049 - Die Horror-Maschine
aufs
höchste gefährdet!
Dr. Lon Tung,
nur wenige Meter von der Tür der Leichenhalle entfernt, glaubte seinen Ohren
nicht trauen zu dürfen, als er den markerschütternden Schrei vernahm.
Er wußte
sofort, woher dieser Schrei kam.
Aus der
Leichenhalle! Tschiuu Lo hatte die Stimme wiedergefunden.
Der
furchtbare Schrecken, dem er sie seit Tagen aussetzte, hatte sich ins Gegenteil
verkehrt. Nicht weitere geistige Umnachtung war die Folge seiner gemeinen
Handlungsweise, sondern etwas Positives war daraus geworden.
Schweißperlen
traten auf Tungs Stirn.
Er wirbelte
herum. Da kamen auch schon zwei Krankenschwestern vom anderen Ende des
Korridors angerannt.
„Da hat
jemand geschrien, Doktor Tung!“ sagte eine von ihnen, noch ehe sie ganz heran
waren.
„Ja, ich
weiß.“ Tung bemühte sich, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben. „Es kam
aus dem Untersuchungszimmer. Ich habe an Tschiuu Lo eine neue Elektrotherapie
ausprobiert. Als ich ging, lag das Mädchen noch in tiefem Schlaf. Während sie
schläft, läuft ein Band neben ihr ab.“ Er lächelte ruhig und gelassen. „Auf
diesem Band sind in regelmäßigen Abständen laute Schreie aufgenommen. Ich will
ihr Unterbewußtsein mit diesem Geräusch gewissermaßen füttern. Ich glaube, sie
hat vergessen, wie man es anstellt, seine Stimmbänder wieder zu benutzen.“
Man sah, wie
die beiden Krankenschwestern förmlich aufatmeten.
Tung hoffte,
daß sein Märchen wirkte. Er hatte es mit solcher Überzeugungskraft erzählt, daß
keine der beiden Schwestern zweifelte.
Aber er wußte
auch, daß seine Ausrede in Kreisen seiner Kollegen auf Zweifel und Skepsis
stoßen würde. Kein Mediziner würde ihm das im Stadium, in dem Tschiuu Lo sich
befand, abnehmen.
Er würde
ausgelacht werden. Doch das war seine geringste Sorge. Wichtig allein für ihn
war im Moment die Tatsache, daß die beiden Schwestern sich überzeugen ließen,
keine weiteren Fragen stellten und so schnell wie möglich wieder von der
Bildfläche verschwanden, ehe sie bemerkten, daß der Schrei nicht aus dem
Untersuchungszimmer, sondern aus der Leichenhalle gekommen war.
Die beiden
Schwestern gingen, Tung kehrte ihnen den Rücken und konnte es kaum erwarten,
zur Leichenhalle zurückzugehen und sich dort von seinem furchtbaren Verdacht zu
überzeugen.
Jetzt war es
in der Leichenhalle völlig still. Hatte der Schreck Tschiuu Los Herz stehen
lassen? Mit zitternden Fingern steckte Tung den Schlüssel ins Schloß und
öffnete die Tür.
Um sich im
letzten Augenblick nicht doch noch zu verraten, drückte er die Tür hinter sich
zu. Er starrte auf die Bahre und sah die beiden Gestalten, die wie im Kampf
miteinander verschlungen waren. Larry war es nicht gelungen, das chinesische
Mädchen von seinen guten Absichten zu überzeugen, Tschiuu hatte es zwar
zugelassen, daß er ihr die Fesseln löste, aber dann hatte sie angefangen, wie
ein Löwe zu kämpfen. Sie traute niemand. Und hätte Larry mehr über das Schicksal
der kleinen Chinesin gewußt, wäre ihm dies auch verständlich gewesen.
Tschiuu
glaubte, daß sie hier nur von Feinden umgeben war. Seit dem Geschehen im
elterlichen Garten hatten sich die Dinge zugespitzt.
Erst die
Mordanschläge im Hospital von Dr. Yeng-san, dann die grausame Seelenqual in
diesem Krankenhaus. Wenn sie versucht hatte, sich zu erklären, hatte man dies
mißverstanden oder hatte es absichtlich nicht verstehen wollen.
Das
Auftauchen des Fremden paßte in dieses Bild.
Tung mußte
ihn hierhergeschafft haben! Er hatte sicher den Auftrag, den Schrecken noch zu
steigern. Sie sollte glauben, daß Tote aufstehen und herumgeistern konnten. Sie
war so durcheinander, daß sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war.
X-RAY-3
bemühte sich intensiv um das Mädchen, daß er Tung erst bemerkte, als dieser in
der Halle stand. Aber da war es auch schon zu spät. Tung ließ es erst gar nicht
darauf ankommen, sich lange Erklärungen anzuhören. Es kam jetzt allein darauf
an, daß er die Dinge so schnell wie möglich wieder in die Hand bekam und
verschwand.
Tung hielt
wie durch Zauberei einen kleinen, handlichen Revolver in der Hand, den er aus
dem Jackett unter seinem weißen Kittel hervorgeholt hatte.
Larry, sonst
gewandt und instinktiv eine Gefahr erfassend, wollte dem kräftig geführten
Schlag noch ausweichen. Doch eine unglückliche Bewegung von Tschiuu Lo warf ihn
genau seinem Gegner in die Arme.
Geistesgegenwärtig
wollte X-RAY-3 sich noch auf die Seite werfen. Doch der Schlag traf
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