052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde
war ein Umstand, der dies zunichte machte: Er hatte es
plötzlich mit zwei Gegnern zu tun!
Paul, das rauschgiftsüchtige Faktotum im Hause Blanche, kam zu sich. Wütend
kam er auf die Beine, griff mit unsicherer Bewegung nach der Eisenstange, mit
der er den Sargdeckel aufgebrochen hatte, und schlug blitzschnell damit nach
Larry Brent, der ihm den Rücken zudrehte.
X-RAY-3 sah im letzten Augenblick den Schatten. Er warf sich herum, griff
geistesgegenwärtig in die niedersausende Stange und riss den Angreifer mitsamt
der Stange nach vorn. Paul wurde durch den Schwung direkt auf Larry Brent
zugeschleudert. X-RAY-3 machte mit dem Burschen kurzen Prozess. Er drehte ihm
die Stange aus der Hand und warf sie zu Boden, dass es wie Donner durch das
Labor hallte. Paul versuchte, seinen Widersacher mit bloßen Händen anzufallen.
Aber das misslang ihm bei dem kampferfahrenen und mit allen Tricks der Aikido-
und Taekwondo-Technik vertrauten Spezialagenten. Larry wirbelte seinen Gegner
mit einem blitzschnellen Drehgriff herum. Paul schrie auf wie am Spieß, als ihm
der rechte Arm ausgekugelt wurde.
Mit voller Wucht schleuderte Brent den Mann von sich, um die Hände für
Morron frei zu haben, der das Weite suchen wollte.
Er stieß Paul gegen die Brust. Das Faktotum taumelte zurück, riss ein Regal
mit sich und stürzte genau gegen das Glasbassin, in dem eine Leiche schwamm.
Das dünne Glas zerbarst. Paul fiel kopfüber in die bläulich-grüne Flüssigkeit,
die sich sofort flutartig über den ganzen Raum ergoss. Die Leiche fiel auf den
Boden ...
Paul blieb reglos halb in der Glaswanne liegen und rührte sich nicht mehr.
Dünne Blutläden liefen über seine Unterarme und sein von Scherben aufgekratztes
Gesicht.
» Stehenbleiben !« Mit Donnerstimme
schrie Larry Brent durch die Leichenkammer.
Morron stand vor der Tür, mit fahrigen Händen versuchte er den Schlüssel
umzudrehen.
Da riss X-RAY-3 seinen Smith & Wesson Laser heraus. Er drückte ab,
zielte aber nicht auf den Mann, sondern auf die schwere Klinke an der Tür, nach
der er gerade griff.
Zwei, drei nadelfeine Strahlen grellten auf und zuckten lautlos durch das
dämmrige Labor.
Morron schrie auf, als würde man ihn am Spieß braten. Die Klinke wurde im
Bruchteil einer Sekunde glutflüssig, und zwar genau in dem Augenblick, als der
Verbrecher seine Hand daran legte.
Die Haut in der Handinnenfläche schmorte an. Morron zog sie zurück und
taumelte schmerzgepeinigt an die Wand. Wie ein Schemen tauchte Larry Brent
neben ihm auf und riss ihm beide Hände auf den Rücken.
»Ich sagte doch: das Spiel ist aus , Morron ! Mein Plan konnte nicht schief
gehen. Ich hätte eher in Paris sein sollen und über einige Dinge Bescheid
wissen müssen, dann wäre Ihnen schon früher das Handwerk gelegt worden!«
Schweiß stand auf seiner Stirn. Er hatte sich auf ein gefährliches Spiel
eingelassen, er hatte hoch gesetzt – und er hatte nicht verloren ...
Larry Brent verständigte Kommissar Lecquell und sorgte dafür, dass die
betäubte Michele Claudette in ein Krankenhaus geschafft wurde, ehe sie hier in
dieser Schreckenskammer mit den Leichenteilen aufwachte und einen Schock
erlitt.
Morron alias Sarde wurde abtransportiert. Bleich und wächsern war sein
Gesicht. Er sagte kein Wort, als man ihm Handschellen anlegte. An der Tür
jedoch verharrte er plötzlich in der Bewegung, drehte sich um und sah Larry
Brent hasserfüllt an.
»Sie haben mehr zerstört, als Sie wissen! Aber Sie haben im Grunde genommen
nur eine Sache aufgehalten, die weitergehen wird, Brent! Sanders' Schriften –
sie sind gut verborgen !«
Larry Brent erwiderte den Blick seines Widersachers.
»Irrtum, Morron! Ich werde jeden Winkel hier durchsuchen, bis ich die
Papiere finde! Und ich werde sie finden, darauf können Sie sich verlassen! Die
Schriften eines Wahnwitzigen werden nicht noch einmal in falsche Hände gelangen
...«
Während er das sagte, dachte der PSA-Agent an die alte Blanche. Sie musste
einiges wissen, und sie musste man suchen. Morron, nach Blanche gefragt, hatte
beharrlich geschwiegen. Und das gab dem PSA-Agenten zu denken.
●
Das Problem klärte sich durch einen Telefonanruf, der ihn erreichte, als er
noch im Haus der Prostituierten gemeinsam mit Lecquell und seinen Leuten nach
Unterlagen suchte. Sie fanden viele Aufzeichnungen, aber sie waren nicht
vollständig.
Iwan Kunaritschews Anruf gab ihm Kenntnis davon, dass in der Statue des Afrikaners , die der Russe im
Haus in Alness
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