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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mal her zu mir!“
    „Warum?“
    „Weil ich es bin, der draus geworde is.“
    „Sie – Sie?“ fragte der Kleine.
    „Ja, ich! Ich war der Bastel, und ich weeß noch ganz genau, wer bei uns off der Kirmse gewese is; des war der Vetter Frank aus Moritzburg, der nachher Forschtgehilfe geworde is.“
    „Der bin ich, ich in eegener Person! Vetter, also hier, hier mitten in der Wildnis finden wir uns als schtammverwandte Menschen und Cousängs! Wer hätte das für möglich gehalten! Komm her, Bruderherz, ich muß dich an meinen Busen drücken!“
    „Ja, ich ooch. Hier haste mich!“
    Er langte herüber, und der andre langte hinüber. Die Umarmung war, da beide verkehrt auf ihren Pferden saßen, mit einigen Schwierigkeiten verbunden, welche aber zur Not überwunden wurden.
    Die finster blickenden Indianer wußten jedenfalls nicht, was sie von dem Gebaren der beiden halten sollten; diese aber kehrten sich nicht an die bemalten Gesichter; sie ritten Hand in Hand nebeneinander, mit dem Rücken nach vorn, und sprachen von der seligen Jugendzeit. Sie hätten wohl noch lange kein Ende gefunden, wenn nicht im Zug eine Stockung eingetreten wäre. Man hatte nämlich das Ende der Spalte erreicht, welche auf einen größeren und viel breiteren Cañon mündete.
    Zwar war die Sonne schon so tief gesunken, daß ihre Strahlen den Boden desselben nicht mehr erreichten, aber es gab doch Licht da und eine reine, bewegte Luft. Die Reiter atmeten erleichtert auf, als sie ins Freie gelangten, welches sie freilich nicht eher betraten, als bis sie vorsichtig Umschau gehalten hatten, ob keine feindlichen Wesen in der Nähe seien.
    Dieser Cañon war vielleicht zweihundert Schritte breit und hatte auf seinem Grund ein kleines, schmales Flüßchen, welches man leicht durchwaten konnte. Am Wasser gab es Gras und Buschwerk, und auch einige Bäume standen da. Die Roten wurden von den Pferden genommen und dann mit wieder gefesselten Füßen auf die Erde gesetzt. Nun erst war der richtige Augenblick zur ausgiebigen Begrüßung gekommen, und er wurde gehörig ausgenutzt. Diejenigen, welche sich bisher noch nicht gekannt hatten, lernten sich schnell kennen, und es dauerte nicht lange, so gab es keine andre Anrede als das trauliche ‚Du‘. Davon waren natürlich Firehand, Shatterhand, Winnetou, der Lord und der Ingenieur ausgenommen.
    Der Trupp Old Firehands hatte Proviant bei sich gehabt, und es wurde zunächst gegessen. Dann sollte über das Schicksal der Roten entschieden werden. Hierüber gab es mehr als eine Ansicht. Winnetou, Old Firehand und Old Shatterhand waren bereit, sie freizugeben; die andern aber verlangten eine strenge Bestrafung. Der Lord meinte: „Bis dahin, wo die Zweikämpfe vorüber waren, halte ich sie nicht für strafbar; dann aber mußten sie euch die Freiheit geben. Statt das zu tun, haben sie euch verfolgt, um euch zu ermorden, und ich zweifle gar nicht daran, daß sie dies getan hätten, wenn ihnen die Gelegenheit dazu geworden wäre.“
    „Das ist sehr wahrscheinlich“, antwortete Old Shatterhand; „aber sie haben die Gelegenheit dazu nicht gefunden, und es also nicht getan.“
    „Well! So ist die Absicht strafbar.“
    „Wie wollt Ihr diese Absicht bestrafen?“
    „Hm! Das ist freilich schwierig.“
    „Mit dem Tod doch nicht?“
    „Nein.“
    „Mit Haft, Gefängnis, Zuchthaus?“
    „Pshaw! Prügelt sie tüchtig durch!“
    „Das wäre das Schlimmste, was wir tun könnten, denn es gibt für den Indianer keine größere Beleidigung als Schläge. Sie würden uns über den ganzen Kontinent verfolgen.“
    „So legt ihnen eine Geldstrafe auf!“
    „Haben sie Geld?“
    „Nein, aber Pferde und Waffen.“
    „Ihr meint, daß wir ihnen diese nehmen sollen? Das wäre grausam. Ohne Pferde und Waffen müßten sie verhungern oder in die Hände ihrer Feinde fallen.“
    „Ich begreife Euch nicht, Sir! Je nachsichtiger Ihr mit diesen Leuten seid, desto undankbarer werden sie. Gerade Ihr solltet nicht so milde denken, da gerade eben Ihr es seid, an dem sie sich vergangen haben.“
    „Und gerade weil sie sich an mir, Frank, Davy und Jemmy vergangen haben, sollten wir vier es sein, die über ihr Schicksal zu bestimmen haben.“
    „Macht, was Ihr wollt!“ sagte der Lord, indem er sich unwillig abwendete. Gleich aber drehte er sich ihm wieder zu und fragte: „Wollen wir wetten?“
    „Worüber?“
    „Darüber, daß diese Kerle es Euch übel vergelten, wenn Ihr sie mit Nachsicht behandelt?“
    „Nein.“
    „Ich setze zehn

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