0488 - Die Mumie und der Totengott
war eine Göttin der Gewalt. Ich konnte mir vorstellen, daß sie hier eskalierte.
Noch wartete sie ab.
Der Hohepriester sprach sie an und verneigte sich abermals. Er redete sie über die Tote hinweg an. Ich hörte seine Worte und verstand nur die Namen Sechmet und Anubis.
Gehörten sie zusammen?
Die Kriegsgöttin nickte, bevor sie ihren Löwenkopf wandte und in eine bestimmte Richtung schaute.
Der Hohepriester hatte verstanden. Er bellte einen Befehl. Zwei Bewacher lösten sich aus dem Hintergrund und schafften aus dem Dunkel etwas heran.
Es war Anubis!
Und diesmal erkannte ich ihn. Genau die Statue hatte ich in der gläsernen Pyramide gesehen.
Der Totengott und die Kriegsgöttin. Beide mußten miteinander in Verbindung stehen. Was hatten sie gemeinsam? Vor allen Dingen die Gewalt. Sie waren Wesen, die allein der Gewalt dienten.
Die nach unten geschwebte Göttin streckte einen Arm aus. Er war sehr lang und kräftig. Auf der Haut wuchs ein hellerer Flaum goldblonder Haare.
Sie besaß keine Pranke, sondern eine normale Hand. Mit ihr griff sie dorthin, wo das Gefäß stand, in dem sich das Herz des toten Mädchens befand.
Wenn sie es an sich nahm, war die Seele der Toten für alle Zeit an sie gebunden.
Plötzlich herrschte Unruhe unter den Dienern. Ein jeder hatte die Bewegung gesehen. Sie wollten schauen, was geschah, und dabei nahmen sie mir deshalb die Sicht.
Es war auch besser so.
Das Licht begann zu flackern, obwohl sich von außen her kein Sturmwind in die Pyramide verirrte.
Auch ich spürte genau das Anwachsen der Spannung. Etwas lag in der Luft. Der Hohepriester flüsterte wieder den Namen der Kriegsgöttin. Er liebte sie, er wollte sie allein für sich gewinnen, und als er zur Seite trat, konnte ich erkennen, daß die Schale, in der einmal das Herz gelegen hatte, leer war.
Im nächsten Moment verschwand die Göttin.
Zurück blieben die Mumie und Anubis, der Totengott!
Aber keine Pyramide aus einem glasähnlichen Material, wie ich es selbst erlebt hatte.
Dafür geschah etwas anderes.
Hinter mir hörte ich das Geräusch nackter Füße auf dem Gestein.
Ich drehte nur den Kopf und sah den kompakten Schatten durch den Gang wanken.
Es war der hünenhafte Schwarze, den ich niedergeschlagen hatte.
Er kam immer näher, passierte mich, ohne mich zur Kenntnis zu nehmen und lief direkt auf die Opferstätte zu.
Die dort stehenden Sechmet-Diener waren irritiert. Sie fühlten sich gestört. Drei Männer sprangen vor, rissen den Ankömmling zurück, der versuchte, sich mit wilden Bewegungen zu befreien, es aber nicht schaffte und auf die Knie fiel, dicht vor dem Hohepriester.
Der schaute auf ihn herab.
Die Mundwinkel des Mannes verzogen sich, so daß sie einen Halbmond bildeten. Sein Blick war grausam und kalt. Mit einer herrisch anmutenden Bewegung befahl er den Knechten, den Mann loszulassen.
Sie lösten ihre Hände, blieben jedoch dicht neben dem Hünen stehen und behielten ihn im Auge.
Der hatte den Rücken durchgedrückt. Unter der Haut zeichneten sich deutlich die breiten Muskelpakete ab. Aus dieser Stellung schaute er in das Gesicht des vor ihm stehenden Hohepriesters.
Die Worte, die er anschließend hervorbrachte, waren mehr ein Stammeln und Röcheln.
Ich verstand nichts, dafür die anderen.
Hatten sie bisher in einer gewissen Lethargie gestanden und abgewartet, so änderten sie ihr Verhalten blitzschnell. Plötzlich gerieten sie in Bewegung, sie hörten auf die harten Befehle ihres Anführers, und für mich stand fest, was geschehen war.
Es ging um mich!
***
Noch hatten sie mich nicht entdeckt. Ich stand an der Wand, sah zu, wie einige Männer Fackeln aus den Haltern rissen und in den Gang liefen, um sich auf die Suche nach mir zu machen.
Ich mußte weg.
Bevor die Helfer noch den Gang stürmten, hatte ich mich gelöst und rannte den Weg zurück, den ich schon einmal gekommen war, nur eben in umgekehrter Richtung. Wo ich landen würde, wußte ich jetzt noch nicht. Vielleicht jagte man mich quer durch das unheimliche Grabmal, das sicherlich auch mit einigen Fallen gespickt war.
Mit gewaltigen Sätzen lief ich voran. Hinter mir schrie die Meute.
Die Sklaven hatten mich jetzt entdeckt. Ihre Schreie begleiteten mich und trieben mich zu einer noch größeren Eile an. Wenn ich ihnen in die Hände fiel, hatte ich nichts zu lachen. Die würden mich töten und mich ihrer Göttin opfern.
Dann passierte es.
In den Pyramiden hatten die Erbauer Fallen gelegt. Sie waren nicht sichtbar und nur
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