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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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angerufen und mir gesagt, daß heute abend einer von Ihnen hier aufkreuzen würde. Aber wieso sind Sie allein?«
    »Sergeant Havers mußte noch etwas Privates erledigen. Sie kommt später nach. Morgen vormittag, vermute ich.«
    »Hm. Ja. Möchten Sie einen Kaffee oder so was? Sie wollen doch bestimmt mit mir reden. Die Mensa ist noch offen. Wir können aber auch auf mein Zimmer gehen.« Sie errötete ein wenig. »Ich meine, wenn Sie auf Ruhe Wert legen.«
    Lynley lächelte. »Gehen wir zu dir.«
    Sie schlüpfte in eine riesige blaue Marinejacke, wickelte sich einen Wollschal um den Hals und nahm ihren Trompetenkasten. »Also gut. Gehen wir. Ich bin drüben im New Court.«
    Anstatt durch den Chapel Court zu gehen und den Durchgang zwischen den Süd- und Ostgebäuden zu benutzen, führte Miranda ihn an den Arkaden entlang zu einer Tür am Nordende. Sie stiegen eine kurze Treppe hinauf, gingen einen Korridor hinunter, durch eine Tür, stiegen eine zweite Treppe hinunter. Und die ganze Zeit sprach Miranda.
    »Ich weiß eigentlich noch gar nicht, wie ich das mit Elena einordnen soll«, sagte sie. Es klang wie ein Diskurs, den sie den Tag über mit sich selbst geführt hatte. »Dauernd denk ich, ich müßte doch Wut oder Empörung oder Schmerz fühlen, aber bis jetzt fühle ich überhaupt nichts. Allenfalls habe ich Schuldgefühle, weil ich nichts fühle. Ich versteh das nicht. Ich bin doch im christlichen Glauben erzogen. Ich müßte doch um sie trauern, oder nicht?« Sie wartete nicht auf Lynleys Antwort. »Ich glaube, im Grunde kann ich es einfach nicht fassen, daß sie tot ist. Ich hab sie gestern abend nicht gesehen. Ich hab sie heute morgen nicht weggehn hören. Es war wie alle Tage, und darum kommt mir auch alles völlig normal vor. Vielleicht, wenn ich sie gefunden hätte, oder wenn sie in ihrem Zimmer umgebracht worden wäre und die Putzfrau sie gefunden hätte und schreiend angerannt gekommen wäre - so wie im Kino, wissen Sie -, dann hätte ich sie mit eigenen Augen gesehen und dann hätte es mich getroffen. Ehrlich, ich kann nicht verstehen, daß ich überhaupt nichts fühle. Ist sie mir völlig gleichgültig?«
    »Warst du besonders eng mit ihr befreundet?«
    »Nein, eben nicht. Ich hätte mich mehr um sie kümmern sollen. Ich hätte mich mehr bemühen sollen. Ich habe sie immerhin seit dem letzten Jahr gekannt.«
    »Du warst also nicht mit ihr befreundet?«
    Miranda blieb an der Tür stehen, die aus dem Randolph-Haus in den New Court hinausführte. Sie krauste die Nase. »Ich bin keine Läuferin«, sagte sie und stieß die Tür auf.
    Links war eine Terrasse mit Blick auf den Fluß. Rechts führte ein mit Kopfsteinen gepflasterter Fußweg zwischen dem Randolph-Haus und einer Rasenfläche hindurch. In der Mitte des Rasens stand eine mächtige alte Kastanie, und dahinter erhob sich das hufeisenförmige Gebäude, das den New Court umschloß, drei Stockwerke prunkvoller Neugotik mit Lanzettfenstern, gewölbten Portalen, einem gezinnten Dach und einem spitzen Turm.
    »Hier entlang«, sagte Miranda und führte ihn über den Fußweg zur Südostecke des Gebäudes. Der süße Duft des Winterjasmins, der sich hier an der Mauer hochrankte, wehte Lynley entgegen, dann zog Miranda eine Tür auf, neben der in eine kleine Steinplatte der Buchstabe »L« eingegraben war.
    Zwei Treppen hinauf, dann hatten sie Mirandas Appartement erreicht, eines von zweien, die einander in einem kurzen Flur gegenüberlagen und sich eine Küche, eine Dusche und eine Toilette teilten.
    Miranda machte einen Abstecher in die Küche, um Wasser aufzusetzen. »Ich hab allerdings nur Nescafel da«, sagte sie mit einer kleinen Grimasse. »Aber wir können uns ja ein bißchen Whisky reinkippen. Nur meiner Mutter dürfen Sie das nicht verraten.«
    »Daß du eine Vorliebe für Whisky entwickelt hast?«
    Sie verdrehte die Augen. »Daß ich überhaupt eine Vorliebe habe. Es sei denn, sie gilt einem Mann. Da können Sie ihr erzählen, was Sie wollen. Denken Sie sich was Scharfes aus. Stecken Sie mich in ein schwarzes Neglige\ Dann schöpft sie wieder Hoffnung.« Sie lachte und ging zu ihrem Zimmer.
    »Du hast dir ja eine richtige Luxusbehausung unter den Nagel gerissen«, bemerkte er, als sie eintraten. An Universitätsmaßstäben gemessen traf das zu. Ihr Appartement bestand nicht wie üblich aus nur einem Zimmer, sondern aus zweien, einem kleineren, in dem sie schlief, und einem größeren, das ihr als Wohnraum diente, immerhin geräumig genug, um zwei

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