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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Weg zur Tür schlüpfte sie in ihren Mantel; die beiden Schals flatterten hinter ihr her. Er sprach erst, als sie draußen auf der Terrasse standen. Und er wählte seine Worte vorsichtig.
    »Was Thorsson da vorhin zu Ihnen gesagt hat... «
    Sie sah ihn verständnislos an. »Was denn, Sir?«
    Lynley wußte, wie empfindlich sie war. »In seinem Zimmer, Havers. Die - äh...« Er suchte nach einer Beschönigung. »Diese Bemerkung, als er Sie...«
    »Ach, Sie meinen, als er mich eine Kuh nannte?«
    »Ja.« Wie, fragte er sich, sollte er ihren Zorn beschwichtigen? Er hätte sich keine Sorgen machen zu brauchen.
    Sie lachte leise. »Ach, denken Sie sich da nichts, Inspector. Wenn ein Esel mich eine Kuh nennt, bedenke ich immer, von wem es kommt.«

7
    »Und was ist das hier, Christian?« fragte Helen und hielt ein Stück des großen Holzpuzzles hoch, das zwischen ihnen auf dem Boden lag.
    Es war eine aus Mahagoni, Eiche, Fichte und Birke geschnitzte Karte der Vereinigten Staaten, ein Geschenk, das die Zwillinge zu ihrem vierten Geburtstag von Helens ältester Schwester Iris aus Amerika bekommen hatten. Das Puzzle spiegelte mehr Iris' Geschmack als ihre Zuneigung zu Nichte und Neffe.
    »Qualität und Haltbarkeit, Helen. Darauf muß man achten«, pflegte sie belehrend zu sagen, als sei zu erwarten, daß Christian und Perdita sich bis ins hohe Alter an Kinderspielzeug erfreuen würden.
    »Kalifornien!« rief Christian triumphierend, nachdem er das Klötzchen, das seine Tante hochhielt, einen Moment aufmerksam betrachtet hatte. Er strampelte mit den Füßen vor Vergnügen, während Perdita daumenlutschend an Helens Seite saß und dem Spiel zusah.
    »Gut. Und die Hauptstadt von Kalifornien ist?«
    »New York.«
    Helen lachte. »Sacramento.«
    »Ach so, ja, Sackermenno.«
    »Gut. Jetzt leg das Teil an seinen Platz. Weißt du, wohin es gehört?«
    Nach einem vergeblichen Versuch, es mit Gewalt in die Lücke für Florida hineinzupressen, schob Christian es über das Brett zur gegenüberliegenden Küste. »Noch eines, Tante Helen«, sagte er.
    Sie wählte das kleinste Teil und hielt es hoch. Christian sah mit zusammengekniffenen Augen auf die Karte hinunter und tauchte seinen Finger in die Lücke östlich von Connecticut.
    »Hier!« rief er.
    »Ja. Aber weißt du auch den Namen?«
    »Hier! Hier!«
    »Ich möchte erst den Namen wissen, Schatz.«
    »Hier, Tante Helen.«
    »Rose Island«, flüsterte Perdita neben Helen.
    »Rose Island!« kreischte Christian und sprang mit einem Triumphschrei nach dem Holzstück, das Helen immer loch hochhielt.
    »Und die Hauptstadt?« Helen hielt das Puzzleteil noch höher. »Komm. Gestern hast du's gewußt.«
    »Lantischer Ozean«, schrie er.
    Helen lächelte. »Gar nicht schlecht«, sagte sie.
    Christian riß ihr das Teil aus der Hand und rammte es verkehrt herum in das Puzzlebrett. Als es nicht paßte, versuchte er es anders herum und stieß seine Schwester weg, als sie ihm helfen wollte. »Ich kann das schon, Perdy«, behauptete er und schaffte es diesmal tatsächlich, das Teil einzufügen.
    »Noch eins«, forderte er.
    Ehe Helen ihm den Gefallen tun konnte, wurde draußen die Haustür geöffnet. Gleich darauf kam Harry Rodger ins Wohnzimmer.
    »Hallo, alle miteinander«, sagte er und zog seinen Mantel aus. »Na, bekommt Daddy einen Kuß?«
    Jauchzend rannte Christian durch das Zimmer und warf sich seinem Vater an die Beine. Perdita rührte sich nicht. Rodger schwang den kleinen Jungen in die Höhe, küßte ihn geräuschvoll auf beide Wangen und stellte ihn wieder zu Boden. Er tat so, als wollte er ihn verhauen und fragte dabei: »Warst du wieder ungezogen, Christian? Warst du ein schlimmer Junge?« Christian kreischte vor Vergnügen.
    Helen, die spürte, wie Perdita sich näher an sie drückte, blickte zu dem Kind hinunter. Sie hockte völlig zusammengezogen da, den Daumen im Mund, den Blick starr auf den Säugling gerichtet, der auf einer dicken Decke neben ihr auf dem Boden lag.
    »Wir machen ein Puzzle«, berichtete Christian seinem Vater. »Tante Helen und ich.«
    »Und was ist mit Perdita? Hilft sie euch?«
    »Nein. Perdita mag nicht spielen. Aber Tante Helen und ich spielen. Komm, schau mal.« Christian zog seinen Vater an der Hand weiter ins Zimmer.
    Helen drängte den Zorn gegen ihren Schwager zurück. Harry war in der vergangenen Nacht nicht nach Hause gekommen. Er hatte nicht einmal angerufen, um Bescheid zu sagen. An diesen beiden Tatsachen erstickte alle Teilnahme, die sie sonst

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