0522 - Der Zombie-Macher
ihn nicht im geringsten zu stören. Auch die anderen Aborigines nahmen den ungewöhnlichen Anblick einfach hin. Einige von ihnen trugen selbst nur Lendenschurze -oder überhaupt nichts.
»Sie sind der Anführer?« erkundigte Nicole sich.
Der Mann lachte leise und schüttelte den Kopf. »Kanaula bewahre mich davor«, sagte er.
»Das ist Shado«, stellte Teri ihn jetzt vor. »Der Typ, den ich dir und Zamorra vorstellen wollte.«
Du lieber Himmel, dachte Nicole. Und dafür schleppt dieses verrückte Mädchen mich um den halben Erdball. Teri wollte weitersprechen, aber der Aborigine hob die Hand. »Was willst du hier, Teri Rheken? Warum bist du hergekommen?«
»Wir waren verabredet.«
»Wir waren nicht verabredet. Schon gar nicht hier. Ihr befindet euch auf verbotenem Land. Oder habt ihr euch eine Genehmigung der Verwaltung besorgt? Dann möchten wir dieses Papier sehen.« Dabei machte er wieder die ausholenden Bewegung, die das gesamte Lager umfaßte. Nicole schätzte die Population auf vielleicht zwanzig Erwachsene und ebenso viele Kinder.
»Hör zu, Shado!« protestierte Teri. Aber er schnitt ihr erneut das Wort ab und sah Nicole an. »Ich habe dich nie gesehen, und doch glaube ich dich zu kennen«, sagte er. »Dabei bist du nicht der, den ich erwarte. Doch in deinen Gedanken trägst du etwas von ihm in dir.«
Nicole verengte die Augen. Sie sah zwischen Teri und Shado hin und her. In ihr keimte der Verdacht, daß Shado über paranormale Fähigkeiten verfügte. Ganz umsonst hatte die Silbermond-Druidin sie beide garantiert nicht miteinander bekanntmachen wollen. Aber Shado konnte Nicoles Gedanken ebensowenig lesen wie irgendein anderer Telepath. Die Psi-Sperre verhinderte es. Nur wenn Nicole sie bewußt öffnete, konnte ein telepathisch begabtes Wesen sie »belauschen«.
»Wovon sprechen Sie, Mister Shado?« erkundigte sie sich. »Mein Name ist übrigens…«
»Vermutlich zu unwichtig, ihn sich zu merken. Der andere, den du in deinen Gedanken trägst, soll kommen. Mit ihm werde ich reden. Und nun verlaßt diesen Platz wieder. Es ist nicht gut, daß ihr hier seid. Ihr Weißen habt den Kindern der Traumzeit schon genug Glück gestohlen.« Er wandte sich ab und entfernte sich in Richtung Flugzeug. Stirnrunzelnd sah Nicole ihm nach.
Teri lief hinter dem Aborigine her. »Shado«, sprach sie ihn an. »Verflixt, warte doch. Du kannst uns nicht einfach hier stehen lassen. Wir sind extra hierher gekommen, weil wir in Ruhe mit dir reden wollten. Ich…«
»Du kannst in Sidney in Ruhe mit mir reden. Der andere Weißbursche auch, wenn er kommt. Meine Zeit hier läuft ab. Ich muß zurück in die Stadt.«
»Du bist ein verbohrter, alter, sturer Schafbock!« fauchte die Druidin ihn an. »In der Stadt finden wir doch keine Ruhe! Nicht in deinem hektischen Büro! Und glaube ja nicht, daß ich auch nur einen Fuß in das verlauste Rattenloch setze, das du deine Wohnung nennst! Ich…«
»Nun sei endlich ruhig, Frau!« stoppte Shado ihren Redefluß. Er versperrte ihr den Weg, als Teri ihm weiter folgen wollte. Da endlich blieb die Druidin stehen. Nicole schloß langsam zu ihr auf.
»Du wirst mir ein paar Fragen beantworten müssen«, sagte sie. »Was soll dieser ganze Zirkus?«
»Ich erzähl’s dir in Sidney«, sagte die Druidin mißmutig. »Wir werden vor ihm da sein.«
»Natürlich werden wir vor ihm da-sein. Er wird ja wohl erst noch auf seinen Piloten warten müssen«, gab Nicole zurück. »In welchen Schatten hat der sich denn zurückgezogen?«
»Shado ist der Pilot«, sagte Teri trocken.
Nicole hob verblüfft die Brauen. Sie sah, wie der Aborigine in die Piper stieg. Bevor er die Kanzel schloß, winkte er den beiden Frauen zu. »Er soll das silberne Zeichen mitbringen«, rief er. Dann ließ er sich im Pilotensitz nieder, schnallte sich an und betätigte die elektrische Zündung. Der Propeller schlug einige Male an, der Motor spuckte, und dann begann die Maschine plötzlich zu brummen. Das einmotorige Propellerflugzeug rollte an, hoppelte über den harten, unebenen Boden und gewann rasch an Tempo, um schließlich abzuheben und am heißen Vormittagshimmel zu entschwinden.
»Ich glaub’s nicht«, murmelte Nicole. »Ich glaub’s einfach nicht!«
***
Mel Duncan erwachte mit rasenden Kopfschmerzen. Als er sich bewegen wollte, stellte er fest, daß er gefesselt war. Er befand sich in einem völlig dunklen Raum und lag auf hartem Boden. Als er lauschte, konnte er keine fremden Atemzüge hören. Er war allein in
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