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0498 - Wenn Götter morden

0498 - Wenn Götter morden

Titel: 0498 - Wenn Götter morden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Menschenmenge gebahnt hatte; um ein Haar wäre er von einem Eselskarren gerammt wordem, weil er sekundenlang in die falsche Richtung sah und zu lange zögerte. Den Treiber beschimpfend, näherte er sich Steel, und sein Zorn verrauchte.
    »Sie sind mit dem Zug eingetroffen, effendi«, sagte er. »Sie wohnen im Hotel ›Isis‹. Dies sind die Zimmernummern.« Er überreichte Steel einen zusammengerollten Zettel.
    Timo Steel warf einen kurzen Blick darauf - er hätte Abdallah auch so geglaubt, aber der Ägypter wartete auf eine prüfende und anerkennende Reaktion. Steel lächelte. »Du bist gut, Abdallah«, sagte er. »Besser, als ich zu hoffen wagte. Das erhöht deinen Lohn.«
    In den Augen des Ägypters blitzte es auf. »Da ist noch etwas, das dich vielleicht interessieren wird, effendi. Man hat Zuleima und Hosni gefunden.«
    Timo Steel zeigte nicht, wie sehr ihn diese Nachricht alarmierte. »Wer, wie und wann?« fragte er.
    »Touristen. Sie kamen vom Schiff. Sie gingen in den Tempel. Sie gingen weiter, als erlaubt ist. Da fanden sie die Toten.«
    »Und jetzt ermittelt die Polizei«, schloß Steel. Er lächelte. Von der ägyptischen Polizei hatte er nie viel gehalten. Er hielt sie für bequem, rückständig und überaus bestechlich. Solange kein Reporter über die Leichen stolperte, oder vielleicht ein Archäologe, der daraufhin die halbe Welt alarmierte, konnte nicht viel passieren. Immerhin war es schon überraschend, daß die Toten überhaupt gefunden worden waren. Der Bereich war doch abgesperrt. Abdallah selbst hatte Schilder aufgestellt, in arabisch, englisch, französisch - und sogar in hebräisch, obgleich kaum anzunehmen war, daß ein Israeli sich ausgerechnet dorthin verirren würde.
    »Die Polizei ermittelt auch«, sagte Abdallah.
    »Auch? Wer noch?«
    »Ich weiß es nicht, effendi.« Das Glitzern in seine Augen war jäh erloschen. Steel griff in die Innentasche seines Sakkos und zog einen Umschlag heraus, den er Abdallah gab. »Das wäre dein normaler Lohn gewesen, mein Freund«, sagte er. »Aber deine Nachrichten sind besser als erwartet. Du bekommst noch einmal soviel, wenn wir uns das nächste Mal treffen -und auch für jeden weiteren Dienst wird dein Lohn verdoppelt.«
    »Allah schütze dich, effendi«, sagte Abdallah und ließ den Umschlag blitzschnell verschwinden. Er zählte nicht einmal nach. Er wußte längst, daß der Ausländer ihn nicht betrog.
    »Versuche herauszufinden, wer noch ermittelt, Abdallah«, verlangte Steel.
    Abdallahs Augen wurden groß. »Das… das kann ich nicht«, stammelte er plötzlich erschrocken.
    »Warum nicht, mein Freund?« Steel legte ihm den Arm um die Schultern. »Komm, laß uns in eine Teestube gehen und ein Täßchen trinken. Dabei reden wir.«
    »Nein, effendi«, sagte Abdallah und entzog sich der kameradschaftlichen Umarmung. »Besser nicht. Nicht darüber.«
    »Warum nicht?«
    Der Ägypter schwieg.
    Steel zuckte mit den Schultern. »Dann trinken wir eben Tee und reden nicht«, sagte er. »Sicher gibt es auch noch viele andere Dinge, die du für mich erledigen kannst. Ich brauche dich mehr denn je.«
    »Ich fühle mich geehrt. Die Augen Allahs mögen wohlmeinend auf dir ruhen, Herr.«
    Während sie sich der Teestube näherten, fragte sich Steel, wer, zum Teufel, sich noch für die beiden Toten interessierte. Er bedauerte, daß er sie nicht hatte beseitigen dürfen, aber das hätte das Ritual zunichte gemacht. Er hatte nicht damit gerechnet, daß jemand so offiziell aussehende Schilder wie die, die Abdallah gemalt hatte, ignorierte.
    Die Polizei von Luxor fürchtete Steel nicht. Was wollte die auch schon mit den beiden Toten anfangen? Es gab kein erkennbares Motiv!
    ***
    Ein mittelgroßer Mann mit kurzem dunklem Haar betrachtete die Fotos der beiden Toten. Die Leichen sahen übel aus, aber das brachte ihn nicht aus der Fassung. Er hatte in anderen Teilen der Welt schon Schlimmeres gesehen. Doch die Gesichter beider Leichen waren zerstört, und den Mann kannte er.
    Der Dunkelhaarige wußte jetzt, weshalb sein Informant nicht pünktlich zum Treffen erschienen war.
    Und er wurde sehr nachdenklich.
    ***
    Ich halte es für widernatürlich, protestierte das Flußpferd. Was ist mit euch allen geschehen? Warum wollt ihr morden und Blut trinken? Es ist wider unsere Natur!
    Spürst nicht auch du den Drang, den Durst, die wilde Lust? fragte der Falke. Du kannst doch nicht anders sein als wir. Du bist einer von uns. Also mußt du dasselbe empfinden wie wir.
    Nein! Niemals!

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