Alphacode Höhenflug
PROLOG
Die Explosionen, mit denen die sieben Köcher des PSI-Kokons aufplatzten, erfolgten so dicht hintereinander, daß sie wie ein einzelner Knall wirkten.
Orgon Yuuhl, der die Kontrollinstrumente seit der Mittagspause beaufsichtigte und still vor sich hingedöst hatte, zuckte zusammen und griff instinktiv nach der Waffe. Als er aufsprang, glitten bereits die stählernen Tore des seuchensicheren Bunkerraumes auf. Die Ärzte stürmten wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm herein.
Allen voran eilte Dr. Katnang. Er umfaßte Yuuhl, die Kontrollen und den PSI-Kokon mit einem Blick und stieß mit schriller Stimme hervor:
»Was, zum Teufel, ist geschehen?«
Yuuhl grinste; die einzige Reaktion, zu der er im Augenblick fähig war.
»Er weiß überhaupt nicht, was los ist!« schrie Greyermann, ein Schweizer Biologe, der erst vor einigen Wochen nach Taschi Gomba gekommen war.
Die Ärzte hatten einen Halbkreis um die aufgeplatzten Köcher gebildet und starrten auf die sieben nackten Körper, die um diese Zeit eigentlich im Tiefschlaf liegen sollten.
Der Prozeß des Erwachens hätte erst in dreizehn Stunden beginnen sollen, von den Ärzten und Wissenschaftlern des Schulungszentrums kontrolliert. Daß er ohne Zutun der Campbewohner bereits jetzt begann, war ebenso ungewöhnlich wie erschreckend.
Yuuhl trat hinter die Ärzte, um die Köcher besser beobachten zu können. Es waren mit weicher Schaumstoffmasse ausgelegte Nischen, drei und drei übereinander, mit Röhren und Kabeln verbunden.
Sie waren in einem ovalen Großbehälter eingelassen, dessen strahlenundurchlässige Verkleidung wie ein hellgelbes Gespinst aussah. Deshalb – und weil seine sieben Insassen zu positiven Mutanten ausgebildet werden sollten – nannten die GAS-Wissenschaftler die Konstruktion »PSI-Kokon«.
Das Erwachen der Schüler erfolgte im Gegensatz zu früher mit atemberaubender Schnelligkeit. Es war kein Hinübergleiten vom Schlaf in die Wirklichkeit, sondern ein abrupter Wechsel von einer Bezugsebene in die andere.
Die Körper zuckten, als stünden sie unter Strom. Die Augen waren aufgerissen und extrem verdreht, daß nur das Weiße sichtbar blieb. Die Lippen waren blutleer und wie unter Schmerzen zurückgezogen, so daß die Zähne, ähnlich wie bei Totenschädeln, zum dominierenden Bestandteil der Gesichter wurden.
Yuuhl fragte sich bestürzt, welcher Faktor dieses grausige Mienenspiel ausgelöst haben mochte.
Er, der stets realistisch und nüchtern denkende Leutnant, begann sich zu fragen, ob hier vielleicht Mächte im Spiel waren, die zu begreifen er überhaupt nicht imstande war.
Den Ärzten erschien es nicht anders zu gehen, denn Yuuhl hörte Dr. Katnang entsetzt aufstöhnen und einen der anderen Wissenschaftler leise sagen:
»O mein Gott!«
Sonst war es still. Die nackten Körper der Schüler bewegten sich wie bei einer Pantomime des Grauens.
Die Wissenschaftler schienen von diesem Anblick gebannt zu sein. Ihre Ratlosigkeit war jedoch angesichts der Spontanität des Ereignisses nur zu verständlich.
Das Summen der Videophonanlage wirkte auf Yuuhl wie eine Erlösung. Er wandte sich um und schaltete das Gerät auf Empfang. Auf dem Bildschirmteil wurde zunächst das Symbol des GAS sichtbar. Nachdem es verblaßt war, erschien ein feingeschnittenes Gesicht, das Orgon Yuuhl nur allzu bekannt war.
»Katnang! Sofort!« forderte Huang Ho-Feng, der Chef des GAS-Geheimdienstes.
Er war einer jener Männer, die ihre Befehle so aussprachen, daß man gar nicht auf den Gedanken kam, die Ausführung zu verzögern.
Katnang hatte bereits reagiert und war hinter Yuuhl getreten.
»Woher
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