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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schnell er konnte. Erst nach einer Viertelstunde wagte er es, für einen Augenblick stehenzubleiben und sich umzublicken. Er sah den Verfolger viel näher hinter sich als vorher und rannte weiter. Die Hetze ging wohl eine Stunde lang fort, bis Engel Büsche vor sich sah; er glaubte sich gerettet; aber die Büsche standen weit auseinander, und dazwischen gab es fettes Gras, welches die Spuren der Füße in größter Deutlichkeit aufnahm. Der Flüchtige war eigentlich ein guter Läufer; aber die Entbehrungen des harten Winters hatten ihn doch entkräftet; der Verfolger kam ihm immer näher. Als er sich wieder umblickte, sah er ihn in einer Entfernung von höchstens hundert Schritten hinter sich. Das spornte seine Kräfte zur letzten Anstrengung. Er sah Wasser vor sich. Es war der Orfork des Grand Rivers. Er rannte auf dasselbe zu, hatte es aber noch nicht erreicht, als ein Schuß fiel. Er fühlte einen Stoß wie von einer kräftigen Faust an der rechten Körperseite, sprang weiter und in das Wasser hinein, um nach dem gegenüberliegenden Ufer zu schwimmen. Da sah er von links her einen Bach sein Wasser in den Fluß ergießen. Er wendete sich nach der Mündung desselben und schwamm eine kleine Strecke aufwärts, bis er ein Gestrüpp erblickte, welches seine dichten Zweige, die durch hängengebliebenes Spülgras für das Auge noch undurchdringlicher geworden waren, vom Ufer aus bis ins Wasser niederhing. Er schlüpfte darunter und blieb dort stehen. Seine Füße hatten den Boden erreicht. Ihr könnt denken, daß er vor Aufregung am ganzen Körper zitterte.“
    „Und vor Anstrengung und Angst!“ fügte Watson hinzu. „Bitte, weiter, weiter!“
    „Der Cornel hatte nun auch das Ufer erreicht; da er Engel nicht sah und der Fluß schmal war, glaubte er, daß ersterer hinübergeschwommen sei, und ging auch ins Wasser. Aber das konnte nur mit großer Vorsicht geschehen, weil er seine Schießwaffen und Munition nicht naßmachen durfte. Es dauerte also lange, ehe er, auf dem Rücken schwimmend und die genannten Gegenstände über Wasser haltend, drüben ankam und im Gesträuch verschwand.“
    „Er ist gewiß zurückgekehrt“, meinte der Humply-Bill. „Da er drüben keine Fährte fand, mußte er annehmen, daß der Flüchtling noch diesseits des Flusses sei.“
    „Allerdings“, nickte Droll. „Er suchte erst drüben eine Strecke des Ufers ab und kehrte dann zurück, um auch hüben zu forschen; aber da gab es auch keine Fährte, und das machte ihn irr. Zweimal ging er an dem Versteck vorüber, aber er sah den Verborgenen nicht. Dieser lauschte lange Zeit, ohne den Mörder wiederzusehen oder zu hören. Dennoch blieb er im Wasser stehen, bis es dunkel geworden war; dann schwamm er hinüber und lief die ganze Nacht hindurch gerade nach West, um möglichst weit fortzukommen.“
    „War er nicht verwundet?“
    „Doch, ein Steifschuß am Oberkörper unter dem Arm. In der Aufregung und bei der Kälte des Wassers hatte er das nicht so bemerkt oder doch nicht beachtet; aber während des Marsches begann die Wunde zu brennen. Er verstopfte sie so gut es ging, bis er am Morgen kühlende Blätter fand, welche er auflegte und von Zeit zu Zeit erneuerte. Er war zum Tod matt und fühlte einen wütenden Hunger, den er mit Wurzeln zu stillen suchte, die er nicht kannte, aber doch aß. So schleppte er sich weiter, bis er gegen Abend ein einsames Kamp erreichte, dessen Bewohner ihn gastlich aufnahmen. Er war so schwach, daß er ihnen nicht erzählen konnte, was er erlebt hatte; er brach bewußtlos zusammen. Als er erwachte, lag er in einem alten Bett und wußte nicht, wie er hineingekommen sei. Dann erfuhr er, daß er fast zwei Wochen lang im Fieber gelegen und nur von Mord, Blut, Flucht und Wasser phantasiert habe. Nun erst erzählte er sein Abenteuer und erfuhr, daß der Cowboy einen rothaarigen Mann getroffen habe, welcher sich erkundigt hatte, ob vielleicht ein Fremder auf dem Kamp eingekehrt sei. Der Boy hatte diesen Mann einmal in Colorado Springs gesehen und wußte, daß er Brinkley heiße; er hielt ihn nicht für einen vertrauenswürdigen Menschen und verneinte die Frage. So erfuhr Engel den Namen des Mörders; denn er nahm an, daß derselbe sich ihm gegenüber eines falschen bedient habe. Die Wunde kam ins Heilen, und dann wurde er bei einer Gelegenheit mit nach Las Animas genommen.“
    „Also nicht nach Puebla“, meinte der Schichtmeister, „sonst hätte ich, als ich später dorthin kam, seine Spur vielleicht gefunden. Was tat

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