051 - Die Sklaven des Vampirs
hier bei Pierre Lacroix , sagte er sich und ging weiter. Vor ihm war jetzt die Wand aus roten Ziegeln. Sie war wohl zur Zeit seines Vaters zugemauert worden. Und dann sah er es. Blut? Nein. Rotwein.
Zwischen den Ziegeln sickerte in Brusthöhe eine dunkelrote Flüssigkeit heraus. In einzelnen dünnen Rinnsalen tropfte und lief sie durch die Fugen, sammelte sich unter einer Kante und tropfte in einen Eimer, der seit einem Jahrzehnt oder seit Kriegsende hier stehen mochte. Der Eimer war voll. Ein haarfeiner Strahl lief über den Rand und versickerte im Lehm und Steinboden des Gewölbes.
Pierre leckte seinen Zeigefinger ab, steckte ihn in den Eimer und wurde von dem Geruch überwältigt, als er sich bückte. Als er den ersten Tropfen dieses Gebräus auf der Zunge spürte, wusste der Winzer eines ganz genau: Er hatte noch niemals einen solchen Wein gekostet. Und ganz sicher war, dass er diesen Wein – einen solchen dicken, berauschenden Wunderwein – nicht hergestellt hatte. Er musste von seinem Vater stammen.
Vor einigen Monaten hatte er in der Verbandszeitung gelesen, welche horrenden Preise für Weine aus diesen Jahren – allerdings mit einem besseren Namen als seinem – bei Versteigerungen erzielt worden waren.
Da muss ein Fass undicht geworden sein , sagte er sich. Er rannte zurück in das Hauptgewölbe, kam mit einem sauberen Probierglas zurück, schöpfte es vorsichtig halb voll, hob es gegen die Lampe, roch daran, kostete den Wein und ließ einen kleinen Schluck in seinem Mund herumrollen.
Der Jahrhundertwein musste alt sein, alt und hervorragend. Vergessen war das Weinpanschen. Vergessen war die Summe, die er sich ausgerechnet hatte. Jetzt musste er herausfinden, was hinter dieser Ziegelwand war. Er trank – diesen Moment gönnte er sich noch – das Probierglas langsam aus und atmete gierig und bewundernd das Aroma des Weines ein. Dann lief er, die Lampe in der Hand, hinaus und den gewundenen Weg entlang, zwischen den nackten Reben, den struppigen Büschen, in denen verlassene Vogelnester wie dicke Klumpen saßen, hindurch, bis hinauf in den Hof. Mit einem dumpfen Knall fiel die Tür hinter ihm zu. In seiner Aufregung vergaß er, die Lampe auszuschalten.
»Ingrid!«, schrie er. »Cherie! Komm schnell! Ich habe eine verrückte Sache entdeckt!«
Er hörte ihre Schritte auf der Treppe, die ins Schlafzimmer hinaufführte. Pierre wartete ungeduldig.
Mit einem Brecheisen schlug er einen Ziegel nach dem anderen aus der Wand. Ein Teil fiel leise polternd nach hinten, in den anderen Raum des Gewölbes. Rechts und links neben der hohen, schmalen Öffnung lagen zerbrochene Ziegel und roter Staub, der mit dem verschütteten Wein eine grau-blutige Paste bildete. Aus dem Loch in der Ziegelwand wehte ein eiskalter Hauch, der ihm den Duft dieses verteufelten Weines zutrug.
»Er muss von deinem Vater gemauert worden sein«, sagte Ingrid. »Warum hat er dir nichts von diesem Keller gesagt?«
»Keine Ahnung«, keuchte Pierre und hieb auf einen Stein ein, der sich knirschend lockerte und auf den Haufen krachte. »Vielleicht hat er es vergessen. Er war ja ein bisschen eigenartig zum Schluss.«
Ingrid trug ihren weißen Pullover und den dunkelroten Rock. Sie sah noch immer wie siebenundzwanzig aus. Jetzt, in der Aufregung, glühte ihr Gesicht, von schulterlangem, schwarzem Haar eingerahmt, wie das eines aufgeregten jungen Mädchens. Noch war die Öffnung nicht groß genug, um Pierre hindurchzulassen. Er kam ins Schwitzen, wurde wütender und ungeduldiger und schlug sich die Knöchel der Hand auf. Ingrid bückte sich, hob eine der beiden Lampen hoch und leuchtete die Kanten des Durchbruchs ab.
»Verdammt kalt dahinter«, bemerkte Pierre und sah, dass er sich hindurchzwängen konnte. »Gib mir die andere Lampe!«
Er schlug noch einige Steine ab, dann hob er den zweiten Scheinwerfer hoch und fasste Ingrid an der Schulter.
»Wenn wir diesen Wein verkaufen – Tausende, sag ich dir«, murmelte er. »Es muss ein Fass sein.«
Er leuchtete in den Raum dahinter. Der weiße Lichtkreis huschte über den staubigen Boden, erfasste Böcke, in denen uralte Fässer standen. Undeutlich sah Ingrid, die sich schwer auf Pierre lehnte, über seine Schultern in einen Gang, der in Kopfhöhe ein lang gestrecktes Gewölbe umlief. Auch dort standen alte Fässer. Eines davon musste undicht geworden sein.
»Wein! Alles voller Wein!«, stöhnte Pierre auf und drehte sich um. Seine Augen leuchteten. Er fasste nach seiner Frau.
Sie presste
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