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0492 - Die Wölfin von Rom

0492 - Die Wölfin von Rom

Titel: 0492 - Die Wölfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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drängten sich die Gaffer. Jemand schrie nach Polizei und Feuerwehr gleichzeitig.
    Einige im Lokal bekreuzigten sich. Ein Eisverkäufer sagte mit leiser, dennoch zu verstehender Stimme. »Romulus und Remus, die Gründer Roms. Einer von ihnen ist zurückgekehrt…«
    Niemand gab ihm Antwort. Es wurde auch nicht mehr geschrien.
    Die Menschen warteten zitternd ab und beobachtete das Unheimliche, ohne es begreifen zu können.
    Noch hatte der Wolf nichts getan, er stand nur da und starrte in die Eisdiele.
    Dabei hatten die Conollys den Eindruck, als würde das Tier nur sie fixieren, und besonders Johnny bekam es mit der Angst zu tun.
    Er drückte sich enger an seinen Vater heran. »Daddy, dieser Wolf will mich! Das… das spüre ich …«
    »Unsinn, Johnny!«
    Der Junge hatte recht. Plötzlich sprang das Tier vor. Und während des Sprunges schien es zu wachsen. Da wuchs nicht allein der Körper mit, auch das Maul nahm an Größe zu. Der Wolf wurde zu einem Monstrum, das den Conollys die Sicht nahm.
    Bill sprang auf. Der Stuhl kippte hinter ihm zu Boden. Ihm gingen die Worte seines Sohnes nicht aus dem Kopf, und er wollte Johnny mitreißen, doch es war schon zu spät.
    Er hörte seinen Sohn schreien und sah ihn fallen, als Johnny von dem gewaltigen Wolfskörper gerammt und zu Boden gestoßen wurde, wo er sich noch überrollte.
    Mit den Vorderfüßen erhielt er einen Stoß, so daß er durch die Kraft bis gegen die Wand fiel und das Tier im nächsten Augenblick über ihm war.
    Johnny lag auf dem Rücken und schrie. Er hatte die Arme in die Höhe gestreckt, über ihm schwebte das riesige Maul. Bevor jemand eingreifen konnte, biß die Wölfin zu.
    Das sahen Sheila und Bill.
    Johnnys Mutter konnte sich nicht rühren. Die heiße Angst um ihren Sohn lähmte sie. Bill wollte etwas tun, denn er sah, wie das Maul zuschnappte.
    Der Wolf wirbelte bereits herum. Die Eltern mußten hilflos mit ansehen, wie ihr Sohn Johnny zwischen den Zähnen des unheimlichen Tieres steckte.
    Er hatte Johnny an der Hüfte umfaßt. Ein Biß, und der Kleine würde sterben.
    Der Wolf starrte die Eltern an. Sekundenlang wirkte die Szene wie eingefroren. Weder die Conollys noch die übrigen Gäste wagten sich zu rühren.
    Ein jeder hatte Angst um Johnny, der steif wie ein Brett in den Fängen des Tieres hing. Sein Gesicht war verzerrt und erstarrt. Weit aufgerissen die Augen, ebenso der Mund, als wäre ein Schrei auf den Lippen erstickt.
    Er mußte Schreckliches durchmachen, und seine Eltern waren einfach hilflos.
    Sie standen da, wagten nicht, etwas zu tun, und das wußte der Wolf.
    Er ging.
    Nicht einmal schnell, fast mit provozierend langsamen Bewegungen schaukelte er regelrecht dem Ausgang zu, wobei er Johnny im Maul trug.
    So verließ er auch die Eisdiele. Es gab keinen, der sich ihm in den Weg gestellt hätte. Niemand wollte das Leben des Kindes gefährden.
    Bill, der Vater, war es dann, der zuerst ging. Mit schleppenden und schleifenden Schritten.
    Zunächst langsam, dann immer schneller. Nahe der Tür rannte er und brüllte den Namen seines Sohnes.
    »Johnny…!«
    Sein Schrei hallte hinaus in die Via Condotti und schwang noch als schrilles Echo weiter.
    Die Menschen wußten, wen sie vor sich hatten, auch ohne eine Erklärung. Mitleidige Blicke trafen Bill, auch neugierige. Und die Leute sahen zu, wie der Reporter auf die Straße taumelte, sich verzweifelt umsah, während Tränen aus seinen Augen liefen.
    Wieder schrie er den Namen seines Sohnes. Nur eine Antwort erhielt er nicht.
    Er holte sich einen jungen Mann mit einem Griff heran. »Wo ist er hingelaufen?« schrie Bill ihn in seiner Heimatsprache an. »Wo? Raus mit der Sprache!«
    Der Mann zitterte. Er hatte den Mund geöffnet und röchelte, weil Bill seinen Hemdkragen zu fest zugedrückt hatte.
    »Wo, verdammt?«
    »Links!« keuchte der Junge. »Nach links ist er weggelaufen. Ich weiß aber nicht…«
    »Grazie!« Bill ließ ihn los. Er wollte gehen, als er die Uniformen der Carabinieri sah. Die Männer kreisten ihn ein, hielten ihn fest und redeten auf ihn ein.
    Bill wollte etwas erklären. Ihm versagte aber die Stimme. Dafür redeten andere auf die Polizisten ein, die sich um Bill nicht mehr kümmerten. Er ging zurück in den Eissalon und kam sich vor wie der einsamste Mensch auf der Welt.
    Sheila saß wie versteinert auf ihrem Platz. Sie starrte ins Leere.
    Die Augen schienen aus Kieselsteinen zu bestehen. Als sie sprach bewegten sich ihre Lippen kaum.
    »Wo ist er?«
    »Weg!« Bill

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