0497 - Die Fledermenschen
glattes Haarkleid.
Der Humanoide sagte etwas. Niemand von ihnen verstand die Laute, aber dann fuhr der Bepelzte herum, deutete zum Himmel und machte eine eindeutige Geste: Er fuhr mit zwei Fingern der linken Hand an seiner Kehle entlang.
Halsabschneiden! Töten!
»Gebieter!« keuchte der Gnom auf und deutete nach oben, in die Richtung, die der Rosabepelzte angedeutet hatte.
Dort schwebte ein Teufel und rief durch seine Gestalt ein Bild in Patricias Erinnerung zurück, das sie eben, vor dem Wechsel in diese fremde Welt, sekundenlang vor sich gesehen hatte. »Teufel!« entfuhr es ihr.
Zumindest sah das Wesen im ersten Moment so aus. Eine schwarze Gestalt, annähernd menschlich geformt, die Hände und Füße wie Klauen ausgebildet und mit riesigen fledermausähnlichen Schwingen ausgestattet, kreiste die Gestalt mit trägen Schlägen seiner Flügel am purpurroten Himmel.
Patricias Hand krallte sich in den weiten Ärmel des Spaniers. »Wo sind wir hier, Don? Wohin habt Ihr uns gebracht? Und wie ist das möglich? Oder handelt es sich nur um eine Halluzination? Um einen Zauber Eures Dieners?«
»Mitnichten, Herrin«, wandte der Gnom kurzatmig ein.
»Rede Er nur, wenn man Ihn fragt«, knurrte Don Cristofero. »Ich weiß nicht, weshalb wir ausgerechnet hierher gelangt sind. Es hätte jeder andere Ort sein können. Einer von uns dreien muß im Moment des Übergangs intensiv an dieser Landschaft gedacht haben oder an etwas, das sich in ihr befindet.«
Unwillkürlich sah Patricia wieder zu dem Fledermenschen hinauf. In jenem Moment, als Cristofero sie zwischen die Blumen führte und der Gnom wie eine Kanonenkugel herangerast kam, hatte sie an einen von Bryont beschriebenen Teufel gedacht.
Und die Ähnlichkeit mit diesem Fledermenschen war verblüffend!
War also vielleicht sie, Patricia, es gewesen, die die drei hierher gebracht hatte? Aber wie hatte das geschehen können?
Der Humanoide im blaßrosa Haarkleid schnatterte wieder in seiner Sprache los und wiederholte seine Geste des Halsabschneidens, während er zum Himmel emporzeigte, wo der Fledermensch immer noch seine Kreise zog. Hieß das, daß der Fliegende töten wollte, oder daß er getötet werden sollte?
Der Gnom baute sich vor dem Pelzigen auf. »He, sprich gefälligst so, daß mein Gebieter dich verstehen kann!« verlangte er.
Cristofero wurde es zu dumm. Inzwischen überzeugt, daß von dem Bepelzten keine unmittelbare Gefahr ausging, schob er den Degen wieder in die Scheide zurück - was der Humanoide mit sichtlicher Erleichterung aufnahm - und wandte sich Patricia zu. »Wir sollten wieder von hier fortgehen«, schlug er vor. »Ihr habt nun erlebt, Mylady, daß es diese fremden Welten gibt und daß die Regenbogenblumen einen jeden Menschen so geschwind wie ein Gedanke dorthin bringen können, doch dünkt mich diese Landschaft gar zu kunterbunt. Blaue Felsen, rote Gebirge - wo hat man so etwas je gesehen? Könnt Ihr Euch etwas Widernatürlicheres vorstellen? Und der Mond ist so nah, daß er mir auf den Kopf fallen will. Habt Ihr Euch etwa auf diese Welt gewünscht? Dann möchte ich, ohne Euch zu nahe treten zu wollen, bemerken, daß Ihr eine etwas… nun, ungewöhnliche Phantasie Euer eigen nennt, Mylady.«
Die sah wieder zum Himmel. Der Fledermensch war verschwunden. Nein, nicht ganz. Als dunkler Punkt, der durch die wachsende Entfernung immer kleiner wurde, gab es ihn noch über dem fernen Horizont. Er zog sich zurück.
»Reicht wirklich ein Gedanke, ein Wunsch, diese Wunderblumen als… äh… als Transportmittel zu benutzen?« staunte Patricia.
»Ihr habt es doch soeben selbst erlebt. Am besten wünschen wir uns jeder wieder zurück nach Spooky-Castle. Wir könnten uns natürlich auch ins Château Montagne wünschen; auch das ist von hier erreichbar. Aber dann bekomme zumindest ich Ärger. Zamorras Mätresse verabscheut mich, und ich mag ausgerechnet von Zamorra nicht Genugtuung verlangen für den Ärger, den jenes Weib mir bereitet. Man muß nun einmal Kompromisse schließen können, so schwer das auch sein mag.«
Patricia lächelte. Kompromisse? Es war schon erstaunlich, daß Don Cristofero dieses Wort überhaupt kannte. Aber vermutlich ging er davon aus, daß es grundsätzlich die anderen waren, die zu Kompromissen bereit sein mußten - genauer gesagt, die nachgaben, während Cristofero es ihnen -sozusagen als Gegenleistung - verzieh, daß sie einmal anderer Ansicht gewesen waren als er.
»Wollt Ihr Euch freundlicherweise schon zwischen die
Weitere Kostenlose Bücher