0512 - Hard-Rock-Zombie
Kreissäge, wenn sie in Metall fuhr. Das Gesicht Diabolos veränderte sich dabei. Er riß den Mund so weit auf, daß es fast nur mehr aus Maul bestand, und er wollte den nächsten Akkord anschlagen.
Durch die Masse der Skinheads lief ein Zucken. Sie waren bereit, die Botschaft aufzunehmen.
Der Akkord dröhnte auf.
Nur anders, als es sich alle Versammelten hier vorgestellt hatten, einschließlich Suko und mir.
Es war kein Gitarrenklang, dafür aber das hämmernde Stakkato einer Maschinenpistole…
***
Der Schütze hockte auf dem Dach, neben dem offenen Fenster, durch das der graue Nebel in die Scheune kroch und sich unter der Decke verteilte, bevor er tiefer sank.
Die lange Garbe aus der MPi fegte in die Halle, und sie fetzte schräg in den Boden, wo die Kugeln lange Splitter hervorrissen, dann weiterwanderten und schon als deformierte Querschläger gegen die Wände schlugen.
Es war Aristide!
Suko und ich schauten hoch. Es war dunkel, der Schein des Feuers reichte kaum bis zur Decke, dennoch erkannten wir den einsamen Rächer, der sich anders hingesetzt hatte und jetzt zusammen mit der Mündung seiner Waffe in die Tiefe schaute.
»Ich bin daaa…!« brüllte er. »Ihr habt mich vergessen gehabt, ich euch aber nicht! Ich bin da. Diese Nacht wird eine besondere, da habt ihr schon recht. Aber ich diktiere hier, was geschieht. Ihr werdet sie niemals vergessen, falls ihr noch lebt!«
Selbst die Skinheads waren ruhig geworden. Sie konnten es nicht begreifen. Sie saßen vor dem Feuer, schauten einander an, wollten etwas tun. Eine nächste Salve, diesmal kürzer und näher gezielt, erstickte ihre Aktionen schon im Keim.
»Bleibt sitzen!« brüllte Aristide von oben herab. »Bleibt nur ruhig sitzen. Ich will einen anderen – Tiger Diabolo!«
Auch der vom Teufel geschickte hatte die Stimme vernommen. Er ging ein kleines Stück zurück, legte den massigen Kopf in den Nacken und starrte in die Höhe.
»Ja!« rief Aristide. »So ist es gut. Bleib so nur stehen, da habe ich dich vor der Mündung!«
»Du kannst ihn nicht töten!« schrie der Stimmbruch-Skinhead.
»Das schaffst du nicht!«
»Es ist allein meine Sache, ob ich das kann oder nicht. Aber ich habe Mitleid mit euch erbärmlichen Kreaturen. Ich will euer Leben schonen, ihr könnt nichts dazu. Deshalb hört meinen Ratschlag. Steht auf und verlaßt die Halle. Setzt euch auf eure Feuerstühle und fahrt davon. Hier wird gleich die Hölle losbrechen, und ich kann für nichts garantieren.«
Das konnte Aristide sicherlich nicht. Er hatte die Skinheads gewarnt, es sogar noch gut gemeint, nur war er bei ihnen an die Falschen geraten. Sie würden gerade jetzt, wo sich Tiger Diabolo endlich zum Greifen nahe befand und ihnen alles Versprochene geben wollte, keinen Rückzieher machen. Auch nicht vor der Mündung einer Maschinenpistole.
Ähnlich dachte auch Suko. »Das geht nicht gut aus, John!« wisperte er.
»Verdammt, das wird haarig.«
»Siehst du eine Lösung?«
»Ja, wir müssen Aristide stoppen.«
»Und die anderen?«
»Keine Ahnung, wie du das bewerkstelligen willst. Kümmere du dich um Aristide. Ich werde mich mal ein wenig umsehen.« Bevor ich noch etwas erwidern konnte, war Suko schon in die Dunkelheit abgetaucht.
»Ihr überlegt noch?« brüllte Aristide von oben herab. »Ist euch euer Leben so wenig wert?«
»Du kannst uns nichts!« schrie der Anführer der Skinheads zurück. »Du nicht, verdammt!«
»Was bist du doch für ein hirnloser Narr! Schau doch mal, wie euch der Hard-Rock-Zombie zur Seite steht. Überhaupt nicht. Er rührt sich nicht. Er wird gleich vernichtet. Aber ihr habt es nicht…«
»Aristide!« Mein lauter Ruf gellte in seine Worte.
Er verstummte.
Jetzt trat ich vor. Auch die Skinheads hatten mich gehört. Bisher war allein der Hard-Rock-Zombie für sie interessant gewesen, jetzt stand ich plötzlich da, und auf ihren Gesichtern malte sich der Unglaube nebst einem gewaltigen Staunen ab.
Auf dem Dach begann Aristide lauthals zu lachen. »Sinclair!« brüllte er dann nach unten. »Ausgerechnet Sinclair. Ich hätte es mir denken können. Was hat dich hergetrieben?«
»Unter anderem Sie!«
»Wie nett!«
»Was haben Sie gegen Tiger Diabolo? Weshalb jagen Sie ihn mit einer so persönlichen Wut?«
»Sie wissen doch, wer er ist!«
»Ja, ein Untoter!«
»Sehr richtig. Einer, der einmal gelebt hat, Sinclair. Der dann keine Perspektive mehr sah oder sehen wollte, wie viele in seinem Alter, wie die Skinheads. Er entschied sich
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