Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
angeschlagenem Gewehr im Wasser, und zwischen diesen dreien sah man verschiedene Gewehrläufe ragen.
    Kein einziger der Utahs wagte, sein Gewehr wieder zu erheben. Sie starrten nach vorn und nach hinten und wußten nicht, was sie tun sollten. Widerstand leisten wäre ihr Verderben gewesen, das sahen sie ein; aber sich so schnell und ohne alle Verhandlung ergeben, das widerstrebte ihnen. Da sprang Droll aus dem Wasser, schritt bis zum Häuptling vor, hielt ihm den Lauf des Gewehres an die Brust und rief ihm zu: „Wirf das Gewehr weg, sonst drücke ich los!“
    Der ‚Große Wolf‘ hielt den Blick starr auf die dicke, fremdartige Gestalt geheftet, als ob er ein Gespenst vor sich sehe; die Finger seiner Rechten öffneten sich und ließen das Gewehr fallen.
    „Den Tomahawk auch und das Messer!“
    Der Häuptling griff in den Gürtel, nahm die beiden genannten Waffen heraus und warf sie fort.
    „Binde deinen Lasso los!“
    Auch diesem Befehl gehorchte der ‚Große Wolf‘. Droll nahm den Lasso und band mit demselben die Füße des Häuptlings unter dem Bauch seines Pferdes zusammen. Dann nahm er dieses letztere beim Zügel, führte es auf die Seite und rief dem Gunstick-Uncle, welcher hinter Old Firehand stand, zu: „Komm her, Onkel, und fessele ihm die Hände!“
    Der Uncle kam steif und gravitätisch herbeigeschritten und antwortete: „An den Gürtel will ich hinten – ihm die beiden Hände binden.“
    Er schwang sich hinter dem ‚Großen Wolf‘ auf das Pferd, machte seine Worte zur Tat und sprang dann wieder ab. Es war, als habe der Häuptling gar nicht gewußt, was mit ihm vorging; er befand sich wie im Traum. Sein Beispiel wirkte. Die Seinen ergaben sich nun auch in ihr Schicksal; sie wurden ebenso entwaffnet und gebunden wie er, und das ging außerordentlich schnell vonstatten, da alle Weißen nur darauf bedacht waren, zu tun, was der Augenblick erforderte.
    Gern hätte der Hobble-Frank Winnetou begrüßt; Davy und Jemmy hatten ganz dasselbe Verlangen; aber man durfte jetzt nicht an solche Herzensangelegenheiten denken, sondern mußte die Erledigung derselben für später aufheben. Es galt vor allen Dingen aus dem Cañon zu kommen. Darum wurde, als der letzte Rote gebunden war und man die erbeuteten Waffen aufgelesen hatte, sofort der Weiterritt angetreten. Voran ritten die Jäger; dann kamen die Roten, und den Beschluß bildeten die Rafters.
    Winnetou und Old Firehand ritten mit Old Shatterhand voran. Sie hatten ihm still die Hand gegeben, die einzige Begrüßungsart, welche sie einstweilen für nötig hielten. Gerade vor den Gefangenen ritten zwei, welche sich viel näher standen, als sie dachten, nämlich die Tante Droll und der Hobble-Frank. Keiner sagte ein Wort zu dem andern. Nach einiger Zeit nahm Droll die Füße aus den Steigbügeln, stieg im Reiten auf den Rücken des Pferdes und setzte sich verkehrt in den Sattel.
    „Heavens! Was soll das heißen?“ fragte Frank. „Wollt Ihr Komödie spielen, Sir? Vielleicht seid Ihr in einem Zirkus als Clown angestellt gewesen?“
    „Nein, Master“, antwortete der Dicke. „Ich habe nur die Gewohnheit, die Festtage so zu feiern, wie sie fallen.“
    „Wie meint Ihr das?“
    „Ich setze mich verkehrt, weil es uns sonst verkehrt gehen kann. Denkt doch daran, daß hinter uns fünfzig Rote reiten; da kann leicht etwas geschehen, woran man nicht gedacht hat. Ich behalte sie in dieser Stellung im Auge und habe den Revolver in der Hand, um ihnen, wenn's nötig ist, eine Pille zu geben. Wenn Ihr gescheit seid, so macht es auch so!“
    „Hm! Was Ihr sagt, ist sehr richtig. Mein Pferd wird es nicht übelnehmen; ich drehe mich auch um.“
    Einige Sekunden später saß auch er verkehrt im Sattel, um die Roten beaufsichtigen zu können. Es ging nun gar nicht anders, als daß diese beiden possierlichen Reiter einander oft ansehen mußten; dabei wurden ihre Blicke immer freundlicher; sie gefielen einander offenbar. Das ging so eine Weile, ohne daß dabei ein Wort fiel, bis endlich der Hobble-Frank nicht länger zu schweigen vermochte. Er begann: „Nehmt mir's nicht übel, wenn ich Euch nach Eurem Namen frage. So wie Ihr da neben mir sitzt, habe ich Euch schon gesehen.“
    „Wo denn?“
    „In meiner Einbildung.“
    „Alle Wetter! Wer hätte geahnt, daß ich in Eurer Einbildung lebe! Wieviel Mietzins habe ich da zu bezahlen, und wie steht es mit der Kündigung?“
    „Ganz nach Belieben; aber heute ist es mit der Einbildung alle, da ich Euch nun in Person sehe. Wenn

Weitere Kostenlose Bücher