0512 - Der lachende Tod
Lafitte auf die kleinen Meldungen aufmerksam geworden war? Wenn, dann war es ein Glücks-Zufall! Es mußte eine diabolische Macht ihre Klauen im Spiel haben.
Und deshalb spürte Teri dieser Sache jetzt nach, so wie Nicole sich nach Griechenland begeben hatte, weil dort ein unheimlicher Blutsauger seine Todesspur hinterließ. Teri hatte Frankreich übernommen, weil sie sicher war, mit ihren druidischen Fähigkeiten in diesem Fall besser ermitteln zu können, der rätselhafter war als die Vampirspur.
Dieses kleine Dorf lag auf der Route, die der unheimliche Mörder benutzte. Wenn er nicht im letzten Moment eine vorhergesehene Kursänderung machte, wie er es schon einmal bei Verdun getan hatte, nachdem er erst stur in nördlicher Richtung gewandert war, dann mußte er durch diesen kleinen Ort kommen. Und deshalb war Teri hier aufgetaucht, um ihn abzufangen.
Unsichtbar oder nicht, sie war mit ihren Para-Kräften in der Lage, ihn aufzuspüren, sobald er erschien. Und sie war bereit, alles zu tun, um dieser Mordserie ein Ende zu bereiten.
Sie schlenderte die Straße entlang, sah sich um wie eine Touristin und war froh, daß niemand sich über ihr plötzliches Auftauchen wunderte. Daß sie per zeitlosem Sprung mitten auf der Hauptstraße des Dorfes erschienen war, hatte sie so nicht geplant. Es war eine der kleinen Abweichungen, die stattfinden konnten, wenn sie nur einen sehr vagen gedanklichen Eindruck von ihrem Ziel hatte. Aber offenbar hielten die Menschen, die ihr Erscheinen gesehen hatten, es für eine Art Halluzination. Weil niemand aus dem Nichts erscheinen konnte, war es auch nicht so gewesen, sondern man hatte Teri vorher nur einfach nicht beachtet.
Der typische Veränderungs-Effekt der Menschen.
Teri spürte, daß sie verfolgt wurde. Als sie sich umsah, entdeckte sie die Katze, die ihr auf lautlosen Samtpfoten folgte; der Bonsai-Tiger wollte weiter gestreichelt werden. Teri lächelte. »Glaub nur nicht, daß das eine feste Beziehung wird«, sagte sie. »Du könntest bitter enttäuscht werden, spätestens, wenn du erfährst, daß ein Wolf zu meinen besten Freunden gehört.«
»Miau«, erwiderte die Katze gelassen und strich an Teris Beinen entlang.
Teri bückte sich, streichelte das Tier und zupfte es leicht am Schweif. Die Katze warf ihr einen absolut empörten Blick zu, hob die Pfote zum Jagdhieb, schnurrte aber dann sofort weiter. »He«, sagte Teri. »Du und ich, das wird nichts. Ich bin eine Vagabundin zwischen den Welten und du die staatlich geprüfte Obermäusevertilgerin dieses Ortes. Unsere Wege werden sich wieder trennen.«
»Miau«, verneinte die Katze. Sie ging dann tatsächlich ein paar Schritte zur Seite, sah sich nach Teri um und gab schnurrende Laute von sich, kam wieder zu der Druidin, stupste sie an, lief ein paar Schritte, schnurrte wieder…
Verwundert über dieses deutliche Lockverhalten stellte Teri sich auf den Bewußtseinsinhalt der Katze ein. Im gleichen Moment, als der telepathische Kontakt zustande kam, spürte sie eine Welle der Erleichterung, die von der Katze ausging. Erleichterung darüber, daß die Druidin endlich begriffen hatte, wie die Kommunikation zwischen Mensch und Katze Zustandekommen konnte, und Erleichterung darüber, die Warnung anbringen zu können. Warnung?
Es waren Bilder. Gäbe es eine Möglichkeit, sie in Worte zu fassen, hätten diese Worte sinngemäß etwa gelautet: Gefahr nähert sich dir. Du stirbst, wenn du nicht gehst. Geh mit mir und lebe. Gehe von mir und begegne dem Tod. »Was ist das für eine Gefahr« flüsterte Teri. »Der Tod? Mein Tod? In welcher Gestalt zeigt er sich mir? Und woher weißt du davon?«
Sie begriff es schneller, als ihr lieb war; die Katze vermochte Zukunftsaspekte wahrzunehmen. Sie spürte die Gefahr, ohne genau zu wissen, worum es sich dabei handelte. Ein eigenartiges Ahnen… Teri erinnerte sich an Erzählungen, nach denen Katzen oder Hunde ihre Menschen durch ihr aufgeregtes Verhalten erfolgreich vor Todesgefahr gewarnt hatten. Vielleicht war es hier ähnlich…?
Aber zwischen ihr und der Katze gab es doch keine innige Beziehung. Sie hatten sich doch nur flüchtig kennengelernt. Wie konnte das Tier da in ihre unmittelbare Zukunft schauen?
Teri überlegte, ob es nicht interessant sein konnte, sich um diese tierischen Ahnungen zu kümmern, sie zu erforschen. Nicht nur in diesem speziellen Fall, sondern überhaupt. Warum erkannten Tiere Dinge, die den menschlichen Sinnen verschlossen blieben?
Wieder lockte die Katze.
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