Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
ein Besuch«, hatte sie zum Schluß gelogen. »Nur für ein paar Tage. Und am Wochenende komme ich.« Sie hatte gehofft, ihre Mutter würde es irgendwie schaffen, so lange an diesen Gedanken festzuhalten, daß sie beim Einzug in Hawthorn Lodge keine Schwierigkeiten machen würde.
    Aber jetzt sah sie, daß Verwirrung und Angst den Moment geistiger Klarheit ausgelöscht hatten, als sie ihrer Mutter die Vorteile des Aufenthalts bei Mrs. Flo und die Nachteile weiterer Abhängigkeit, von Mrs. Gustafson begreiflich gemacht hatte. In heller Aufregung kaute ihre Mutter auf ihrer Unterlippe und drehte den bunten Schal immer hektischer um ihre Arme, während sie unaufhörlich vor sich hin summte. Think of me, think of me fondly...
    »Mama«, sagte Barbara, als sie einen Parkplatz in der Nähe des Hauses gefunden hatte. Ihre Mutter summte weiter, ohne zu antworten. Barbaras Stimmung sank auf den Nullpunkt. Am Nachmittag hatte sie sich eine Zeitlang der Hoffnung hingegeben, dieser Umzug würde leicht vonstatten gehen. Ihre Mutter hatte den bevorstehenden »Urlaub« sogar mit freudiger Erregung begrüßt. Aber jetzt erkannte Barbara, daß dieser Umzug so herzzerreißend werden würde, wie sie von Anfang an gefürchtet hatte.
    Flüchtig dachte sie daran, Gott um die Kraft zu bitten, die sie zur Durchführung ihrer Pläne brauchte. Aber sie glaubte eigentlich nicht an Gott, und die Idee, sich nur an ihn zu wenden, weil sie ihn gerade einmal brauchte, erschien ihr so sinnlos wie heuchlerisch. Also raffte sie ihre ganze Entschlußkraft zusammen, öffnete die Tür und ging um den Wagen herum, um ihrer Mütter beim Aussteigen behilflich zu sein.
    »Da wären wir, Mama«, sagte sie mit geheuchelter Munterkeit. »Komm, sehen wir uns Mrs. Flo einmal an, ja?«
    In einer Hand den Koffer, führte sie ihre Mutter langsam den Bürgersteig entlang zu dem grauen Haus, das die Lösung aller Probleme verhieß.
    »Horch, Mama«, sagte sie, als sie läutete. Aus dem Inneren des Hauses war Gesang zu hören. Getting to know you sang Deborah Kerr, vielleicht in Vorbereitung auf die neue Hausgenossin. »Sie haben Musik. Hörst du's?«
    »Hier riecht's nach Kohl«, sagte ihre Mutter. »Barbie, ich glaub nicht, daß so ein Haus was für den Urlaub ist. Kohl ist was Ordinäres. Nein, das ist nicht das Richtige.«
    »Der Geruch kommt von nebenan, Mama.«
    »Ich riech den Kohl ganz genau, Barbie. Niemals würde ich in so einem Hotel ein Zimmer nehmen.«
    Barbara hörte die wachsende Erregung im nörgelnden Tonfall ihrer Mutter. Sie betete darum, daß Mrs. Flo endlich aufmachen würde, und läutete ein zweites Mal.
    »Wir würden doch unseren Gästen niemals Kohl vorsetzen, Barbie.«
    »Warte doch erst mal ab, Mama.«
    »Nein, Barbie, ich glaub wirklich nicht...«
    Gott sei Dank wurde es endlich hell vor der Tür. Doris Havers kniff erschrocken die Augen zusammen und drückte sich ängstlich an ihre Tochter.
    Mrs. Flo trug noch das adrette Hemdblusenkleid mit der Brosche am Hals. Sie sah so frisch aus wie am Morgen. »Ah, Sie sind angekommen. Sehr schön.« Sie kam heraus und schob Doris Havers eine Hand unter den Arm. »Kommen Sie, meine Liebe, ich möchte Sie gleich den Damen vorstellen. Wir haben schon von Ihnen gesprochen und sind alle sehr gespannt, Sie kennenzulernen.«
    »Barbie...« flehte Doris Havers.
    »Keine Sorge, Mama. Ich bin da.«
    Die Damen waren im Wohnzimmer und sahen sich The King and I auf Video an. Deborah Kerr sang mit melodiöser Stimme einer Schar reizender orientalischer Kinder etwas vor, und die Damen auf der Couch wiegten sich im Takt.
    »Hier sind wir, meine Damen«, rief Mrs. Flo und legte Doris Havers einen Arm um die Schultern. »Hier ist unsere neue Hausgenossin. Und wir freuen uns schon alle, sie kennenzulernen, nicht wahr? Wie schade, daß Mrs. Tilbird nicht mehr bei uns ist.«
    Sie machte Barbaras Mutter mit Mrs. Salkild und Mrs. Pendlebury bekannt, die aneinandergelehnt auf dem Sofa sitzenblieben. Doris Havers stand stocksteif und warf angstvolle Blicke nach Barbara. Barbara lächelte ihr aufmunternd zu. Der Koffer hing ihr wie eine Zentnerlast am Arm.
    »Möchten Sie nicht ablegen, meine Liebe?« fragte Mrs.
    Flo und griff schon nach dem obersten Mantelknopf.
    »Barbie!« rief Doris Havers schrill.
    »Aber es ist doch alles in Ordnung«, sagte Mrs. Flo. »Überhaupt kein Grund zur Aufregung. Wir freuen uns alle so darauf, Sie ein Weilchen bei uns zu haben.«
    »Es riecht nach Kohl.«
    Barbara stellte den Koffer ab und kam

Weitere Kostenlose Bücher