0503 - Adelige Blutsauger
verkauft. Jetzt tun sie nichts mehr, leben so in den Tag hinein.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das könnte ich nicht.«
»Wie stehen denn Ihre Eltern zu Ihrer Malerei?«
»Negativ. Sie halten es für Schmiererei. Wenn ich als Künstlerin ›in‹ wäre, würden sie bestimmt anders darüber denken. So aber lassen sie mich in Ruhe. Das ist auch gut so. Ich passe nicht in ihr Leben und sie nicht in meines. Glücklicherweise brauche ich von meiner Malerei nicht zu leben. Auch ich habe etwas geerbt, aber irgendwann schaffe ich den Durchbruch, John, das steht fest.«
»Glaube ich auch.«
»Sagen Sie das nur so?«
»Nein, Kate, Sie haben die nötige Energie.«
»Stimmt.«
Plötzlich lichtete sich der Wald. Er verschwand nicht völlig, trat aber zurück. Unser Blick fiel auf ein Plateau, das sich vor uns ausbreitete. In der Mitte stand die Burg.
Eine mächtige Wehranlage mit zwei hohen Türmen. Der Baustil war romanisch. Das hellgraue Gestein bekam durch das Sonnenlicht einen goldenen Glanz.
Ich hielt an.
»Weshalb stoppen Sie?«
»Weil mich der Anblick beeindruckt.«
»Tatsächlich?«
»Ja, ich schwärme für alte Gemäuer.«
Kate lachte. »Wenn Sie näher heranfahren, werden Sie feststellen, daß vieles renoviert werden müßte. Die Burg ist tausend Jahre alt und verfällt langsam.«
Ich gab wieder Gas. Hier oben wehte ein kühler Wind. Die Luft war herrlich klar. Man schmeckte sie beim Einatmen. In der letzten Viertelstunde hatte ich vergessen, weshalb ich überhaupt hergekommen war. Die Erinnerung kehrte zurück. Mein Blick verdüsterte sich, was Kate zum Glück nicht bemerkte.
Mir fiel der weiße Hund wieder ein. Ich fragte Kate nach ihm.
»Ein weißer Hund?« Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, davon weiß ich nichts. Was ist es denn für eine Rasse?«
»Keine Ahnung. Er sieht aus wie ein Schäferhund.«
»Meinen Großeltern gehört er nicht. Das wüßte ich nämlich. Nein, John, den habe ich hier nie gesehen.«
»Ich sah ihn im Tal.«
»Wie kommen Sie denn darauf, daß er hier zur Burg gehören könnte?«
»Er lief in diese Richtung.«
Kate winkte ab. »Ach so. Da kann er unterwegs ja auch Haken geschlagen haben.«
»Sicher.« Ich hatte vor dem Tor gestoppt. Der Begriff Tor war etwas übertrieben. Von den beiden Flügeln waren nur noch Fragmente übriggeblieben.
Wir konnten in den Innenhof schauen. Mächtige Mauern mit offenen Wehrgängen umgaben ihn. Der Wind fiel in den Hof. Er strich über die grauen Steine und die hohen Grashalme, die zwischen ihnen wuchsen. Unkraut hatte alles überwuchert.
Ein Fahrzeug sah ich nicht. »Wie ernähren sich Ihre Großeltern eigentlich?«
»Einmal in der Woche kommt ein Lebensmittelhändler und bringt alles, was die beiden brauchen.«
»Wenn jemand krank wird?«
»Ich weiß es nicht, John.« Kate zog wie fröstelnd die Schultern hoch. »Das ist schon komisch. So hätte ich mir meine Ankunft wahrlich nicht vorgestellt.« Sie lachte plötzlich und legte mir eine Hand auf den Unterarm. »Ob Sie es glauben oder nicht, John, ich bin froh, daß ich Sie bei mir habe. Ehrlich.«
»Hätten Sie sich allein gefürchtet?«
»Auch.« Sie deutete auf den Innenhof. »Im Prinzip hätte man unsere Ankunft bemerken können. Niemand kommt, um uns zu begrüßen, das ist schon komisch.«
»Vielleicht schlafen Ihre Großeltern.«
Ich fuhr in den Innenhof. Das Pflaster war uneben gelegt worden.
Der Jeep schaukelte. Dem Tor gegenüber lag das große Haupthaus.
Ein breiter, trutziger Bau mit kleinen Fenstern. Die beiden Türme links und rechts wirkten wie uneinnehmbare Bollwerke.
»Waren Sie schon in den Türmen?«
»Ja, als Kind.«
»Muß Spaß gemacht haben.«
»Hat es auch.«
Kate war sehr einsilbig geworden. Sie sagte auch nichts, als ich vor dem Eingang des Hauptgebäudes anhielt und die Tür öffnete. »Da wären wir also.«
Kate war neben dem Fahrzeug stehengeblieben und schaute sich um. »Irgend etwas stimmt hier nicht.«
»Wie meinen Sie?«
»Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber hier ist einiges anders. Diese Burg beinhaltet ein Fluidum, das mich abstößt. Als würde etwas hinter den Mauern lauern.«
»Und was?«
»Kann ich nicht sagen. Sie lachen mich jetzt vielleicht aus. Aber Künstler sind sensible Menschen. Ich spüre, daß wir hier nicht willkommen sind. So will ich es formulieren.«
»Es sind Ihre Großeltern, Kate.«
»Trotzdem. Ich habe den Eindruck bekommen, als wären sie überhaupt nicht da. Komisch, wie?«
Ich hob nur
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