0513 - Die Hexenfalle
diesem Weg noch wesentlich größere Schwierigkeiten gehabt hätte. Er lag zwar breiter und schwerer auf der Fahrbahn, aber auf diesem unsicheren Boden mochten die Räder schon einmal durchdrehen und sich im Matsch festfressen.
Zamorra warf einen kurzen Blick in den Innenspiegel. Fenrir hatte sich aufgerichtet. Sein Stirnfell wellte sich; er legte die Ohren zurück und fletschte die Zähne. Ein leises Knurren entrang sich seiner Kehle.
»Was ist los?« fragte Zamorra, nahm den Fuß vom Gas und kuppelte aus.
Im gleichen Moment warf sich Fenrir über die Sitzlehne nach vorn und zerbiß Zamorras Genick.
***
Die Hexe rieb sich die Hände. Zufrieden betrachtete sie den zweiten Unterarm, den sie zu den anderen Teilen aut das Samttuch legte. Sie fügte die Hände an die Gelenke.
»Du glaubst doch nicht im Ernst, daß das was wird«, krächzte der Rabe. »Gib den Kram lieber uns beiden. Wir sind immer hungrig.«
Die Katze hob gelangweilt den Kopf. »Was verstehst du schon von Magie? Gib nur nicht so an, bloß weil zwei von deinen Artgenossen dem großen Odin ihre Augen leihen dürfen.«
Der Rabe krächzte verachtungsvoll.
Die Katze schloß die Augen.
Die runzlige Alte strich über Unterarme und Hände, die zusammenzuwachsen begannen. Ihre pergamentenen Lippen verzogen sich, legten die fauligen Zähne frei.
Bisher war sie mit ihrem Tun und ihren Erfolgen zufrieden.
***
»Was ist los?« fragte Zamorra. Im nächsten Moment schrie er auf und sackte zur Seite weg. Fenrir sprang auf. Zamorras Kopf war gegen die Fahrertür geneigt, seine Hände sanken schlaff nach unten.
Der Wolf begriff nicht, wie das möglich war. Aber er sah, daß der Wagen jetzt steuerlos rollte. Direkt auf einen Baum zu, vor dem der Weg eine Kurve machte. Fenrir zwängte seinen großen Wolfskörper hastig zwischen den Sitzlehnen nach vorn auf den Beifahrersitz. Seine Fänge schnappten das Lenkrad, bewegten es. Der Wagen glitt zur Seite, aber kaum ließ Fenrir das Lenkrad los, als die Rückstellkraft es wieder in Geradeausstellung zwingen wollte. Er mußte erneut zupacken. Der Wagen rutschte haarscharf an dem Baum vorbei, wurde jetzt langsamer. Zamorras letzte Reaktion, den Gang herauszunehmen, erwies sich jetzt als rettend. Der BMW wurde vom erhöhten Wegrand abgebremst und kam im Matsch zum Stehen, ohne daß etwas passierte.
Verwirrt starrte Fenrir Zamorra an. Warum war der große Freund plötzlich umgekippt und hatte die Besinnung verloren? Fenrir stupste ihn mit der feuchten Wolfsnase an. He, was ist mit dir los? Du kannst doch nicht einfach hier mitten im Wald dein Nickerchen halten! Am Ende kommt der böse Wolf und… ähem… frißt dich auf wie Rotkäppchen und die Großmutter …
Er stieß Zamorra abermals an. Da endlich öffnete der Dämonenjäger die Augen.
Im nächsten Moment fuhr sein Arm herum. Mit fürchterlicher Wucht traf er den Kopf des Wolfs, der schrill aufheulte vor Schmerz und instinktiv nach Zamorras Arm schnappte. Scharfe Zähne bohrten sich durch Stoff in Haut. Im nächsten Moment ließ Fenrir schon wieder los. Bist du wahnsinnig? telepathierte er. Was soll der Unsinn ?
Zamorra stöhnte auf. Er schüttelte sich, griff nach seinem verletzten Arm. »Eh…? Was war das?«
Du hast nach mir geschlagen. Hättest mir fast das Genick gebrochen, stellte der Wolf klar. Tut mir leid, daß ich zubeißen mußte. Das war Notwehr, mein Freund.
Zamorra seufzte und löste den Sicherheitsgurt. »Du hast mir das Genick durchgebissen«, sagte er.
Ich habe nach deinem Arm geschnappt, sonst nichts. Hätte ich dein Genick erwischt, wärest du ja wohl tot. Dann täte dir jetzt auch dein Arm nicht mehr weh.
»Da ist was dran«, gestand Zamorra. Er schaltete den Motor ab und sah Fenrir an. »Ich war sicher, du hättest mich angegriffen.«
Hast du das öfters? fragte Fenrir sarkastisch.
»Seit ein paar Stunden«, erwiderte Zamorra leise. Er erzählte dem Wolf von den Visionen.
Fenrir schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. Und in diesem Zustand fährst du Auto? Komm, laß lieber mich ans Lenkrad.
Zamorra sah ihn verblüfft an.
Ja, was glaubst denn du, wer vorhin dafür gesorgt hat, daß du deine Bonzenschleuder nicht frontal gegen einen Baum gesetzt hast?
Der Parapsychologe seufzte. »Wahrscheinlich muß ich mich bei dir bedanken. Ich rufe Nicole an. Sie soll sich herbringen lassen und den Wagen übernehmen. Es ist besser, wenn ich selbst erst einmal nicht mehr fahre. Komisch, daß ich da vorhin überhaupt nicht mehr dran gedacht
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