0521 - Teufels-Pferde
rannen hinein, und er schloß sie sofort wieder.
»Schlaf nicht weiter, verdammt!«
Suko wollte auch nicht schlafen, er fühlte sich nur ungemein elend.
»Willst du nicht reden?«
Suko kannte zwar die Stimmen seiner Peiniger, er wußte trotzdem nicht, wer von den dreien gesprochen hatte. Alles war anders geworden. Sie standen zwar vor ihm, nur nicht so, wie er sie in einem normalen Zustand gesehen hätte.
Die Gestalten liefen ineinander. Aus drei Köpfen wurde einer, der aufgeblasen wie ein blasser Gummiballon wirkte. Suko versuchte zu sprechen.
Es klappte nicht so recht, weil seine Lippen angeschwollen waren.
»Sollen wir wieder anfangen?«
»Nein!«
Jemand lachte, als Suko die Antwort gegeben hatte. »Er kann also doch reden. Wie nett.«
»Ich… ich weiß nichts.« Suko quälte sich die Worte über die Lippen. »Ihr könnt machen, was ihr … ihr wollt. Ich kann euch nichts sagen. Ich habe Julie nicht … gefunden.«
»Das wissen wir. Aber du hast auf die Kleine gewartet.«
»Ja.«
»Und weshalb?«
»Ich wollte mit ihr reden.«
»Das hat doch keinen Sinn, Waldo. Wenn er uns nicht zum Narren hält, dann weiß er tatsächlich nichts.«
»Das sehe ich auch so.«
»Ich würde es trotzdem gern versuchen. Mein Messer…«
»Nein!« Waldo hatte sich anders entschieden. »Vielleicht weiß er doch etwas.« Da niemand zu widersprechen wagte, beugte sich Waldo nach vorn. Suko sah ihn. Er konnte den Mann jetzt deutlicher erkennen. Waldo brachte sein Gesicht dicht vor Sukos Augen. Die Augenbrauen wuchsen wie zwei Kohlestreifen dicht an der Nasenwurzel zusammen, der Mund war nur mehr ein krummer Halbmond.
»Wenn du nicht weißt, wo sich die Kleine aufhält, dann könntest du uns möglicherweise einen Tip geben, wo sie hingegangen ist. Steckt sie in der Schule?«
»Das ist möglich.«
»Hast du dort nachgeschaut?«
»Nein.«
Waldo überlegte. »Weshalb nicht?«
»Ich… ich wollte erst mit ihren Großeltern reden.« Suko wußte genau, was er sagte. Zwar hatten ihn die drei Killer in die Mangel genommen, seinen Verstand jedoch hatte er retten können. Er sagte kein Wort zuviel und blieb immer unverbindlich.
»Wir könnten die Schule besetzen!« schlug Ahmet vor. »Das wäre nicht einmal schlecht.«
»Und dann?«
»Wird sie freiwillig kommen, Waldo!«
»Du bist ein Idiot. Wir haben genügend Aufsehen erregt. Mehr können wir uns nicht leisten.«
»War ja nur ein Vorschlag.«
»Behalte deine miesen Ratschläge.« Waldo wandte sich wieder dem Inspektor zu. »Okay, haken wir die Schule ab. Wann ist die normalerweise beendet?«
»Gegen Mittag.«
»Okay, so lange warten wir.« Waldo richtete sich auf. Er knetete seine knochigen Hände. »Ich hoffe nur, daß die Gladstones nicht plötzlich Besuch bekommen, dem könnte es schlimm ergehen.«
Das hoffte Suko auch. Noch immer ärgerte er sich darüber, wie ein Anfänger in die Falle getappt zu sein. Wer hätte schon damit rechnen können, daß in dem Haus drei Killer lauerten?
Sie hatten Suko auch die Waffen abgenommen, bis auf den Stab, den sie für harmlos hielten. Suko spürte deutlich seinen Druck in der Innentasche. Die dünnen Drahtfesseln saßen stramm.
Hamir, der Fahrer des Wagens, zündete sich eine Zigarette an und rauchte nervös. Der fremdartige Duft der Orienttabake schwängerte die Küche und kitzelte Sukos Nase. Er weckte ihn nicht weiter auf, reizte nur zum Niesen.
Waldo hatte sich auf den Tisch gesetzt, während Hamir vor Suko stand und ihn aus seinen kalten Augen beobachtete. Man sah ihm an, daß er den Chinesen haßte und ihm am liebsten gekillt hätte.
Dabei bewegte er unruhig seine rechte Hakenhand.
Der Inspektor war ein Mensch, den eine lange Erziehung oder Schule gestählt hatte. Er hatte es gelernt, Schmerzen zu ertragen und auch schneller zu verdauen. Dabei half ihm seine innere Einstellung, die er als Asiate nie verleugnete.
Einem normalen Menschen wäre es schlechter ergangen. Suko erholte sich schon wieder.
Große Sorgen aber bereiteten ihm die Drahtfesseln. Sie würde er aus eigener Kraft nicht lösen können, und die drei Killer würden einen Teufel tun und sie ihm freiwillig abnehmen.
So verrann Zeit.
Irgendwann würden die Männer nervös werden, das stand für Suko fest. Es war fraglich, ob sie es bis zum Mittag aushielten. Sie waren Fremdkörper in einem Ort wie diesem, wo jeder jeden kannte.
Suko hoffte nur, daß niemand kam.
Plötzlich drehte sich Waldo von der Tischplatte weg. Er starrte gegen das Fenster. Sein
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