052 - Großfuß
Berufungsinstanzen und diesen Ausflüchten wegen Verrücktheit oder unbewußten Handelns unter fremder Suggestion können Sie nie sicher sein, daß Sie Ihren Mann wirklich haben, bevor er am Galgen hängt!«
Er ließ den armen Arzt im ungewissen, ob er betrunken war oder unter einem Sonnenstich litt.
Super brauchte sich dem Sergeanten der Polizeiwache von Marylebone Lane nicht vorzustellen und verschaffte sich ein Interview mit dem diensttuenden Beamten, indem er einfach ins Büro ging und die Tür hinter sich schloß.
»Ich möchte einen Beobachtungsposten vor der Klinik Weymouth Street 59 haben«, sagte er. »Dort liegt ein Mitglied der amerikanischen Botschaft mit Namen Leigh. Hier habe ich Ihnen eine Liste von Leuten aufgestellt, die ihn nicht besuchen sollen.«
Bei diesen Worten legte er ein Schriftstück auf den Schreibtisch.
»Ich habe der Vorsteherin gesagt, daß man ihm keine Nahrung geben soll, die nicht aus der Küche des Krankenhauses kommt. Keine Konfitüren, Bonbonnieren, Schokoladen, Trauben oder andere Früchte, die ihm von guten, anhänglichen Freunden geschickt werden. Ich verlange von Ihrem Polizeibeamten nur, daß er aufpaßt, daß niemand nach Einbruch der Dunkelheit in das Haus geht.«
Er erklärte dann weitläufig die Wichtigkeit der Aufgabe. Die meisten Poliziinspektoren hätten das Auftauchen eines ›Fremden‹ von einem anderen Polizeibezirk als eine Beleidigung empfunden und wären bei seinem entschiedenen Ton stutzig geworden. Aber Super war eben Super. Es gereichte ihm zu großer Genugtuung, daß man versprach, seine Anordnungen auszuführen.
Nachdem er diese Arbeit getan hatte, konnte er sich den Luxus eines freundschaftlichen Besuches bei Jim Ferraby wohl erlauben. Sein Gedächtnis für die Gewohnheiten und charakteristischen Eigenheiten seiner Freunde war so groß, daß er gleichzeitig mit Jim auf der Treppe zu dessen Klub auftauchte.
Jim stürzte sich beinahe auf ihn, um neue Nachrichten zu erhalten.
»Ich versuchte den ganzen Morgen, Sie zu treffen. Miss Leigh berichtete mir telefonisch von der großartigen Neuigkeit. Aber seit der Zeit konnte ich nicht mehr mit ihr in Verbindung kommen. Dieser Landstreicher ist ihr Vater? Es scheint doch kaum möglich zu sein!«
»Ich stelle selten Theorien auf, aber wenn ich etwas vermute, so ist es fast sicher und nie unmöglich. Ich hätte Sie gern besucht, aber dann hätte ich im Restaurant essen müssen, und das ist sehr teuer. Deshalb zog ich es vor, Sie in Ihrem Klub aufzusuchen. Man ißt hier ebensogut, wenn nicht besser.«
Erst nachdem sie das Essen beendet hatten und beim Kaffee im Rauchzimmer saßen, begann Super zu sprechen.
»Das spanische Lied an und für sich konnte mir noch keinen Aufschluß geben, obgleich ich mir sofort sagte, daß dieser Vagabund anders als alle anderen war. Ich verfolgte seine Spur und erhielt überall aus dem Lande durch die lokalen Polizeibehörden Nachrichten über ihn. Ich entdeckte, daß er sehr wohl bekannt war. In Canterbury hatte er sogar wegen Landstreicherei eine Woche im Gefängnis gesessen. Ich wundere mich nur, daß der Gefängnisarzt nicht sah, daß er nicht recht bei Verstand ist. Als Sie mir aber letzten Sonntag die Nachricht von den Eiern und den Kartoffeln brachten, die auf der Türschwelle seiner alten Wohnung niedergelegt wurden, war mein Interesse geweckt. Meiner Meinung nach konnte das nur eins bedeuten, nämlich, daß jemand, der Miss Leigh gern hatte, diese kleinen Gaben niederlegte. Aber er wußte nicht, daß sie nicht mehr in dem Hause wohnte. Es konnte also nur jemand sein, der die verrückte Idee hatte, daß sie bitterste Not litt. Und der einzige, der so fühlen konnte, war ihr Vater. Ich besuchte die junge Dame also, und es war keine große Mühe, den Landstreicher zu identifizieren. Die Ärzte glauben, daß eine Operation ihn wieder völlig heilen wird, und dann werden wir sehr viele romantische Dinge erfahren, von denen Sie sich überhaupt nichts träumen lassen.«
»Was denn?« fragte Jim.
»Erinnern Sie sich nicht an den Stadtrat von Brixton, von dem ich Ihnen erzählte?« Jim nickte.
»Das war ein ganz minderwertiger Bursche.«
»Was war denn mit ihm?« fragte Jim.
»Nichts«, erwiderte Super ausweichend. »Ich wollte nur wissen, ob Sie sich auf meine Äußerung von damals besinnen können.«
»Was hat der aber mit dem Landstreicher zu tun?«
»Sehr viel - auch mit der Ermordung Hanna Shaws. Bitte, achten Sie darauf, was ich Ihnen jetzt sage. Dieser Brixton
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