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0496 - Das Knochenhaus

0496 - Das Knochenhaus

Titel: 0496 - Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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offenhalten. Schließlich ist schon genug passiert. Sie sind eine Frau, zudem allein, Ihr Bruder ist ja weggefahren, diese Tatsache könnte andere Typen anlocken.«
    »Ich bedanke mich für Ihre Besorgnis und Ihren Schutz, Mr. Norton. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    »Schon gut, ich gehe.« Er zog kopfschüttelnd und brummig ab. Maya war froh, die Tür schließen zu können. Dieser neugierige Kerl hatte ihr gerade noch gefehlt. Norton gehörte zu den Menschen, die ihre Nase überall hineinsteckten und vor Neugierde bald platzten, ebenso wie seine Frau.
    Maya wartete noch einige Minuten ab, bevor sie ihren Mantel überstreifte, die Kerzenflammen ausblies und den Wagen verließ. Sie schaute sich so vorsichtig um wie eine Diebin, doch niemand befand sich in der Nähe. Obwohl sie Norton durchaus zutraute, daß er sich noch in der Nähe versteckt hielt und den Wagen beobachtete.
    Sie hielt sich im Schatten der Wohnwagenwand, als sie ihren kleinen Polo ansteuerte. Er stand ein Stück entfernt, an der Seite des Platzes, auf einer feuchten Ackerwiese.
    Sie schloß auf und fror, als sie hinter dem Lenkrad Platz nahm. Der Wagen war auch innen feucht geworden. Den nassen Film auf der Scheibe putzten die Wischerblätter weg. Der Motor sprang gut an, und sie kam auch auf dem feuchten Untergrund weg.
    Erst als sie die Einfahrt des Platzes erreichte, schaltete sie die Scheinwerfer an und fand das graue Band der Straße, das parallel zum Platz lief.
    Die Reifen schmatzten über den Asphalt. Maya dachte darüber nach, welchen Weg sie nehmen mußte. Eigentlich gab es keinen bestimmten, den sie kannte, weil sie nicht wußte, wo sich das Haus befand. Sie wollte zunächst auf die Hauptstraße gelangen, und sie vertraute ihrem toten Bruder, dessen Geist sie bestimmt beobachtete und sie auch leiten konnte.
    Die Dunkelheit hatte die Landschaft zu einer ihr unheimlich vorkommenden Szenerie gemacht. Die hohen Bäume wirkten auf sie plötzlich bedrohlich, als wollten sie mit ihren langen Ästen und Zweigen nach ihr greifen, um sie festzuhalten.
    Die Hauptstraße lief etwas erhöht, wie auf einem Damm dahin. Zwei Lastwagen donnerten vorbei, aber Maya bog noch nicht in die Straße ein. Sie hatte den Motor abgestellt, sich zurückgelehnt und den Hinterkopf gegen die Nackenstütze gedrückt.
    Sie dachte nach und konzentrierte sich.
    Es war der Bruder, den sie unbedingt »hören« mußte. Nur er konnte ihr die Chance geben, das Haus zu finden. Es gab etwas, an dem sie beide hingen.
    Ein kleines Medaillon, geerbt von ihren Eltern, das die Verbindung zwischen den Geschwistern für immer aufrecht erhalten sollte. Maya hatte es mitgenommen. Eine runde matt schimmernde Scheibe, die auf der Vorderseite die Gravur eines Menschen zeigte.
    Wahrscheinlich war es ein Heiliger, so genau hatte Maya es noch nicht herausgefunden.
    Sie ließ das Medaillon auf der Handfläche liegen und schaute es starr an. Maya wartete auf die Verbindung. Ihre Gedanken drehten sich einzig und allein um den Bruder und um dieses alte Stück, das, laut Aussage ihrer Eltern, eine besondere Kraft besaß.
    Noch hatte sie davon nichts bemerkt, aber es reagierte schon wenig später.
    Ein warmes Gefühl oder ein Strom durchdrang ihren Körper. Es war wie ein Kribbeln, das an den Fingerspitzen begann und allmählich durch die Hand zog, bis hinein in den Arm und weiter zur Schulter.
    Ein wunderbares Gefühl. Kribbelnd, nicht unangenehm, einfach herrlich, wie sie fand.
    Maya konzentrierte sich. Sie sammelte ihre Gedanken, sie wollte eine Information, sie mußte mit dem Geist des Verstorbenen Kontakt aufnehmen. Schaffte sie es nicht, war alles vergebens.
    Ruhig wie eine Tote hockte die Frau auf dem Sitz. Sie kannte nur ein Thema, sie wollte den Kontakt, sie mußte die Seele finden. Ihre Finger bewegten sich zum Handballen hin, um sich zu einer Faust schließen zu können. Jetzt hielt sie das Medaillon sehr hart fest. Die Wärme des Materials hatte nicht nachgelassen, sie war sogar noch stärker geworden. Maya schloß die Augen. Möglicherweise schaffte es der Geist ihres verstorbenen Bruders, ein Hologramm zu produzieren, ein dreidimensionales, schwebendes Bild, wie sie es schon im explodierenden Kerzenlicht gesehen hatte.
    Ein Bild entstand nicht, dafür hörte sie eine leise, wispernde Stimme, die ungemein weit entfernt war und nur über Raum und Zeit hinweg an ihr Ohr drang.
    »Du mußt fahren«, flüsterte die Stimme. »Fahr einfach weiter, wenn du zu mir kommen willst. Ich

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