05 - Der Kardinal im Kreml
entsprach.
Die Ironie der Situation hätte unterhaltsam sein können, fand Ryan in der Marmorhalle des Außenministeriums, aber ihm fehlte derzeit der Sinn für Humor.
Peggy Jennings hatte noch nie einen Menschen so gründlich vernichtet gesehen wie Beatrice Taussig. Fast tat ihr die Frau in Handschellen leid, aber für Landesverrat konnte sie kein Verständnis aufbringen, und für Kidnapping erst recht nicht.
Entscheidend war im Augenblick, daß Bea Taussig völlig zusammengebrochen war und den Agenten Jennings und Perkins gestanden hatte. Es war noch dunkel, als man sie hinaus zu einem wartenden FBIFahrzeug führte. Ihren Datsun ließ man in der Einfahrt stehen, um den Eindruck zu erwecken, sie sei noch zu Hause. Fünfzehn Minuten später aber brachte man sie durch die Hintertür ins FBI-Büro Santa Fe, wo sie vor Ermittlungsbeamten aussagte. Viel wußte sie im Grunde nicht, nur einen Namen, eine Anschrift und eine Automarke, aber das waren die Ansatzpunkte, die die Agenten brauchten. Kurz darauf fuhr ein Wagen vom FBI an dem genannten Haus vorbei; der Fahrer stellte fest, daß der Volvo an Ort und Stelle stand. Als nächstes wurde die gegenüber wohnende Familie vorgewarnt: In einer Minute sollten zwei FBI-Agenten an ihre Hintertür klopfen und im Wohnzimmer einen Überwachungsposten einrichten; eine Vorstellung, die das junge Paar, das das Reihenhaus bewohnte, furchteinflößend und aufregend zugleich fand. Es berichtete den Agenten, «Ann» sei eine ruhige Frau unbekannten Berufs, die nie Ärger in der Nachbarschaft gehabt hatte, aber wie viele Alleinstehende oft sehr spät heimkäme. In der Nacht zuvor zum Beispiel, erklärte der Mann, sei sie erst zwanzig Minuten vor Ende der Johnny-Carson-Show zurück gewesen. «War bestimmt bei ihrem Freund», meinte der Mann. «Aber komisch, mit nach Hause genommen hat sie noch nie jemanden.»
«Sie ist wach. Da brennt Licht.» Ein Agent setzte das Fernglas an. Der andere hatte eine Kamera mit Teleobjektiv und hochempfindlichem Film. Mehr als einen Schatten hinter den Vorhängen machten sie nicht aus. Draußen kam ein Radfahrer vorbei, hielt ganz kurz an und klebte ein Miniatur-Funkgerät hinter die Stoßstange des Volvo.
«Können Sie uns sagen, worum es hier geht?» fragte der Hausinhaber. «Bedaure, aber dafür ist jetzt keine Zeit. Achtung, es geht los!» «Ich hab's.» Die Kamera begann zu klicken.
«Gerade noch erwischt!» Der Mann mit dem Fernglas nahm sein
Sprechfunkgerät. «Zielperson steigt in ihren Wagen.»
«Wir sind bereit», kam die Antwort aus dem Lautsprecher.
«Sie fährt los, Richtung Süden. Wir verlieren Sichtkontakt. So, das
wär's. Jetzt gehört sie Ihnen.»
«Alles klar, wir haben sie.»
Nicht weniger als elf Fahrzeuge nahmen an der Überwachung teil, wichtiger noch aber waren die in eintausendvierhundert Metern Höhe kreisenden Hubschrauber. Ein weiterer Helikopter, ein UH-1N, die Variante des in Vietnam berühmt gewordenen Huey, stand startbereit auf dem Air-Force-Luftstützpunkt Kirtland und wurde mit Kletterseilen ausgerüstet.
Ann fuhr ganz normal, schaute aber alle paar Sekunden in den Rückspiegel. Sie hatte nur fünf Stunden geschlafen und brauchte jetzt ihr ganzes professionelles Geschick. Auf dem Beifahrersitz lag eine Thermosflasche Kaffee. Zwei Tassen hatte sie schon getrunken; den Rest wollte sie ihren Kollegen mitbringen.
Auch Bob war unterwegs, trabte in Arbeitskleidung durch den Kiefernwald und hielt auf dem zwei Meilen langen Weg nur einmal an, um auf den Kompaß zu schauen. Er hatte vierzig Minuten angesetzt und stellte nun fest, daß er diese Zeit auch brauchte, denn in dieser Höhe begann er schon zu schnaufen, ehe er die Hänge erreicht hatte. Alle Selbstvorwürfe waren nun vergessen; entscheidend war nur noch die Mission. Ein Agent mußte auch mit Rückschlägen fertig werden und dennoch seinen Auftrag erfüllen können. Um zehn nach sieben sah er die Straße und den Kiosk. Zwanzig Meter vorm Waldrand blieb er stehen und wartete.
Ann schien ihren Kurs aufs Geratewohl zu wählen. Zweimal verließ sie die Schnellstraße, ehe sie für die letzte Etappe ihrer Fahrt auf ihr blieb. Um sieben Uhr fünfzehn hielt sie auf dem kleinen Parkplatz des Kiosks und ging hinein.
Ann hatte sich der Überwachung so geschickt entzogen, daß dem FBI nur noch zwei Fahrzeuge zur Verfügung standen. Jedes wahllose Abbiegen hatte einen Verfolger zum Aufgeben gezwungen - man ging von der Annahme aus, daß sie jeden Wagen identifizieren
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