0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang
gehen, die ihnen der Sheriff auf Grund meiner Warnung aufbauen konnte. Das war faktisch alles, was ich bisher erreicht hatte. Nicht einmal den leisesten Verdacht auf unseren gesuchten Mörder hatten wir vier bisher auftreiben können. Es war eine Schnapsidee gewesen, dies alles vorzuschlagen. Wenn wir Pech hatten, konnten wir noch in einem Jahr kreuz und quer durch die Staaten trampen, und der Mörder würde immer noch auf freiem Fuß sein.
»Dabei war sie so zart und zerbrechlich«, lallte Tony und noch immer liefen ihm die Tränen in die Bartstoppeln.
»Wer?« fragte ich automatisch, denn von seinen letzten Sätzen hatte ich wieder nichts mitbekommen.
»Meine Mutter«, sagte er.
»Aha«, sagte ich, und die Müdigkeit breitete sich mit bleierner Schwere in mir aus.
»Sie sah aus wie ein Engel«, hörte ich gleichsam wie von fern Tonys weinerlichen Bericht. »Ihr Haar war schwarz und lang bis tief in den Rücken hinab. Sie hätte keiner Fliege was zuleide tun können. Und er hat sie umgebracht. Vor meinen eigenen Augen hat er sie umgebracht…«
Es fehlte nicht viel, und ich wäre aufgesprungen wie elektrisiert. Schlagartig wurde ich wach. Langes, dunkles Haar… zart… umgebracht… Ich sah Tony aus großen Augen an.
»Wer hat sie ermordet?« fragte ich.
»Er! Mein Stiefvater. Als er besoffen aus der Kneipe kam. Zuerst fiel er über mich her, bis ich mich nicht mehr rühren konnte. Ich war sechzehn, damals, und ich dachte, ich würde die nächsten Stunden nicht überleben. Dann ging Mammy mit einem Messer auf ihn los, Weil sie mich schützen wollte. Er lachte nur, legte ihr die Hände an den Hals und lachte und lachte und lachte — als sie längst tot zwischen seinen verfluchten Klauen hing. Und dann nahm er das Messer… er nahm… ich konnte mich doch nicht rühren… er hatte mir den Arm ausgekugelt… und er…«
Tonys Stimme erstarb in einem Schluchzen. Die Sonne hatte alle wärmende Kraft wie am Tage zuvor. Aber auf einmal fror ich.
***
Diana Clenswood traute ihren Augen nicht. Sie war auf die Veranda gelaufen, und jetzt stand auch ihre Mutter neben ihr. Ihr Vater kam aus der Garage gelaufen, und Hank, ihr Bruder, tauchte mit verschwitztem Gesicht aus dem Anbau auf, wo er sein Hobby betrieb und Schiffsmodelle bastelte. Die ganze Familie starrte mit großen Augen auf den Armee-Hubschrauber, der unmittelbar vor dem Hause niederging.
»Er wird vielleicht einen Defekt haben, daß er notlanden mußte«, rief Diana der Mutter zu.
Der Hubschrauber setzte auf, der Lärm des Motors verklang, und ein junger Mann sprang heraus. Durch die Glaskanzel konnten sie den Piloten sehen, der in der Maschine blieb. Der junge Mann kam auf sie zu.
»Guten Tag«, sagte er, als er vor der Veranda angekommen war. »Ich bin Phil Decker, Special Agent des Fßl. Hier ist mein Dienstausweis. Ich suche Miss Diana Clenswood und ihre Eltern.«
»Da sind Sie richtig«, sagte Diana trocken, während sie Phil mit leuchtenden Augen ansah. Es gab also noch richtige Märchen. Da kam ein schicker, junger Mann mit einem Hubschrauber direkt vom Himmel herab, um sie zu besuchen! Und er war sehr gut angezogen, hatte gute Manieren und sah recht gut aus. Und er war ein G-man! Ein richtiger Mann der Bundespolizei! Dianas Herz schlug schneller.
»Ich bin Henry Clenswood. Das ist meine Frau. Das ist Diana und das ist mein Sohn Hank. Kommen Sie mit ins Haus, Mister Decker.«
»Danke.«
Im Wohnzimmer wurde Phil gebeten, Platz zu nehmen. Diana ignorierte alle auffordernden Blicke ihrer Mutter, bis diese schließlich selbst fragte:
»Dürfen wir Ihnen etwas anbieten, Mister Decker? Einen Drink? Oder einen Schluck Kaffee?«
»Später vielleicht, vielen Dank«, sagte er. »Wenn Sie erlauben, möchte ich zuerst meinen Auftrag erledigen.«
»Schießen Sie los, Mister Decker. Wahrscheinlich müssen Sie Diana noch ein paar Fragen stellen wegen dieses Landstreichers, von dem sie seinerzeit überfallen wurde?« mutmaßte Dianas Vater.
Phil schüttelte den Kopf.
»Nein. Eigentlich nicht. Aber ich darf bei der Gelegenheit sagen, wie sehr wir alle Ihr tapferes Verhalten bewundert haben, Miß Diana.«
Diana wurde rot. Aus den Augenwinkeln vergewisserte sie sich, daß ihr Bruder auch alles richtig mitbekommen hatte. Ein richtiger G-man war mit einem Hubschrauber gekommen, um sie zu loben. Vielleicht würde das dazu beitragen, daß ihr Bruder sie in Zukunft nicht mehr wie eine kleine dumme Gans behandelte.
»Es ist nur schade, daß es nicht der
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