05 - Der Schatz im Silbersee
erkennen geben, ob er meine Worte hört!“
Der gefangene Häuptling gab das gewünschte Zeichen. Er lag hier zwischen Leben und Tod, und es verstand sich ganz von selbst, daß er das Leben wählte. Es überkam ihm eine große Genugtuung bei dem Gedanken, daß es ihm jetzt möglich sei, sich an den stolzen, eingebildeten Weißen für die ihm widerfahrene Zurücksetzung und Beleidigung zu rächen.
„Das ‚Lange Ohr‘ mag mir ferner zu verstehen geben, ob er nur leise sprechen will, wenn ich ihm den Knebel aus dem Mund nehme“, führt der andre fort.
Der Aufgeforderte nickte wieder, und sofort wurde der Knebel entfernt, doch warnte der ‚Alte Donner‘: „Wenn du ein lautes Wort sprichst, wirst du sterben. Willst du dich aber mit mir verbinden, so soll dir alles verziehen sein, und du wirst teil an unsrer Beute haben. Antworte mir!“
Beute! Bei diesem Wort kam dem Timbabatsch ein Gedanke, ein großer, ein kostbarer Gedanke. Er hatte ein Gespräch zwischen dem großen und dem kleinen Bären belauscht, ein Gespräch, welches ihm noch jetzt Wort für Wort im Ohr klang. Beute! Ja, Beute sollte es geben, Beute, wie sie noch nie nach einem Kampf ausgeteilt worden war! Von diesem Augenblick an war er der Sache der Utahs mit Leib und Seele ergeben.
„Ich hasse und verachte diese Weißen“, antwortete er. „Wenn du mir hilfst, so werden wir sie vernichten.“
„Und den ‚Bären‘ auch?“
„Ja. Doch meine Krieger sollen leben bleiben!“
„Das verspreche ich dir. Warum aber warst du vorher mein Feind?“
„Weil ich das noch nicht wußte, was ich heut weiß. Die Bleichgesichter haben mich so beleidigt, daß ich ihr Blut haben muß.“
„Diese Rache soll dir werden. Ich werde bald sehen, ob du es ehrlich mit mir meinst oder mich betrügen willst.“
„Ich bin dir treu und werde es dir beweisen, besser und vollkommener, als du jetzt ahnen kannst.“
„So sage mir zunächst, ob es wahr ist, daß die Bleichgesichter unsre Häuptlinge als Gefangene bei sich haben!“
„Es ist wahr. Ich habe sie gesehen.“
„So sind diese Hunde mit dem bösen Geist im Bunde, sonst wäre ihnen nicht gelungen, was jedem andern Menschen unmöglich ist! Wo befinden sich die Häuptlinge der Utahs?“
„In dem Haus auf der Insel des Sees.“
„Von wem werden sie bewacht?“
„Von einem einzigen Bleichgesicht und einem Mädchen, welches seine Tochter ist.“
„Ist das wahr? Ein einziger Mann und ein Mädchen halten so viele tapfere und berühmte Krieger fest? Du lügst!“
„Ich sage die Wahrheit. Du mußt bedenken, daß die Gefangenen gefesselt sind.“
„So will ich es glauben. Das ist auf der Insel. Wie viele Krieger aber befinden sich am Ufer?“
„Keiner.“
„Mensch, wo ist dein Verstand!“
„Keiner! Die Weißen und meine Timbabatschen waren da, sonst niemand. Und diese alle waren nach dem Cañon geritten, um gegen euch zu kämpfen.“
„Welche Unvorsichtigkeit! Und das soll ich für Wahrheit halten?“
„Es ist keine Unvorsichtigkeit, denn diese Hunde halten dich für unschädlich, weil es ihnen unmöglich erscheint, daß du ohne ihr Wissen nach dem See kommen kannst.“
„Ist das denn möglich?“
„Ja. Grad dadurch kann ich dir beweisen, daß ich es ehrlich mit dir meine.“
„Uff! Der Weg in diesem Cañon hinauf ist nicht der einzige? Es gibt noch einen andern?“
„Ja. Wenn du willst, werde ich dich führen.“
„Wo ist dieser Pfad?“
„Eine Strecke abwärts von hier liegt zwischen zwei Felsensäulen eine Spalte, durch welche man über eine Höhe in einen tiefen Felsenkessel gelangt, aus dem ein Hohlweg nach dem See führt. Ich bin diesen Weg mit dem ‚Großen Bär‘ geritten.“
„Und am See sind wirklich keine Krieger?“
„Nein, wenn nicht die zweihundert Navajos indessen gekommen sind, welche noch erwartet werden.“
„Sie sind noch nicht da, denn sonst wären sie sofort hierher in den Cañon geeilt, um gegen uns zu kämpfen. Wie lange braucht man, um von hier aus auf diesem andern Weg nach dem See zu gelangen?“
„Drei Stunden.“
„Das ist viel, sehr viel!“
„Aber der Lohn ist groß; es fallen alle Feinde in deine Hände; du befreist deine Häuptlinge und Krieger und – – –“
Er stockte.
„Und – – – sprich weiter!“
„Und außerdem findest du eine Beute, wie es noch niemals eine gegeben hat.“
„Eine Beute? Bei den Navajos? Du meinst ihre Pferde und Waffen? Denn weiter ist bei ihnen nichts zu finden.“
„Ich spreche nicht
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