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05 - Der Conquistador

05 - Der Conquistador

Titel: 05 - Der Conquistador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Polizisten passierte und die ihren Wagen stoppten, wendeten und die Verfolgung aufnahmen. Vermutlich hieß das, dass sie eine kleine Verschnaufpause hatten. Die er nutzen wollte.
    »Ihr müsst gehen!«, forderte er seine Schicksalsgefährten auf. »Maria Luisa, lass dir von Carlota den Weg zu ihrer Garage beschreiben. Was ist mit Benzin und Wagenschlüssel?« Die Frage war an die alte Frau gerichtet.
    »Der Schlüssel liegt unter einer Fußmatte. Der Wagen müsste eigentlich noch vollgetankt sein. Wenn nicht, stehen sicher genug Kanister herum.«
    Tom verabredete sich mit Maria Luisa, Carlota und Alejandro an der Straßenkreuzung, die zum Getränkemarkt führte. Die junge Spanierin schien erst jetzt zu realisieren, dass er sie nicht begleiten wollte.
    »Was hast du vor? Willst du dich stellen?«
    Er schnitt eine Grimasse. »Das sicher nicht. Aber ich muss noch mal ins Haus, und wir verlieren wertvolle Zeit, wenn ihr so lange einfach nur rumsteht.«
    »Ins Haus?« Noch während sie fragte, schien ihr ein Licht aufzugehen. »Die Kladde?«
    Er nickte. »Ich kann sie nicht zurücklassen. Also?«
    Sie nickte tapfer. »Pass auf dich auf.«
    »Du auch.« Er schob eine leere Regentonne heran und benutzte sie, um zum Küchenfenster hinaufzuklettern. Als er oben anlangte und sich umschaute, waren Maria Luisa und ihre Lieben bereits aus seinem Sichtfeld verschwunden.
    Er atmete tief durch. Dann sprang er ins Innere des Hauses, durchquerte Küche und Flur und hetzte die Treppe hinauf, die zu dem Zimmer führte, in dem er die Kladde zurückgelassen hatte.
    Er hoffte inständig, dass sie nicht den Indios in die Hände gefallen war.
    6.
    Vergangenheit
    »Wir haben die Gefahr durch die Tutul Xiu zu lange unterschätzt. Die jüngsten Ereignisse belegen eindeutig, dass ihnen Einhalt geboten werden muss, bevor ihr Eroberungsdrang nicht mehr einzudämmen ist.«
    »Was hast du vor, Vater? Willst du einen Krieg beginnen?« Ts’onot merkte, welches Unbehagen ihm der bloße Gedanke bereitete.
    »Haben wir den nicht schon seit Jahren? Es kommt immer wieder zu kleineren Scharmützeln. Die Tutul Xiu sind unbelehrbar. Dort, wo sie leben, ist mehr als genug Boden, der sie ernähren könnte. Trotzdem versuchen sie unentwegt, ihr Territorium auszuweiten.«
    »Warum Krieg? Warum nicht … verhandeln?«, fragte Ts’onot.
    Ah Ahaual blickte ihn mitleidig an – aber nur für einen kaum merklichen Moment. Dann schien er sich in Erinnerung zu rufen, dass die Zeiten, da er seinen Sohn unterschätzt hatte, lange vorbei waren. Trotzdem beharrte er: »Sie sind den Argumenten des Friedens nicht zugänglich.« Er wiegte den Kopf hin und her und blickte in die Schale, in der etwas brannte, von dem nur Ts’onot wusste, woraus es sich genau zusammensetzte. Er hatte die Mischung selbst hergestellt: Kräuter, deren eingeatmeter Rauch das Bewusstsein schärfte.
    Und nichts hatten sie in dieser Lage nötiger als einen klaren Verstand.
    Den Flüchtlingen und ihrem fremdartigen Anführer waren Behausungen zugewiesen worden. Ob sie dauerhaft bleiben durften, hatte Ah Ahaual noch nicht entschieden.
    »Deine Mutter hat mir von eurer jüngsten Begegnung erzählt«, sagte der Kazike über den aufsteigenden Rauch hinweg.
    Ts’onots Puls beschleunigte sich. »Sie hat den Armreif gesehen, es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass –«
    »Darum geht es nicht. Came ist die beste Gefährtin, die ein Mann sich wünschen kann. Und die beste Mutter, die ein Sohn sich wünschen kann. Nein, es geht um deine Vision – unsere Stadt ohne Bewohner, eine Welt ohne Menschen – könnte sie mit den Tutul Xiu zusammenhängen? Wenn ja, wäre der Kriegszug, den ich in Erwägung ziehe, vielleicht der entscheidende Fehler, der den Niedergang unseres Reiches erst einläutet.«
    Ts’onot wartete angespannt darauf zu erfahren, worauf genau sein Vater hinauswollte. »Soll ich die Götter anrufen und sie bitten, mir eine neue, klarere Sicht in die Zukunft zu gewähren?«
    »Das ist das eine, worum ich dich bitte.«
    »Was noch, Vater?«
    »Dieser seltsame tätowierte Mann, der mit den Flüchtlingen kam … Ich möchte, dass du mit ihm sprichst. Ich will alles über ihn erfahren.«
    »Warum fragst du ihn nicht selbst?«
    »Ich habe nicht deine Gabe, mein Sohn.«
    In diesem Moment überblickte Ts’onot noch nicht genau, was Ah Ahaual damit zum Ausdruck bringen wollte. Dennoch nickte er. »Natürlich. Ich werde mich unverzüglich zu ihm begeben.«
    ***
    Diego de Landa hielt die Kette in der

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