0502 - Das Schwert des Vampirs
Kinderzimmers hinter sich zu schließen, sondern auch Nicole gegen die Lady abzuschirmen.
»Meine Handtasche! Unten!« zischte Nicole leise. »Schnell!« Sie beantwortete die nervöse Frage der Lady nicht, sondern stürmte schon zur Treppe. William folgte ihr. Dann waren sie unten. Dort lag Nicoles Handtasche. »Da ist eine Waffe drin!«
William nahm sie heraus und staunte, weil er so eine Pistole noch nie gesehen hatte. Nicole unterwies ihn mit schnellen Worten in der Handhabung. »Setzen Sie die Mündung dicht an den Kobrakopf, aber so, daß der Schuß mich dabei nicht verletzen kann, und drücken Sie auf den Kontakt - aber nur ganz kurz! Eine Hundertstelsekunde, wenn Sie das schaffen!«
Williams Blick verriet seinen aufkeimenden Zweifel an Nicoles Verstand. Wie sollte sich überhaupt ein Schuß lösen können, wenn die leicht trichterförmig gestaltete Mündung dieser Waffe von einem kleinen Dorn verstopft war? Und ob er den Abzug, der kein Abzug war, sondern eher eine Drucktaste, nur ganz kurz drückte oder über endlos lange Sekunden, konnte sich doch nur ein Schuß lösen oder maximal soviel, wie im Magazin steckten…
Er setzte den Dorn an und drückte ab.
Er ließ den Kontakt ganz schnell wieder los, riß die Hand zurück und hätte dabei die Waffe fast zum Wurfgeschoß gemacht und es quer durch die Halle geschleudert. Dabei hatte die Waffe statt eines Knalls ein schrilles, eher zwitscherndes Pfeifen von sich gegeben und einen grellen Blitz, der den Kopf der Kobra glatt durchschlagen hatte. Der Schlangenkörper glühte im gleichen Moment hellrot auf, streckte sich, und Nicole, die vor Schmerz aufschrie, schleuderte das Stück rotglühenden, schmelzenden Messings in weitem Bogen von sich.
»Oh, verdammt, was hat das Biest sich aufgeheizt! Her mit dem Blaster, William!«
Und wie gern der ihr das Teufelsding in die Hand drückte! Beidhändig zielte Nicole auf den sich schon wieder bewegenden, fauchenden Messingklumpen, löste einen neuen zwitschernden Pfeif-Blitz aus, der der Messing-Kobra den Rest gab und sie nicht nur endgültig zerschmolz, sondern auch noch verdampfte. Dabei bekam auch der Teppich seinen Teil ab, glühte und erstickte das Feuer in seinen dicht an dicht geknüpften Knotenschlingen. Billige Kunststoffware, die zwar hübsch aussah, dafür aber wie Zunder brannte und schmorte, gab es in Llewellyn-Castle nicht. In diesem Punkt waren die Llewellyns nie schottisch-sparsam gewesen. Sie hatten es sich ja auch immer leisten können, nachdem sie in der Früh- und Feudalzeit ihre Umgebung als Raubritter kräftig ausgebeutet hatten.
»Mademoiselle Nicole«, keuchte William entsetzt. »Der kostbare Teppich…«
»Den zahlt die Haftpflicht«, versicherte Nicole salopp, ging zur angekohlten Stelle hinüber und vergewisserte sich, daß von der Messing-Kobra nichts übriggeblieben war als heißer, metallisch stinkender Dampf, der sich erkaltend niederschlug und dem Teppich in der unmittelbaren Umgebung des Brandloches einen ganz neuen, glitzernden Farbton verlieh. »Notfalls stellen Sie ’nen Schrank drauf, oder ein Podest mit einer dieser alten Ritterrüstungen. Ist doch egal, ob die links oder rechts an der Wand stehen…«
»Mademoiselle!« empörte sich William. »Es ist nicht egal, weil die Position der Rüstungen von der Tradition bestimmt werden! Wären Sie nicht Sie, sondern irgendeine Engländerin, müßte ich Sie jetzt dringend auffordern, Caer Llewellyn umgehend zu verlassen!«
Er war wirklich entrüstet.
»Sorry, William«, entschuldigte sie sich da. »Traditionen und Tabus zu verletzen war nicht meine Absicht. Aber ist Ihnen klar, worum es sich bei dieser Kobra handelte? Um einen Ableger des Dämons Ssacah! Möchte wissen, wie der Ssacah-Kult nach Schottland kommt und wie dieses Biest die Abschirmung durchbrechen könnt!«
»Schwarze Magie? Das ist doch unmöglich!« entfuhr es William.
Nicole fand auch keine Erklärung. Aber sie sorgte sich um den kleinen Lord. Noch schneller, als sie vorhin die Treppe hinuntergestürmt war, spurtete sie sie jetzt wieder hinauf. William, entschieden älter als sie und sportlich nicht gerade ein Olympionike, brauchte etwas länger, um hinter ihr her zu schnaufen.
Derweil stand Patricia unruhig neben dem Bett. Daß ihr Kind ruhig schlief, konnte ihre Sorge nicht verdrängen. »Was ist passiert?« fragte sie leise.
»Kannst du ihn herausnehmen? Ihn neu zu wickeln, kann nicht schaden, und…«
»Aber warum, Nicole? Er schläft doch gerade! Was war
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