0498 - Wenn Götter morden
leidenschaftlichen Umarmung löste, gönnte sie ihm immer noch keine Ruhe und zog ihn mit sich unter die Dusche. Das nicht gerade kalte, aber immerhin kühle Wasser weckte schließlich seine restlichen Lebensgeister.
Während er im Koffer nach seinem weißen Leinenanzug fahndete und ihn schließlich etwas zerknittert vorfand, benutzte Nicole das Zimmertelefon. Zamorra beschloß seufzend, die Falten in Kauf zu nehmen. So genau kam es hier wohl nicht darauf an, schließlich befanden sie sich in Ägypten und nicht in Wien beim Opernball. »Wie spät ist es eigentlich?« erkundigte Zamorra sich, während er sich unter dem bedauernden Blick Nicoles ankleidete.
Durch die offene Balkontür erklang der Ruf des Muezzin, der die Gläubigen zum Gebet rief, und damit seine Frage beantwortete. Zamorra seufzte, verzichtete erst einmal auf Hemd und Jacke dann trat auf den Balkon hinaus. Jetzt endlich fand er Muße, den Komfort des Hotels zu begutachten, das Tendyke für sie gebucht hatte. Vor seiner rückseitigen Fassade mit ihren zahlreichen Baikonen erstreckte sich eine große Grünanlage mit einem Swimming-pool, in dem man durchaus Schwimm-Meisterschaften hätte austragen können. Nur ein paar Dutzend Meter weiter links war schon die blau schimmernde Oberfläche des Nil. Zamorra sah die weißen Dreiecksegel der Fellukas, die in beiden Richtungen unterwegs waren. Unten am Pool tummelten sich die Hotelgäste. Zamorra spürte Nicoles Haut an der seinen, als sie zu ihm trat und ihn von hinten umarmte. »Was hältst du davon, wenn wir einen Einkaufsbummel über den Basar machen?« fragte sie. »Ich könnte ein paar dieser bunten Kleidungsstücke gebrauchen, die frau hier trägt, und einen Badeanzug. Ich habe ja schließlich nicht damit gerechnet, daß es hier einen Pool gibt, und Nacktbaden geht ja leider nicht.«
»Aber nackt auf dem Balkon herumlaufen, wie?«
»Bleib bloß so stehen«, warnte Nicole. »Du bist momentan meine Bekleidung. Von da unten sieht doch niemand etwas.« Sie küßte seinen Nacken und zog sich ins Zimmer zurück.
Zamorra folgte ihr. Jemand klopfte an die Zimmertür. Etwas überrascht nahm Zamorra das Tablett entgegen. »Hast du das bestellt?« fragte er Nicole, nachdem er den Serviceboy schnell mit einem Trinkgeld entlassen hatte, ehe der einen näheren Blick ins Innere des Zimmers werfen und durch Nicoles Anblick in seinem sittlichen Empfinden verwirrt werden konnte.
Sie nickte. »Zum endgültigen Wachwerden«, sagte sie. »Sofort trinken, sonst wird es kalt.« Mit Todesverachtung machte Zamorra sich über den noch glühendheißen türkischen Mokka her. Nicole begann sich anzukleiden. »Viel Auswahl habe ich nicht mehr. Das Klima ist schweißtreibender, als ich dachte. Wir müssen wirklich einen Einkaufsbummel machen«, behauptete sie. Zamorra war eher der Überzeugung, daß es preiswerter war, die Hotelwäsche in Anspruch zu nehmen. »Willst du mit dem Ankleiden nicht warten, bis Rob hier ist? Du gönnst dem armen Teufel auch gar nichts, wie?«
Nicole schloß die Bluse bis zum letzten Knopf. »Wozu? Er hätte ja Moni und Uschi mitnehmen können. Wie ist das jetzt mit dem Bummel?«
Zamorra winkte ab und schlüpfte seinerseits in Hemd und Anzugjacke. »Es ist sicher zu spät«, hoffte er.
»Wetten, daß nicht?« behauptete Nicole.
Erneut klopfte jemand an die Tür. Zamorra öffnete. »Hast du das gerochen, daß wir gerade erwacht sind, Rob?« fragte Zamorra.
Tendyke schüttelte den Kopf. »Wenn niemand aufgemacht hätte, hätte ich den Weckservice des Hotels benutzt«, sagte er und trat ein. »Das Abendessen wartet und ein paar Neuigkeiten. Hallo, Nicole. Du gönnst mir wohl überhaupt nichts mehr? Ich hatte gehofft, daß du noch…«
Nicole legte den Zeigefinger auf seine Lippen. »Ich schätze, wir wissen, was du gehofft hast. Abendessen? Ist es wirklich schon so spät? Was ist in diesem Haus eigentlich empfehlenswert?«
»Gedünstete Krokodillende, Mumie flambiert…«
»Blöder Hund!« fauchte sie.
»He, beleidige die Hunde nicht, indem du sie mit Rob vergleichst«, grinste Zamorra und kassierte einen Rippenstoß seines Freundes. »Es wird ja wohl eine Speisekarte geben, oder?«
»Das ›Isis‹ ist keine heruntergekommene Baracke am Ende der Welt«, sagte Tendyke. »Da Nicole mir müdem alten Mann keine aufmunternden Perspektiven mehr bieten will, können wir also nach unten gehen, oder?«
Während des Essens berichtete er den Freunden von seiner mittäglichen Beobachtung. »Und was
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