05 - Der Schatz im Silbersee
Humply-Bill genügte für Old Firehand, zu wissen, daß er einen passionierten Wetter vor sich habe. Darum antwortete er: „Macht Eure Tasche getrost wieder zu, Sir; es kann mir nicht einfallen, das Wort vom Wetten wirklich im Ernst zu nehmen. So wichtige Sachen sind überhaupt zum Wetten nicht geeignet.“
„Aber ich wette nun einmal gern!“ behauptete der Lord.
„Ich aber nicht!“
„Das ist schade, jammerschade! Ich habe so sehr viel Gutes und Schönes über Euch gehört. Jeder wahrhaftige Gentleman wettet. Daß Ihr das nicht tut, zwingt mich beinahe, meine gute Meinung über Euch zu ändern.“
„Tut das immerhin, wenn es Euch beliebt! Es kommt dann wohl rasch die Zeit, in welcher Ihr wieder zur früheren Ansicht zurückkehrt. Jetzt haben wir andres und Besseres zu tun, als Wetten einzugehen. Es steht das Eigentum und Leben vieler Menschen auf dem Spiel, und es ist unsre Pflicht, dieses Unheil abzuwenden. Das tut man nicht durch Wetten.“
„Ganz recht, Sir. Ich wette auch nur so nebenbei. Wenn es zu Taten kommt, so werdet Ihr mich sicher auf meinem Platz finden, vielleicht ebenso fest und ruhig, wie Ihr auf dem Eurigen steht. Die körperliche Stärke tut es nicht allein. Merkt Euch das einmal!“
Er war in Zorn geraten und ließ einen beinahe beleidigenden Blick an der herkulischen Gestalt des Jägers hierniederlaufen. Dieser schien einen Moment lang nicht zu wissen, woran er mit dem Engländer sei; sein Gesicht wollte sich verfinstern, hellte sich aber schnell wieder auf, denn er erriet die Gedanken des Lords. Darum antwortete er demselben: „Nur gemach, Sir! Bevor wir uns nicht kennengelernt haben, wollen wir uns wenigstens keine Grobheiten sagen. Ihr seid noch neu hierzulande.“
Das Wort ‚neu‘ verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht, denn der Lord rief noch zorniger als vorher: „Wer sagt Euch das? Sehe ich etwa wie neu aus? Ich bin mindestens so ausgerüstet, wie die Prärie es erfordert; Ihr aber sitzt da, als ob Ihr soeben aus einem Klub oder gar aus einer Ladiesgesellschaft kämet!“
Also richtig, das war es! Old Firehand trug nämlich noch denselben eleganten Reiseanzug wie auf dem Dampfer. Er hatte ihn noch nicht ablegen können, da seine Jägerausrüstung auf Butlers Farm bereitlag. Dieser Anzug war zwar durch den Ritt zu den Rafters und dann hierher sehr mitgenommen worden, schien aber bei dem Schein des kleinen, vom Regen niedergedrückten Feuers noch ganz neu zu sein. Der berühmte Mann wurde von dem Engländer nicht für voll angesehen. Er nickte lächelnd und sagte: „Kann Euch nicht ganz unrecht geben, Sir; aber vielleicht richte ich mich noch hier im alten Westen ein; auf alle Fälle aber wollen wir Freunde bleiben.“
„Wenn das Euer Ernst ist, so räsoniert nicht wieder über das Wetten, denn an dem Einsatz erkennt man den echten, richtigen Gentleman. Übrigens begreife ich nicht, warum Ihr hierbleiben und nicht mit sofort nach der Farm reiten wollt. Das hat mich zuerst irre an Euch gemacht.“
„Habe meinen guten Grund dazu.“
„Will mein weißer Bruder mir wohl diesen Grund nennen?“ fragte der Osage.
„Ja. Es genügt, wenn du nach der Farm reitest und Butler benachrichtigst. Er ist ganz der Mann, die richtigen Vorbereitungen zu treffen. Ich bleibe mit meinen Rafters hier und halte die Tramps so in Schach, daß sie nur langsam vorwärts kommen und gewiß nicht eher bei der Farm anlangen, als bis man dort zu ihrem Empfang bereit ist.“
„Mein Bruder hat stets den besten Gedanken; das würde auch dieses Mal der Fall sein; aber Butler ist nicht in seinem Wigwam.“
„Nicht?“ fragte Firehand überrascht.
„Nein. Als ich nach dem Osagenook ritt, kam ich an der Farm vorüber und kehrte ein, um ein Calumet mit meinem weißen Bruder Butler zu rauchen. Ich traf ihn nicht daheim. Er hatte den Besuch seines fernen Bruders und dessen Tochter erhalten und war mit ihnen beiden nach Fort Dodge geritten, um Kleider für die weiße Tochter einzukaufen.“
„So ist der Bruder also schon angekommen! Weißt du, wie lange Butler in Fort Dodge bleiben will?“
„Noch einige Tage.“
„Und wann warst du auf der Farm?“
„Vorgestern des Morgens.“
„So muß ich hin, unbedingt hin“, rief Old Firehand, indem er aufsprang. „Wie lange währt es, bis du deine Osagen zur Hilfe bringen könntest?“
„Wenn ich jetzt sofort reite, so sind wir um nächste Mitternacht an der Farm.“
„Das ist viel, viel zu spät. Sind die Osagen jetzt mit den Cheyennes und
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