb offen.
»Spring«, sagte er nochmals. »Du mußt dicht an den Felsen heranschwimmen. Unten ist ein Vorsprung, dort muß die Maschine liegen.«
»Wenn ich zweimal an der Leine ziehe, ziehst du mich sofort nach oben.«
»Okay, dann ziehe ich.«
»Wenn ich einmal ziehe, gibst du mehr Leine. Hast du das verstanden, Sam?«
Er nickte. »Ich habe verstanden. Nun spring, wir wollen schnell wieder von hier weg.«
Ich schob ein Bein ins Wasser, das angenehm warm war. Dann setzte ich die Atemmaske auf und ließ mich fallen.
Um mich herum herrschte undurchdringliche Finsternis. Ich knipste die Taschenlampe an, die am Gurt befestigt war, und versuchte, den Grund zu erreichen. Nach meinem Gefühl mußte ich mindestens zehn Yard zurückgelegt haben. Der Schein der Lampe erhellte kaum einen Umkreis von einem Yard. Ich schwamm weiter geradeaus, dorthin, wo ich die Felswand vermutete.
Trotz des trüben Wassers blieb meine Orientierung gut. Ich stieß an den Felsen und hangelte mich an ihm herunter, bis meine Füße auf Grund kamen. Nur selten huschte der Schatten eines Fisches an mir vorbei. Das einzige, was ich in großer Zahl fand, waren zerbrochene Muscheln.
Plötzlich wurde ich durch einen Vorsprung aufgehalten. Das mußte also die Stelle sein, wo die Bohrmaschine liegen sollte. Ich ging noch näher an den Felsen heran und suchte den Meeresgrund genau ab.
Auf einmal fühlte ich, wie das Wasser neben mir in Bewegung geriet. Instinktiv versuchte ich auszuweichen, aber ich war viel zu langsam. Ein riesiger Arm schlang sich
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