050 - Als der Silberdämon starb
wieder die Rosen! Jene dunkelroten Rosen, die Petula Boykin weggeworfen hatte!
»Das ist doch nicht möglich«, sagte Joanna Snyder verwirrt. »Ich fange doch nicht auch zu spinnen an, oder?«
Schwer legte sich der Duft der unheimlichen Rosen diesmal auf Joannas Lunge. Ein merkwürdiges Gefühl durchströmte sie, und sie fühlte sich von den Blumen auf eine geheimnisvolle Weise angezogen.
Langsam näherte sie sich dem prachtvollen Strauß. Mechanisch hob sie die Hand und strich zärtlich über die roten Knospen, die ihr wie Lebewesen vorkamen.
Alles um sie herum wurde rätselhaft unwirklich, das Zimmer schien sich auszudehnen, sie glaubte, über sich statt der Decke den nachtschwarzen Himmel zu sehen, und wuchs auf dem Boden nicht Gras?
Die Rosen veränderten ihr Aussehen, und Joanna glaubte, viele blutrote Gesichter zu sehen. Gesichter, die alle gleich aussahen. Joanna erkannte in ihnen den Mann wieder, von dem sich ihre Freundin seit Tagen verfolgt fühlte. Hatte er es nun auf sie abgesehen?
Er lächelte sie an, und seine Lippen formten unhörbare Worte. Da war plötzlich ein schmerzhafter Stich. Erschrocken zog Joanna die Hand zurück und sah, daß sie sich an einem Rosendorn verletzt hatte.
Blut quoll aus der winzigen Wunde. Blut, das so rot war wie diese geheimnisvollen Zauberrosen.
***
Er hieß Jack Sarno und war gleichfalls ein Schüler von Angelo d’Alessandro. Es hatte ihn oft geärgert, daß d’Alessandro immer Peter Redgrave bevorzugte, und es erfüllte ihn nicht gerade mit Trauer, als er von Redgraves tödlichem Unfall erfuhr.
Damit, daß der schwarze Priester seinen Lieblingsschüler aus dem Grab holen wollte, war Jack Sarno selbstverständlich nicht einverstanden, aber er konnte nichts dagegen tun.
Er mußte die Entscheidungen seines Lehrmeisters akzeptieren und sich damit abfinden, daß ihm Redgrave auch in Zukunft vorgezogen werden würde.
Sarno war ein gelehriger Schüler. Er wollte so bald wie möglich unabhängig werden. Mit diesem Ziel unterwies ihn Angelo d’Alessandro in den schwarzmagischen Zauberkünsten. Wenn seine Ausbildung abgeschlossen war, würde ihn der schwarze Priester fortschicken, und er würde niemandem mehr Rechenschaft schuldig sein.
Er würde fortgehen von hier und die schwarzen Lehren weiter verbreiten, würde die Gesetze der Hölle befolgen und Menschen für die Mächte der Finsternis gewinnen.
Jack Sarno sah den Ford Sierra, der vor dem Haus stehenblieb, in dem Petula Boykin wohnte. Er hatte seinen Platz unter der Laterne verlassen und stand jetzt in einer finsteren Einfahrt.
Das blonde Mädchen stieg zu Mike Baker in den Wagen. Als Petula den Freund küßte, knirschte Sarno grimmig mit den Zähnen. Der Sierra fuhr fort, und Sarno konzentrierte sich auf die Rosen, die er von einem Jungen in die Wohnung der Mädchen bringen ließ.
Angelo d’Alessandro hatte ihm beigebracht, auf welche Weise er die Kraft seines Willens verstärken und einsetzen konnte. Mit geschlossenen Augen stand er da, atmete schwer, und die Anstrengung ließ sein Gesicht wächsern werden.
Der Einsatz lohnte sich. Es gelang Jack Sarno mit diesem geistigen Kraftakt, die Rosen ins Wohnzimmer zurückzubringen, und er schuf eine Verbindung mit Joanna Snyder.
Als sie sich verletzte, huschte ein kaltes Lächeln über sein Gesicht.
Er verließ die düstere Einfahrt und betrat das Haus, in dem die Freundinnen wohnten.
Ein böses Feuer flackerte in seinen Augen, als er die Stufen hinaufstieg. Stille herrschte im Haus. Da Sarno Schuhe mit Kreppsohlen trug, war keiner seiner Schritte zu hören.
Er erreichte den zweiten Stock und stand Augenblicke später vor einer dunkelblauen Tür. Mit Hilfe der Rosen nahm er Einfluß auf Joanna Snyder.
Er befahl ihr, ihn einzulassen, und schon näherten sich drinnen ihre Schritte der Tür. Gehorsam schloß sie auf und öffnete. Als sie ihn sah, erschrak sie nicht. Sie erweckte fast den Anschein, als hätte sie ihn sehnsüchtig erwartet.
Wortlos gab sie die Tür frei. Er trat ein, und sie führte ihn ins Wohnzimmer. Zum ersten Mal befand er sich in dieser Wohnung, doch ihm war nichts fremd, denn seine Gedanken waren bereits mehrmals hier gewesen.
Das Blut an Joannas Finger erregte ihn. Das Mädchen wollte den Finger an die Lippen legen und an der kleinen Wunde saugen, doch er griff nach ihrer Hand und verlangte: »Lassen Sie mich das tun.«
Als er zu saugen begann, war es zunächst schmerzhaft, aber dann durchrieselte ein angenehmes Gefühl Joannas
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