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0496 - Das Knochenhaus

0496 - Das Knochenhaus

Titel: 0496 - Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bewohnte die Zimmer in der ersten Etage. Schon auf den letzten Treppenstufen vernahm ich ihre Stimme. Jane sprach so laut, daß es durch die geschlossene Tür schallte.
    Was sie allerdings sagte, konnte ich nicht verstehen. Vor der Tür blieb ich stehen. Das Licht der Deckenleuchten umschmeichelte Sarah und mich. Mittlerweile hatte Janes Zimmer auch wieder ein neues Fenster bekommen. Das alte war von den Strigen zerstört worden.
    Ich klopfte an.
    Jane sprach weiter mit sich selbst, ohne überhaupt auf das Geräusch zu achten.
    »Geh doch einfach hinein!« flüsterte Sarah.
    Es war schon komisch. Ich hatte jahrelang mit Jane gut zusammengearbeitet. Wir hatten uns blendend verstanden, dann war die schreckliche Zeit ihrer Verwandlung gekommen, auch die hatte Jane überstanden. In ihrer Brust schlug jetzt ein Kunstherz. Zwar war das Verhältnis zwischen uns nie mehr so geworden wie früher, dennoch hing ich an ihr und betrachtete sie als gute Freundin, zu der ich immer hinkommen konnte, wie es auch umgekehrt der Fall war.
    Jetzt aber zögerte ich, ihre Zimmertür zu öffnen. Bis Lady Sarah mich anstieß und fragte: »Soll ich es machen?«
    Da drückte ich die Klinke, schob die Tür auf und betrat das Zimmer. Ich ging vor, Sarah blieb hinter mir stehen.
    Jane Collins wandte uns den Rücken zu. Sie trug ein schwarzes, figurbetontes Kleid, das Oberteil fiel in den Hüften etwas über. Ihr Haar war modern geschnitten, eine rote Spange leuchtete in der weizenblonden Pracht, und sie stand am Fenster, um in den Hof zu schauen, als wollte sie noch nach Strigen suchen.
    »Hallo, Jane«, sagte ich.
    Sie hatte mich gehört. Ihr Selbstgespräch verstummte, als sie sich langsam umdrehte.
    Wir schauten uns an. Ich lächelte, nickte ihr zu und sah ihr normales Gesicht, in dem sich die Augen geweitet hatten.
    »John - du?«
    »Ja, ich.«
    Sie schluckte. Das Gesicht bekam einen harten Zug, und auch ihre Stimme veränderte sich, als sie den folgenden Satz sagte: »Geh, John, verlaß den Raum, sonst bist du des Todes…«
    ***
    Maya Mayotte wußte nicht, wie lange sie unbeweglich am Tisch gesessen und nachgedacht hatte.
    Das heißt, sie hatte nachdenken wollen, es war ihr nicht gelungen.
    Nur eines wußte sie.
    Ihr Bruder lebte nicht mehr. Er war tot, er hatte es nicht überstanden und seinen Forscherdrang mit dem Leben bezahlt. Nicht einmal 40 war er geworden, nicht einmal 40, fünf Jahre älter als sie.
    Langsam sanken ihre Arme nach unten. Flach legte sie die Handflächen auf den Tisch. Sie starrte auf die Rücken, sah die etwas grobporige Haut, auch die Adern darunter und dachte daran, daß auch sie älter geworden war und nun allein auf der Welt stand. Ihre Eltern waren in der schrecklichen Zeit nach dem Krieg umgekommen. Angeblich bei einem Unfall. Man munkelte jedoch, daß einer von einer verfeindeten Sippe sie in eine tiefe Schlucht gestoßen hatte, um sich von einem uralten Familienzwist zu befreien.
    Maya und Eric wurden von einer Tante angenommen und wuchsen bei ihr auf, wo sie auch einen Teil der Jugend verbrachten. Als die Tante starb, da machten auch sie sich selbständig, weil sie ihr eigenes Leben führen wollten.
    Und sie hatten herausgefunden, daß sie eigentlich etwas Besonderes waren.
    Bei Eric war die Eigenschaft des Zweiten Gesichts stärker vertreten als bei Maya. Wo sie nur Ahnungen besaß, konnte er manchmal die Dinge konkret beim Namen nennen. Damit hatten sie ihr Geld verdient. Auf Jahrmärkten, Volksfesten und Trödelmärkten.
    Vieles war Hokuspokus, es gab da schließlich einige Tricks, aber manche Dinge stimmten auch. Die traten nur selten zum Vorschein, meist nie, wenn sie Kunden besaßen.
    Nur zweimal hatte Eric einen Kunden vor der Zukunft gewarnt. Der eine hatte die Warnung ernst genommen, der andere war bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, obwohl ihm Eric davon abgeraten hatte, die Maschine zu betreten.
    In den letzten Monaten hatten sie Irland, die Grüne Insel, verlassen und waren durch Schottland und England gezogen. Sie verdienten nicht viel Geld, oft hatte man sie davongejagt, aber sie konnten ihren Lebensunterhalt bestreiten.
    Dann hatte ihr Bruder das Böse gesehen!
    Manifestiert in einem alten Haus, irgendwo auf dem Lande, zwischen zwei Großstädten, gefangen in einem einsamen Gelände. Und dieses Haus ließ sie nie los, obwohl keiner der Geschwister je einen Fuß hineingesetzt hatte.
    Eric sah es vor sich.
    Oft hatte er bis in die frühen Morgenstunden am Tisch gesessen und darüber

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