049 - Wenn der rote Hexer kommt
seiner großen Kraft zu beseelen, und die Schriften verkündeten, daß er die Wünsche seiner Söhne erfüllen würde, auf daß sie ihm so nahe sein würden wie noch nie zuvor ein Mensch.
War es nun ein Fluch oder ein Segen, Accon nahe zu sein? Angeblich war er in der Lage, das Wesen seiner Söhne zu verändern, zu erweitern, und irgendwo stand: »Er wird kommen, wenn die Formel erfüllt ist.«
Mr. Silver hob den Kopf und schaute nachdenklich in die Ferne. Es hatte anfangs danach ausgesehen, daß Tony in einen ganz gewöhnlichen Fall ohne mysteriösen, übernatürlichen Background geraten war, doch nun sah der Ex-Dämon die Ereignisse in einem anderen Licht.
Irgend etwas schien da im Hintergrund abzulaufen.
Der Vordergrund war dieses Mädchen, dem Tony Ballard nicht helfen konnte. Aber was verbarg sich hinter diesem Ereignis? Mr. Silver hätte viel darum gegeben, David McShane all die Fragen, die ihn beschäftigten, stellen zu können, doch der Manager des Poloclubs glänzte durch Abwesenheit.
Manchmal standen in den Schriften nur Schlagworte wie: GELD –GOLD – PRUNK – REICHTUM – GEBET – TEMPEL. Der Verfasser ging nicht näher darauf ein, aber diese Begriffe schienen eine Basis zu sein, auf der die Sektenmitglieder Accon begegnen konnten.
Mr. Silver konnte nirgendwo eine Zahl finden, die ihm verriet, aus wieviel Mitgliedern die Sekte bestand. Waren »Accons Söhne« daran interessiert, ihren Glauben über den ganzen Erdball zu verbreiten? Oder genügte es ihnen, sich als kleinen Kreis von Auserwählten zu betrachten?
Mr. Silver legte die »Heilige Schrift« und »Accons Weissagungen«
beiseite und sah sich an, was er sonst noch aus dem Safe geholt hatte. Er entfaltete Baupläne.
»Accons Söhne« wollten dem, den sie anbeteten und dem sie ergeben waren, einen Tempel bauen. Vielleicht hatten sie ihn auch schon gebaut. Mr. Silver sah maßstabgetreue Skizzen und das Aquarell eines Malers, der das Innere des Tempels so zu Papier gebracht hatte, wie er vermutlich nach der Fertigstellung aussehen würde.
Oder hatte der Künstler gemalt, was er gesehen hatte?
Der Betrachter blickte in einen großen Raum mit weißen Marmorwänden. Es gab Gebetsbänke wie in einer Kirche, und auch ein glatter, nüchterner Altar war auf dem Bild zu sehen. Dahinter hing ein riesiger Gobelin an der Wand. Er zeigte nichts weiter als die obere Hälfte eines großen, rot schimmernden Totenschädels, der auf einer unheimlichen, dräuenden Wolke zu liegen schien. Hinter den runden Augenhöhlen und der länglichen Nasenöffnung wallten dünne Nebel.
Sah so Accon aus?
Die Tempelwände wiesen düstere Nischen auf – sieben an der Zahl – und in sechs davon standen gläserne Mädchen auf gläsernen Sockeln.
Mr. Silver überlegte sich die Formel noch einmal genau: 7x7 + Blut + Glas = Accon Und er erinnerte sich des Satzes, der lautete: »Er wird kommen, wenn die Formel erfüllt ist.«
In der Formel kam das Wort Glas vor, und das Aquarell zeigte gläserne Mädchen. Es gab sieben Nischen und sieben Sockel, aber nur sechs Mädchen. Machten die Sektenmitglieder heute morgen Jagd auf Mädchen Nummer sieben? Aber sie war aus Fleisch und Blut gewesen, nicht aus Glas.
Sie hatte Tony Ballard zugerufen, man wolle sie umbringen. Die Formel beinhaltete auch das Wort Blut!
Waren »Accons Söhne« nur nach außen hin harmlos und friedfertig?
Mr. Silver raffte alles, was er aus dem Safe geholt hatte, zusammen. Er schloß den Tresor, ohne die Pläne, die Schriften und das Aquarell zurückzulegen. In großer Eile verließ er das Haus. Was er mitnahm, verbarg er unter seinem Jackett.
In einem Großkaufhaus warf er Geld in den Münzkopierer und fotokopierte zunächst einmal jede Seite der »Heiligen Schrift«. Dann kamen »Accons Weissagungen« dran, und schließlich fertigte er auch Kopien von den Bauplänen und vom Aquarell an.
Eine Dreiviertelstunde später betrat der Ex-Dämon wieder David McShanes Haus. Der Manager des Poloclubs War noch immer nicht zurückgekehrt. Mr. Silver legte alles wieder so an seinen Platz, wie er es vorgefunden hatte. David McShane sollte keinen Verdacht schöpfen.
Der Hüne stellte sogar die Zahlenrädchen wieder in die alte Position. Mit einem aufmerksamen Rundblick vergewisserte er sich, daß dem Manager des Poloclubs nichts verriet, daß während seiner Abwesenheit jemand hier gewesen war.
Zufrieden nickend schloß der Ex-Dämon die Tür des Arbeitszimmers und begab sich zur Haustür. Als er sie öffnete,
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