0520 - Unter Parazwang
näher. Die Körper schienen so weich wie warmes Wachs zu sein. Immer wieder knickten die Beine der Tiere ein, aber sie ließen ihre Opfer nicht aus den Augen. Ihre Mäuler waren geöffnet; deutlich sah Patulli in der Mitte der Oberkiefer je einen langen, leicht gekrümmten Zahn, aus dem eine violette Flüssigkeit tropfte.
Trotz der Bedrohung konnte Lokoshan nicht umhin, die Giftzähne der Drachen unwillkürlich mit Guckys Nagezahn zu vergleichen. Die äußere Ähnlichkeit erheiterte ihn so sehr, daß er sich vornahm, dem Mausbiber bei Gelegenheit davon zu berichten.
Bis ihm klar wurde, daß er wahrscheinlich niemals einen Bericht über dieses Erlebnis geben konnte, weil es sein letztes in diesem Leben sein würde.
Doch seine Todesfurcht schwand. Etwas an diesen Drachen wirkte beruhigend. Patulli Lokoshan fühlte auf einmal rein akademisches Interesse an diesem Vorgang.
Es war eine bedeutende wissenschaftliche Entdeckung, die sie hier machten. Die Marschiere-Viel waren also Eierleger, und ihre Nachkommen wurden als Drachen „geboren". Es mußte ungeheuer interessant sein, die weitere Metamorphose bis zur Endform zu verfolgen.
Aber vielleicht waren die Marschiere-Viel gar nicht die Endform.
Vielleicht verwandelten sie sich nach Jahren unermüdlicher Märsche rund um ihren Planeten. In was konnten sich solche Ungetüme verwandeln?
Major Lokoshan lächelte träumerisch, als einer der Drachen ihn erreichte und ihm seinen Giftzahn in den rechten Unterschenkel bohrte. Der Zahn ging durch das widerstandsfähige Material des Raumanzuges wie durch Butter. Als er herausgezogen wurde, schloß sich das winzige Loch selbsttätig, so daß nur eine geringe Menge der Atmosphäre entwich.
Plötzlich fühlte sich Lokoshan federleicht. Eine imaginäre Hand entführte ihn - und im nächsten Augenblick sah er sich selbst.
Er peitschte mit dem Schweif über den Höhlenboden, blinzelte mit seinen drei Augen und öffnete erneut den Rächen, um seine nun nutzlose ehemalige Hülle zu verschlingen.
Eine Bewegung am Höhleneingang ließ ihn zögern.
Ein neues Opfer war gekommen, ein kleines nacktes Lebewesen, dessen Haut wie schwarzer Lack glänzte, mit kugelförmigem Kopf, eiförmigem Rumpf, Beinen und Armen, die aus den beiden Kopfseiten wuchsen.
Das Wesen erinnerte ihn an etwas, doch dann meldeten sich seine Instinkte mit unwiderstehlicher Gewalt, und er öffnete abermals den Rachen.
Im nächsten Moment starrte Patulli Lokoshan in den offenen Rachen eines Drachen. Mit einem Aufschrei wich er zurück, doch der Drache rührte sich nicht. Es schien, als sei er mitten in einer Bewegung zu Stein erstarrt.
„Der Seelenfresser ist nur gelähmt, Patulli", sagte eine helle Stimme in Lokoshans Rücken.
Er fuhr herurn und erblickte eine kleine, etwa vierzig Zentimeter große Gestalt mit kugelrundem Kopf und eiförmigem Rumpf. Die Haut des Wesens glänzte wie schwarzer Lack, und die Arme wuchsen an den Kopfseiten heraus.
Ein Roboter...?
„Wer bist du?" fragte der Kamashite. Es kam ihm vor, als hätte er das Wesen schon einmal gesehen - durch drei Augen hindurch.
„Ich bin Lucky Log, ein Roboter", antwortete die Gestalt.
„Gedulde dich noch ein wenig, mein Meister, ich muß erst noch die Seele deines Freundes retten."
Er drehte den Kopf nach rechts.
Patulli folgte der Blickrichtung und sah die reglose Gestalt Bossa Covas vor einem Drachen stehen. Soeben richtete sich das Tier auf und öffnete den Rachen.
Der Kamashite schrie - und im nächsten Augenblick bewegte sich Cova von dem Tier fort. Die anderen Drachen waren inzwischen näher gekrochen. Plötzlich aber hielten sie an, drehten ihre Köpfe und schienen etwas zu suchen. Dann krochen sie in verschiedene Richtungen davon.
Der seltsame Roboter lachte leise und sagte: „Da bin ich ja gerade zum rechten Zeitpunkt gekommen, Patulli, Herr und Meister."
Dem Kamashiten fiel es wie Schuppeh von den Augen. Er starrte den schwarzglänzenden Roboter an und schluckte vernehmlich. Mit einemmal wußte er, woran ihn die Form Lucky Logs erinnerte.
„Du bist... Lullogs... wahres. Ich?" stammelte er. „Ein Roboter?"
„Ein Psi-Roboter, Patulli. Einst war ich Guckys Freund, aber im Jahre 2404 verschmolz ich während eines Einsatzes in der Vergangenheit mit dem Zeitauge Angakok. Erst nach mehr als tausend Jahren lösten wir uns voneinander, aber schon lange vorher gelang es mir, meine Sextadimenergie in den dreidimensionalen Raum und in eure Normalzeit zu projizieren.
Als Großer
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