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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dorther kam Winnetou langsam gegangen. Er hatte sich entfernt, um zu rekognoszieren.
    „Da kommt er, da kommt er, Winnetou, der Häuptling der Apachen!“ schrie der Schichtmeister. „Er ist da, er ist hier! Welch ein Glück! Winnetou, Winnetou!“
    Er stürzte auf den Häuptling zu, faßte die Hände desselben und zog sie an seine Brust. Der Apache blickte ihm ins Angesicht, und seine Züge legten sich in ein weiches, freundliches Lächeln, als er antwortete: „Mein weißer Bruder Watson! Ich kam zu den Kriegern der Timbabatsch und erfuhr von ihnen, daß du wieder gesund geworden und nach dem Mississippi gegangen seist. Der gute Manitou muß dich sehr lieb gehabt haben, daß er deine Wunde, welche schlimmer war, als ich dir gestand, heilen ließ. Setz dich nieder, und erzähle, wie deine ferneren Tage bis auf den heutigen verlaufen sind!“
    Es gab keinen, welcher gemeint hätte, daß jetzt der Gedanke an die Tramps weit notwendiger sei als die Erzählung der Erlebnisse des Schichtmeisters. Was Winnetou tat, war gewiß richtig; wenn er die Aufmerksamkeit von dem eigentlichen Grund der Anwesenheit so vieler Menschen auf die eine Person, den Schichtmeister, lenkte, so hatte er sicher seine gute Absicht dabei und hatte sich auf seiner Rekognoszierung überzeugt, daß man sich vollständig in Sicherheit befinde und ganz ruhig von etwas anderm als den Tramps sprechen könne.
    Natürlich waren alle gespannt auf die Erzählung eines Mannes, welchem Winnetou das Leben gerettet hatte, und man hörte fast keinen lauten Atemzug, als Watson jetzt sein Abenteuer so berichtete, wie er es Old Firehand und dem Ingenieur erzählt hatte. Als er zu Ende war, zögerte er keinen Augenblick, zu fragen: „Und Ihr, Master Droll, könnt mir also sagen, was aus meinem Kameraden geworden ist?“
    „Ja, das kann ich“, antwortete der Dicke. „Ein toter Mann ist aus ihm geworden.“
    „So hat der Cornel ihn ermordet?“
    „Nein, aber verwundet, grad' so wie Euch, und daran ist der arme Teufel gestorben.“
    „Erzählt, erzählt, Sir!“
    „Das ist schnell berichtet; ich brauche gar nicht viele Worte zu machen. Als der Cornel Euch vom Lagerplatz fortgelockt hatte, begann Engel darüber nachzudenken, daß Ihr als waffenloser Mann dem Roten bei der Jagd doch gar nichts nützen könntet. Warum hatte er Euch mitgenommen? Er mußte eine besondere Absicht, welche mit der Jagd gar nichts zu tun hatte, dabei verfolgen. Ihr beide hattet dem Cornel nicht getraut, und nun wurde es Engel, der Euch sehr liebgewonnen hatte, angst um Euch. Diese Angst ließ ihm keine Ruhe, und so machte er sich auf, um Euren Spuren, welche sehr deutlich waren, nachzufolgen. Die Sorge verdoppelte seine Schritte, und so hatte er Euch nach Verlauf von vielleicht einer Stunde soweit eingeholt, daß er Euch sehen konnte. Er trat eben um die Ecke eines Gebüsches, als er Euch erblickte; aber was er sah, riß ihn wieder hinter dieselbe zurück. Vor Entsetzen fast starr, sah er durch die Zweige. Der Rote stach Euch nieder und kniete dann über Euch, um sich zu überzeugen, ob die Wunde tödlich sei. Dann stand er wieder auf und blieb, wie sich besinnend, eine Weile stehen. Was sollte nun Engel tun? Den wohlbewaffneten Mörder angreifen, um Euch zu rächen, er, der keine einzige Waffe besaß? Das wäre Wahnsinn gewesen. Oder sollte er warten, bis der Cornel sich entfernt hatte, und dann zu Euch gehen, um nachzusehen, ob vielleicht noch Leben vorhanden sei? Auch das nicht! Ihr wart ja sicher tot, sonst hätte der Kerl gewiß mit einem nochmaligen Stich nachgeholfen, und sodann wäre der Rote unbedingt auf Engels Spur getroffen und hätte ihn verfolgt und auch kaltgemacht. Nein; hatte der Schurke Euch ermordet, so sollte jedenfalls die Reihe nun an Engel kommen, und so erkannte dieser, daß die schleunigste Flucht das einzige sei, was er zu unternehmen habe. Er wendete sich also zurück und eilte davon, erst auf der bisherigen Spur zurück und dann, als das Terrain günstig war, ostwärts ab. Aber nur zu bald sollte er den Beweis bekommen, daß der Mörder sich nicht lange an der Stelle seiner Tat aufgehalten, sondern zurückgekehrt, die Fährte gefunden habe und derselben nachgegangen sei. Engel hatte eine Höhe erstiegen und sah, als er da zurückblickte, den Roten hinter sich herkommen, zwar noch im Tal unten, aber doch nur in einer Entfernung von höchstens zehn Minuten. Jenseits der Höhe gab es eine ebene Prärie. Engel rannte hinab und dann weiter, immer geradeaus, so

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