05 - Denn bitter ist der Tod
Einfahrt flankierten, stand in bronzefarbenen Lettern auf einem Schild The School.
»Nicht schlecht«, bemerkte Barbara und stieß ihre Wagentür auf. »Liebevolle Renovierung eines historischen Gebäudes, wie es immer so schön heißt. Ich hasse diese Typen, die mit einer Engelsgeduld jeden Furz konservieren. Wer ist die Frau überhaupt?«
»Sie ist Malerin oder so was. Mehr weiß ich leider auch nicht.«
Dort, wo früher die Schultür gewesen war, befand sich jetzt ein großes, viergeteiltes Fenster, durch das sie hohe weiße Wände, Teil eines Sofas und den blauen Glasschirm einer gebogenen Bodenlampe aus Messing sehen konnten. Als sie die Wagentüren zuschlugen und die Einfahrt hinaufstiegen, kam ein Hund an dieses Fenster gerannt und begann zornig zu kläffen.
Die neue Haustür war auf der Seite in einem überdachten Durchgang, der Haus und Garage verband. Sie wurde, als sie näherkamen, von einer schlanken Frau geöffnet, die zu verblichenen Jeans ein Männerhemd trug und um den Kopf, wie einen Turban gewickelt, ein rosa Frottiertuch. Mit der einen Hand hielt sie den Turban fest, mit der anderen den Hund, einen zottigen Mischling mit langen Schlappohren.
»Keine Angst, er beißt nicht«, versicherte sie im Kampf mit dem kläffenden, zerrenden Hund. »Er hat nur schrecklich gern Besuch.« Und zu dem Hund gewandt: »Setz dich, Flame!« Ein milder Befehl, den das Tier überhaupt nicht zur Kenntnis nahm.
Lynley zog seinen Ausweis heraus und stellte sich und Barbara Havers vor. »Sie sind Sarah Gordon?« sagte er. »Es ist wegen gestern morgen. Wir möchten Sie gern einen Moment sprechen.«
Flüchtig schien es, als würden ihre dunklen Augen noch dunkler. Aber vielleicht kam es daher, daß sie in diesem Moment in den Schatten des überhängenden Dachs trat. »Was soll ich Ihnen dazu noch sagen, Inspector? Ich habe der Polizei alles gesagt, was ich weiß.«
»Ja, das glaube ich Ihnen. Ich habe den Bericht gelesen. Aber ich weiß aus Erfahrung, daß es mir hilft, die Dinge aus erster Hand zu hören. Wenn Sie also nichts dagegen haben...«
»Nein, natürlich nicht. Bitte. Kommen Sie herein.« Sie trat von der Tür zurück. Der Hund sprang sofort erfreut an Lynley hoch. »Flame! Schluß jetzt!« Sarah Gordon riß den Hund zurück, klemmte ihn kurzerhand unter den Arm, so heftig er sich auch wehrte, und trug ihn in den Raum, den sie von der Straße aus gesehen hatten. Dort setzte sie ihn in einen Korb neben dem offenen Kamin, sagte: »Bleib!« und tätschelte ihm leicht den Kopf. Sein neugieriger Blick flog von Lynley zu Barbara und zurück zu seiner Herrin. Als er feststellte, daß alle vorhatten zu bleiben, kläffte er noch einmal zum Zeichen seiner Befriedigung und streckte sich dann bequem aus.
Sarah warf ein frisches Scheit Holz auf das Feuer, das im Kamin brannte, ehe sie sich Lynley und Barbara zuwandte.
»War das Haus früher wirklich eine Schule?« fragte Lynley.
Sie sah ihn erstaunt an. Offensichtlich hatte sie erwartet, werde ohne Umschweife auf den Anlaß seines Besuchs zu sprechen kommen. Aber dann lächelte sie, sah sich kurz um und antwortete: »Die Dorfschule, ja. Sie war ganz schön heruntergekommen, als ich sie gekauft habe.«
»Und Sie haben sie selbst renoviert?«
»Hier ein Zimmer, da ein Zimmer, immer wenn ich das Geld und die Zeit dazu hatte. Bis auf den Garten hinten ist jetzt alles fertig. Dieses Zimmer hier war das letzte. Es entspricht sicher nicht dem, was man in einem so altehrwürdigen Haus erwartet, aber gerade deshalb mag ich es.«
Während Barbara sich aus dem Schal wickelte, sah Lynley sich um. Das Zimmer mit den vielen Lithographien und Ölgemälden an den Wänden war in der Tat eine angenehme Überraschung. Thema aller Bilder war der Mensch: Kinder, Jugendliche, alte Männer beim Kartenspiel, eine alte Frau, die sinnend aus einem Fenster sah. Es waren gegenständliche Bilder von starker Aussagekraft in klaren und unvermischten Farben.
Eigentlich hätte dieser Raum, in dem soviel Kunst versammelt war, kühl und steril wirken müssen wie ein Museum. Doch der bunte Teppich auf dem gebleichten Eichenboden, die knallrote Decke auf dem hellen Sofa zeigten, daß er bewohnt war. Auf dem Boden vor dem offenen Kamin war eine Zeitung aufgeschlagen, nicht weit von der Tür lagen ein Skizzenbuch und eine Staffelei, und es roch köstlich nach heißer Schokolade. Der Duft stieg aus einem grünen Keramikkrug auf, der neben einem Becher auf dem Büffet am anderen Ende des Zimmers
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