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Jon und ein unverwechselbarer Duft schwängerte die Luft, der die Stimmung auf der Stelle zunichte machte.
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Sinclair rückte ein Stück ab. „Vielleicht sollten wir ihn zu einem Arzt bringen.
Es muss doch Spezialisten für so etwas geben."
„Eric, du bist nur nicht an Babys gewöhnt. Babys stinken nun einmal, das ist ihre Pflicht. Und Windeln wechseln", sagte ich und ging zur Windeltasche,
„ist anscheinend jetzt meine Pflicht."
„Ich gehe duschen", seufzte er und stapfte ins Badezimmer. „Na, vielen Dank auch", sagte ich zu meinem Bruder. Der streckte mir zur Antwort die Zunge heraus.
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Am nächsten Tag kam Laura, die Teufelstochter, vorbei. „Hallohoooo", sagte sie mit süßlicher Stimme und kraulte Baby Jon unter dem Kinn. „Wer ist denn der kleine Süße? Werisessdenn? Tschutschitschu?"
„Hör auf damit!", befahl Sinclair von seinem Frühstücksbarhocker aus. „Oder ich töte dich auf der Stelle."
Laura beachtete ihn nicht. „Tutuhhhh, er ist so niiieeeedlich." Sie setzte ihn von der rechten auf die linke Hüfte und sah mich an. „Auf dem Weg hierher bin ich Mrs. Taylor begegnet. Sie hat mich zu einer Benefizveranstaltung eingeladen, bei der sie den Vorsitz hat."
„Tatsächlich?" Mich hatte sie nicht eingeladen. Nicht dass ich hingegangen wäre. Aber trotzdem. Laura halste sie nicht jeden zweiten Tag Baby Jon auf, aber wer wurde eingeladen? Na? Richtig, die Tochter des Teufels. „Ich weiß gar nicht, warum sie sich die Mühe gemacht hat, vorbeizukommen. Wie lange hat sie es mit ihm zu Hause ausgehalten? Sechs Stunden?"
„Und jetzt", sagte Tina, „ist er wieder da." Sie kicherte mit einem Blick auf Sinclair, der sie aber ignorierte.
„Laura, es ist wirklich bemerkenswert." Er blätterte durch das Wal Street Journal. „Du scheinst die Fähigkeit zu besitzen, auch das kälteste, gefühlloseste Herz zu erweichen."
„Sei nicht so streng mit dir selber", zog ich ihn auf.
„Ich sprach von Mrs. Taylor."
„Hast du mit Sophie alles klären können?", warf Laura hastig ein. Sie legte Baby Jon über ihre Schulter und tätschelte ihn.
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Der Geruch frisch aufgestoßener Babymilch mischte sich mit dem Aroma frisch gepressten Orangensafts - Lauras Lieblingsgetränk.
„Ah, nein. Ich habe noch nichts von ihr gehört."
„Das ist sicher nur eine Frage der Zeit", sagte sie, was mich nicht wirklich aufmunterte.
„Klar. Die ganze Sache ist echt superkompliziert, weil der Typ, auf den sie so sauer ist, ein europäischer Obermacker und dazu noch supercharmant ist. Ihm tut es leid. Er sagt, er will sich entschuldigen. Was soll ich denn dazu sagen?
Egal, runter mit seiner Rübe?"
„Genau genommen hättet Ihr das Recht dazu", stellte Tina fest.
„Nun, der neue Chef ist eben anders als der alte Chef. Das ist mein ganz neues
. . Ihr wisst schon . . Wie heißt das?" „Grundsatzprogramm", sagte Sinclair.
„Richtig. Einfühlsames Verständnis ist in. Enthauptungen sind out."
„Ich bin froh, dass das nicht mein Problem ist", sagte meine Schwester fröhlich. Offenbar hatte sie beschlossen, mich diese knifflige Angelegenheit alleine lösen zu lassen. Hatte sie „Wie mache ich Betsy fertig?"-Pillen gefuttert?
„Laura, ich bin froh, dass du uns besuchst." Sinclair warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Wir müssen dringend ein paar wichtige private Dinge besprechen. Ich hatte gehofft, du könntest dich derweil um den Säugling kümmern."
„Er hat einen Namen: Baby Jon", sagte ich. „Nicht Säugling. Und wovon redest du? Welche Dinge haben wir zu besprechen?"
Ich hörte, wie draußen eine Autotür zuschlug, und registrierte verärgert, dass Sinclair und Tina nicht überrascht aussahen. „Natürlich", sagte Laura gerade.
Jeder andere wäre gekränkt
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gewesen, so ohne Umschweife ausgebootet zu werden, aber es gehörte schon mehr dazu, um Laura zu verärgern. „Ich helfe gerne." Sie griff nach der Windeltasche und verließ den Raum mit Baby Jon gerade, als Jessica in die Küche kam, in Mantel und Gummistiefeln.
„Guten Abend", sagte Sinclair.
„Hi", sagte ich.
Jessica warf ihre Handtasche auf den Tisch und steuerte dann sofort den Teekessel auf dem Herd an. „Hi", antwortete sie.
„Jessica, gut, dass du da bist." Tina warf mir einen Blick zu und fuhr dann fort: „Wir wollten mit dir reden. Schon lange."
Wollten wir das? Aha. Eigentlich hatte ich sie unter vier Augen sprechen und sie fragen wollen, warum sie in der letzten Zeit so zickig war. Jetzt sah es so aus, als
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