0522 - Der Zombie-Macher
Teri es für einen dummen Scherz gehalten.
Sie rief die Telefonzentrale an und nannte die Zimmernummer. »Können Sie mir sagen, von welchem Anschluß aus wir soeben angerufen wurden?«
Offenbar nahm man es hier mit Datenschutz nicht so genau wie in den USA oder gar in westeuropäischen Ländern. »Moment bitte… möchten Sie einen Ausdruck?«
»Wenn Sie’s mir sagen, genügt es.«
Sie schrieb mit, bedankte sich, sprang aus dem Hotel und suchte eine öffentliche Telefonzelle in der Nähe, von der aus sie die Nummer anwählte - eine reine Vorsichtsmaßnahme, um nicht selbst ausgetrickst zu werden. Natürlich würde der Kidnapper ebenso wie sie zurückverfolgen können, woher der Anruf kam - Fluch oder Segen der modernen Gesprächsprotokolltechnik. Also durfte sie nicht aus dem Hotel anrufen.
Das Freizeichen kam und dann die Verbindung. »Guten Tag. Hier ist der Anrufbeantworter des Immobilienbüros Sky. Der Anschluß ist momentan nicht besetzt. Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer, wir rufen Sie zur Bürozeit schnellstmöglich zurück. Vielen Dank.«
»Sorry, war wohl falsch«, sagte Teri mit vorsichtshalber verstellter Stimme, um auf keinen Fall erkannt zu werden, falls der Anruf mitgehört wurde, und fügte verdrossen hinzu: »Daß diese Nummer sich aber immer so blödsinnig ähnlich sein müssen…«
Damit hoffte sie, jeden Verdacht des Kidnappers zerstreut zu haben. Und weil Teri schon mal in der Telefonzelle war, suchte sie auch gleich nach der Eintragung des Immobilienbüros Sky. Es war mit voller Adresse angegeben.
Sie rieb sich die Hände. »Na, wer sagt’s denn, daß der Frosch keine Haare hat… da haben wir den Burschen doch schon!«
Trotz der vielen, jedoch immer nur kurzen zeitlosen Sprünge, fühlte sie sich magisch wieder fitt - und versetzte sich in die Straße, in der Shado wohnte.
Sie stürmte Zamorra förmlich in die Arme.
***
Skaithor hörte den Anruf nicht mit. Er befand sich schon längst nicht mehr daheim. Ein Fahrzeug mit Gefangenen und Zombies rollte nordwärts. Skaithor brauchte neue Kraft. Satan würde sie ihm geben, wenn Skaithor ihm neue Seelen gab.
Und zugleich würde Zamorra in die Falle gehen. Skaithor war sicher, daß der Feind kommen würde. Wenn nicht, würde er ihm morgen den Duval-Zombie schicken. Und Duncan hatte ja gesagt, es seien zwei Frauen bei Zamorra…
Also gab es immer noch ein weiteres mögliches Druckmittel. Spätestens nach einer zweiten Entführung mußte Zamorra reagieren. Er würde sicher kein weiteres Opfer zulassen.
***
Zamorra überlegte, ob er richtig handelte, als er Shado so einfach verließ. Natürlich - er konnte sich nicht zum Handlanger mordbestimmter Rachegelüste machen lassen. Andererseits war Shado ein Phänomen. Seine Fähigkeit, andere Menschen an einen bestimmten Ort zu versetzen, war einzigartig. Es war, überlegte Zamorra, ein »Mittelding« zwischen der Fähigkeit des zeitlosen Sprunges, wie ihn die Silbermond-Druiden beherrschten, und den Regenbogenblumen, die wie biologische Materiesender arbeiteten. Shado als Verstärkung der Zamorra-Crew…?
Ein absoluter Wunschtraum!
Aber wie dachte der Aborigine selbst darüber? Würde er dem überhaupt zustimmen können? Er würde praktisch nicht viel mehr als ein Werkzeug sein, als ein lebendes Transportmittel. Nein, dachte Zamorra. Nicht um diesen Preis. Er ist ein Mensch, kein Ding. Wir sollten uns vielleicht besser nie wieder sehen, ehe ich ihn aus egoistischen Motiven überrede, mit uns zu arbeiten…
Er mußte auch an Ombre denken, den jungen Mann aus Baton Rouge, der über eines von Merlins Amuletten verfügte. Ombre weigerte sich, sich der Magie hinzugeben; er wollte sie nicht. Er wollte ein ganz normales Leben führen, doch das Schicksal zwang ihn immer wieder in Ereignisse, die ihn mit Magie allgemein und mit Zamorra oder seinen Gefährten speziell zusammenbrachte. Gegen Ombres erklärten Willen.
»Warten wir’s ab«, murmelte Zamorra. »Überlassen wir ein Wiedersehen zähneknirschend dem Zufall. Und zur Not spielt ja Teri die Vermittlerin…«
Im gleichen Moment stolperte sie ihm in die Arme.
***
Der Wagen fuhr etwa eine halbe Stunde lang und stoppte dann in einer einsamen, palmengesäumten Strand-Landschaft. Mel Duncan, der den GMC-Van fuhr, sah auf die Borduhr; es ging auf Mitternacht zu. Nach Mitternacht könne es zu spät sein, hatte er am Telefon übermitteln müssen. Viel Zeit blieb also nicht mehr.
Fieberhaft überlegte er, was er tun konnte.
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