Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0501 - In der Betonwüste

Titel: 0501 - In der Betonwüste
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Simon überquerte die Straße. Eine Windbö warf ihn fast zu Boden. Aus der Ferne glaubte er eine Lautsprecherstimme zu vernehmen. Vielleicht war wieder einer der Gleiter von „Imperium-Alpha" unterwegs, um die verdummte Bevölkerung über neue Ereignisse zu unterrichten und ihnen Hinweise zu geben. Fast alles, was der Dieb bisher aus den Lautsprechern gehört hatte, war ihm unverständlich geblieben, obwohl die Männer und Frauen in den Gleitern sich Mühe gaben, auch für völlig Verdummte verständlich zu sprechen.
    Simon wußte, daß auf der dem Kammon-Haus gegenüberliegenden Straßenseite mehrere mechanische Lifts eingebaut waren, die früher Kauflustige in die nächsthöhere Etage getragen hatten. Es war nicht anzunehmen, daß die Lifts noch funktionierten, aber es gab ganz in der Nähe eine Treppe, die ebenfalls zum Ziel führte. Wenn Simon sie fand, konnte er schnell wieder die Straße finden, die in Richtung von Dr. Fingals Wohnung führte.
    Die Aussicht, wieder den richtigen Weg zu finden, gab Simon neuen Mut. Das Unwetter schreckte ihn kaum noch, obwohl es noch immer an Intensität zunahm.
    Simon konnte keine Uhr zu Rate ziehen, aber er nahm an, daß es noch immer Tag war. Sein Erlebnis im Kammon-Haus schien das zu bestätigen.
    Er fand die Lifts. In eine der Lifttüren war ein Toter eingeklemmt. Simon schrie auf, als er aus Versehen über das Gesicht der Leiche tastete. Vor den anderen Lifts lag ein umgekippter Gleiter. Ob er zufällig hier abgestürzt oder als Barrikade gedacht war, ließ sich nicht feststellen. Simon begriff, daß er hier keine Chancen haben würde und ging weiter in Richtung zur Treppe.
    Ein paar Schritte weiter hörte er wieder Stimmen. In der Nähe der Treppe schienen Menschen zu sein. Es hörte sich an, als würden sie singen. Wieder mußte Simon seine Angst niederkämpfen. Er ging entschlossen weiter.
    Vor der Treppe blieb er stehen. In seiner unmittelbaren Nähe hielten sich mehrere Menschen auf. Ihr Singsang vermischte sich mit dem Heulen des Windes. Die Stimmen klangen monoton. Es gab jedoch einen Vorsänger, der mehr Gefühl in seine Stimme legte.
    Die Gruppe schien von Simon keine Notiz zu nehmen, denn sie sang weiter, als der halbtote Simon schon die ersten Treppenstufen erstiegen hatte.
    Dann brach der Vorsänger sein Lied abrupt ab.
    „Blinder Mann!" schrie er.
    Auch die übrigen hörten jetzt auf zu singen. Es waren ausschließlich stark Verdummte, wie Simon an ihren kindlich wirkenden Äußerungen feststellen konnte.
    „Was immer dein Ziel ist, du wirst es nicht erreichen. Der Untergang läßt sich nicht aufhalten." Die Stimme des Vorsängers überschlug sich im Bemühen, den Sturm zu übertönen. „Du kannst gerettet werden, wenn du dich unserer Gruppe anschließt."
    Der halbtote Simon ging weiter die Treppe hinauf. Sein ganzes Denken war auf Dr. Fingal konzentriert. Er mußte sich an diesem Namen festklammern.
    „Du Narr!" schrie ihm der Vorsänger nach. „Du wirst dich nicht retten können."
    Simon begann zu rennen. Dieses Geschrei ging ihm auf die Nerven. Am Ende der Treppe fiel Simon über ein am Boden liegendes Bündel, das sofort zu schreien begann.
    Ein Kind! dachte der legitimierte Warenhausdieb.
    Der Gedanke, daß dieses Kind, in durchnäßte Decken eingehüllt, hilflos am Boden lag, wecke Simons Mitleid. Er beugte sich hinab, um das Kind aufzuheben. Es schrie noch lauter.
    Simon war ratlos. Er trug das Kind ein paar Schritte vor sich her, bis er gegen einen Mast rannte und sich verletzte. Das Kind glitt aus seinen Armen. Er hielt es wieder fest. Er konnte spüren, wie die Händchen des Kindes nach ihm griffen. Das Kind schien etwas zu suchen. Sicher hatte es Hunger.
    Der halbtote Simon schrie auf, legte das Kind auf den Boden und rannte weiter, 6.
    Obwohl er durch die Bilder der fliegenden Kameras und die Berichte der Immunengruppen über die Verhältnisse in Terrania-City unterrichtet war, hatte Coden Opprus geglaubt, daß sie auf ihrem Weg zur meteorologischen Hauptstation mit mehr Menschen zusammentreffen würden. Das Gebiet, das sie durchquerten, gehörte noch zu „Imperium-Alpha", aber hier oben gab es weder Schutzschirme noch andere Sperren. Die Tatsache, daß hier die Zentrale lag, schien viele Verdummte davon abzuhalten, in dieses Gebiet einzudringen.
    Opprus, Pohklym und Gryndheim waren auf ihrem Weg nur einem völlig verdummten alten Ehepaar begegnet, das ziellos herumirrte und nach Nahrung suchte. Sie hatten ihre Nahrungsvorräte den alten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher