0521 - Teufels-Pferde
er ihn schon gepackt. Er drehte den Kopf, sein Maul war dabei so weit offen wie möglich, und Ahmet, der es kaum fassen konnte, tat überhaupt nichts.
Die beiden Hälften des Pferdemauls klappten zusammen wie die Backen einer Zange.
Ahmet schrie kurz auf, dann riß ihn die Kraft des Tieres schon hoch, und sein Schrei brach ab.
Feuer strömte aus den Nüstern des schwarzen Tieres und glitt über Ahmets Gestalt, ohne sie dabei in Brand zu setzen.
Hamir und Waldo waren entsetzt. Der Fahrer konnte es einfach nicht fassen, er hielt sich die Augen zu, weil er nicht hinschauen wollte, und hörte die zischende Stimme seines Chefs.
»Da ist der Bulle!«
Suko stand in der offenen Tür und sah das Schreckliche mit an.
Der Hengst hatte sich den Killer mit der Stahlklaue geholt. Noch einmal bewegte er seinen Kopf von rechts nach links. Es sah unwillig aus, dann senkte er ihn und ließ den Mann mit der Stahlklaue los.
Ahmet fiel zu Boden. Mit dem Kopf zuerst prallte er auf, bevor er zusammensackte.
»Verdammt, der ist bei Allah!« flüsterte Hamir.
Waldo sagte nichts. Sein Schnauzbart zitterte. Das Gesicht hatte einen noch härteren Ausdruck angenommen. Wie eingedrückt wirkte die dünne Haut an den Wangen.
Aber seine Hände waren ruhig, als er mit einer sicheren und tausendmal geübten Bewegung den großkalibrigen Revolver hervorholte.
»Du willst ihn killen?« fragte Hamir.
»Ja, den Bullen!«
»Und dann?«
»Nehme ich mir die Gäule vor. Ich glaube kaum, daß sie den Kugeln widerstehen werden.«
»Das mußt du wissen.«
Waldo war ein Killer. Wie viele Personen er schon auf dem Gewissen hatte, konnte er nicht sagen. Seine Finger jedenfalls reichten da längst nicht aus.
Er wußte auch, wie er sich in Streßsituationen wie dieser hier verhalten mußte. Mit der linken Hand schob er die braunen, feucht schimmernden Zweige ein wenig zur Seite, so daß sein Blickfeld besser wurde. Durch diese Lücke schob er den langen Lauf des schweren Magnum-Revolvers.
Die Mündung wirkte wie ein leeres Auge. Der Chinese ahnte von nichts.
Er stand noch immer auf der Türschwelle, schaute auf die Pferde und auch auf den Toten, der vor den Füßen des schwarzen Hengstes lag. Äußerliche Wunden waren nicht zu erkennen, auch kein Blut, aber die starren Augen sagten Suko genug.
Dieses Pferd war ein Killer, ein vierbeiniger Mörder, der eine schreckliche Rache genommen hatte, die jedoch nicht auf seinem Mist gewachsen war, weil hinter ihm jemand stand, der ihn lenkte.
Suko hörte Schritte.
Er drehte sich.
Julie kam auf ihn zu. Ihr Gesicht zeigte ein Lächeln, das allerdings nicht die Augen erreichte.
»Er lebt nicht mehr«, sagte Suko.
Das Mädchen nickte. »Ich wußte es.«
»Und woher?«
Julies Lächeln wurde breiter. »Die Pferde sind meine Freunde. Sie lassen mich nicht im Stich. Sie beschützen mich. Ich hätte John Sinclair nicht gebraucht, glaube ich.« Neben Suko blieb sie stehen.
Auch Julie konnte jetzt aus der Tür und über die Straße hinwegschauen, wo sich auf der anderen Seite der Buschgürtel hinzog, hinter dem die beiden Männer auf der Lauer lagen.
Noch hatte Waldo nicht geschossen…
Er war drauf und dran gewesen, den Zeigefinger zu krümmen, dann aber hatte sich der Bulle gedreht, weil Julie gekommen war.
»Wenn ich ihn von ihrer Seite geholt habe, werden wir den Schock ausnutzen und sie holen. So mache ich es.«
Hamir gab keine Antwort. Er fühlte sich einfach überfordert. Zudem war Waldo der Boß in diesen Dingen. Der wußte genau, was er tat. Bisher war auch nichts schiefgelaufen.
Suko wunderte sich darüber, daß Julie vortrat, dabei weder auf die Pferde achtete noch auf den Toten, dafür aber mit den Blicken die gegenüberliegende Seite der Straße absuchte.
»Was hast du?« fragte der Inspektor.
»Ich weiß es nicht genau. Etwas stimmt nicht.« Sie holte tief Luft.
Ihre Haare sträubten sich dabei. »Ich spüre so etwas wie Gefahr.«
»Kannst du dich deutlicher ausdrücken?«
»Gefahr für dich, Suko. Geh zurück ins Haus.«
»Wieso gerade ich?«
»Bitte!«
Suko zögerte noch. Er durfte die Warnung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das Mädchen war sensibel. Es spürte mehr als Suko. Julie wußte, wenn etwas nicht stimmte.
»Auf der anderen Straßenseite«, wisperte sie. »Von dort spüre ich die Strömungen.«
»Wer gibt sie ab?«
»Es sind… es ist …« In die Pferde geriet Unruhe. Bisher hätten sie ruhig gestanden, nur ab und zu mal die Köpfe erhoben und zu den Wartenden
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