0498 - Die Totentänzerin
wohl.
Die Nervosität zeigte sich auch in seiner gehetzten Sprache. »Macht Platz!« zischelte er. »Aus dem Weg, verdammt! Sonst steche ich euch nieder!«
Damit waren nicht die Tänzerinnen gemeint, die Kristallritter. Sie hatten es auch verstanden. Wer noch am Boden lag, kroch vor dem Messerstecher davon.
Trigger grinste, als er das sah. Er freute sich innerlich. Seine Augen bekamen einen harten Glanz, die Bahn war frei.
Keine der veränderten Tänzerinnen hatte sich gerührt. Es war auch nicht ersichtlich, ob die Falkenschädel lebten, die aus ihren Köpfen gewachsen waren. Dabei bewegte sich kein Auge, da klappte auch kein Schnabel auf.
Starr, vereist schauten sich aus den dunklen Haarbüscheln der Frauen hervor.
Trigger spielte mit dem Messer. Er warf es hoch, fing es wieder auf und lachte dabei. »Bin gespannt, ob ihr es schafft. Ich kann damit umgehen, das schwöre ich euch.«
Wahrscheinlich wollte er sich durch diese Worte Mut machen. Und den brauchte er auch, denn die drei Tänzerinnen ließen sich von ihm nicht mehr provozieren.
Nicht sie griffen an, dafür die Falken.
Sie stießen aus den Köpfen in die Höhe, als hätte man ihnen einen Stoß gegeben. Gleichzeitig breiteten sie die Flügel aus, und es wuchs etwas aus den Schädeln nach.
Kristalle!
In einem dunklen, gleichzeitig strahlenden Rot krochen sie aus der Öffnung hervor. Sie strahlten auch ihren Glanz nach innen ab, so daß der Widerschein durch die Haut drang.
Und Trigger bekam die Kraft des Gottes Horus auf harte, schreckliche Art zu spüren…
***
Ich hörte Musik.
Ferne Flötenklänge, zwar melodisch, aber dennoch für mich sehr fremd klingend.
Sie schwebten mir entgegen, erreichten mein Gehirn, füllten es aus und sorgten dafür, daß ich meinen eigenen Willen zurückbekam und mich nicht mehr treiben ließ.
Ich mußte etwas unternehmen.
Zunächst öffnete ich die Augen. Das heißt, ich stellte erst jetzt fest, daß ich sie eigentlich schon die ganze Zeit über offen gehabt hatte, nur war es von mir nicht so bemerkt worden.
Wo war ich?
In einer anderen Welt, in einer fernen Zeit? Alles war möglich in dieser fremden Umgebung, deren Licht mich umhüllte wie ein leichter, roter Schleier. Ein warmes Licht, das sich zwischen den Mauern eines großen Raumes aufhielt und nicht durch das Gestein dringen konnte. Es war gleichzeitig so hell. Mir gelang es, Einzelheiten zu erkennen, und die wuchsen erst langsam hervor.
Besonders auffallend war der gewaltige Kopf, der sich mir direkt gegenüber in der Wand befand und wie ein großes Relief wirkte. Kein Menschenkopf, dafür der Schädel eines Tieres, der in dieser ungewöhnlichen Welt regierte.
Der Schädel des Horus!
Ein steinernes Falkengesicht mit einem vorgestreckten, gekrümmten Schnabel und großen, runden Augen, die allerdings nicht steinern waren, sondern aus roten Kristallen bestanden, die den Raum ausleuchteten. Einen Raum mit sehr dicken Mauern. Die Wände bestanden aus viereckigen Quadern, die Decke über mir befand sich in unerreichbarer Höhe. Es gab auch keine Fenster oder Ausgänge, dafür sah ich etwas anderes, als ich meinen Blick in die Runde schweifen ließ.
Auf dem Boden lagen Kleider und Gewänder verstreut. Nicht weit davon entfernt standen Tonkrüge, auch Schalen, in denen sich bestimmte Gaben befanden.
Öle, Obst, zwei kleine Katzenfiguren - und mir war klar, daß ich in einem ägyptischen Grab gelandet war. Davon zeugten auch die Inschriften an den Wänden. Ich konnte sie nicht entziffern, entdeckte jedoch den berühmten Totenweg, den der Verstorbene zurückzulegen hatte, auch die Fahrt über den Fluß mit einer Barke. Die Luft war nicht warm oder stickig, sie besaß eine ungewöhnliche Kühle.
Ich ging auf die Wand mit den Zeichnungen zu, weil ich mir die Person anschauen wollte, die in der Barke hockte.
Es war eine Frau.
Ifune, die erste Totentänzerin.
Nun war mir klar, wo mich die Magie des Horus hingetrieben hatte. In das alte Grab der Totentänzerin. Sie, die ich lebend gesehen hatte, mußte zwischen diesen Wänden als Tote liegen, aber ich sah sie noch nicht.
Über meinen Rücken kroch ein kalter Schauer. Ifune hatte bestimmt zu den Personen gehört, der man eine gewisse Macht zusprach. Ihr Grab war ziemlich groß, das rote Licht paßte auch nicht hierher, und ich glaubte eigentlich nicht, daß sie als Tote begraben worden war.
Der Kristall hatte ewiges Leben versprochen, so sah es auch Charles Everett im Endeffekt, auch wenn er und seine
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