0525 - Tödliche Fotos
Musik.
Sofort gerieten die Schülerinnen in eine regelrechte Tanz-Ekstase.
Was sie zeigten, war wirklich gut, Mrs. Gifford hatte sich als Zuchtmeisterin bewährt.
Über die Zeitspanne von beinahe zwanzig Minuten trieb sie ihre Schülerinnen zu wahren Höchstleistungen an und schonte sich selbst auch nicht. Da konnte man schon von Knochenarbeit sprechen.
Es floß reichlich viel Schweiß und anschließend das Wasser der zahlreichen Duschen.
Selbst Judy Landers, die sich als topfit bezeichnete, war ziemlich kaputt, als sie die Dusche verließ, sich abtrocknete und andere Kleidung überstreifte.
Harriet kam noch zu ihr. »Kommst du nachher wenigstens noch zu Ginos?«
»Weiß ich nicht.«
»Bis dann.«
»Ja, Tschau…«
Erst jetzt stellte Judy fest, daß sie die einzige Person war, die sich noch im Umkleideraum befand. Von draußen hörte sie die Stimmen der Kolleginnen, die lachend die Turnhalle verließen. Eine Tür klappte zu, dann war es still.
Zu still, wie Judy fand. Ihr gefiel die Ruhe plötzlich nicht. Sie ärgerte sich, daß sie so langsam gewesen war. Noch stand sie im knappen Slip da und hatte den Pullover nicht übergestreift. Sie rutschte in die beigen Thermojeans und zog den dicken Wollpullover über. Er reichte ihr nur bis zu den Hüften, gehörte bereits zur neuen Kollektion.
Die Schuhe bestanden aus weichem Leder, besaßen aber dicke Kreppsohlen und ließen sich schnüren.
Ihre Sportkleidung packte Judy in die Tasche, ging noch einmal durch ihr Haar und band das weiße Stirnband um. Dann zog sie die dreiviertellange, grüne Stoffjacke über, die sehr breite Außentaschen besaß, wo Judy stets einige Fotos oder Karten von sich trug. Sie hängte die Tasche über die Schulter und verließ den Raum.
Ein Gang nahm sie auf. Er führte in den hinteren Teil der Halle, wo noch eine Tür geöffnet war. Ein Nachtwächter würde sie später schließen. Um diese Zeit war der Vordereingang verschlossen.
Judy war die einzige Person, die sich in dem Komplex befand.
Normalerweise hatte sie sich nie gefürchtet, an diesem Tage war ihr schon etwas komisch, als sie durch den Gang schritt, den rechts und links Backsteinmauern einrahmten.
Der Boden war staubig, die Decke lag sehr hoch über ihr. Dort brannten einige Lampen, die aussahen wir runde Augen. Sie gaben nicht mehr als eine Notbeleuchtung ab.
Judy lief schneller. Urplötzlich war die Angst in ihr hochgeschossen. Sie lauschte auf das Echo ihrer eigenen Tritte und hatte das Gefühl, als würde ihr dieser Klang Böses für die Zukunft versprechen.
Endlich sah sie die Hintertür. Grau gestrichen, aus Metall bestehend, feuerfest.
Sie drückte die Klinke – und zuckte zurück, denn die Tür war verschlossen.
Judy blieb stehen, starrte sie an und schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht begreifen, daß jemand abgeschlossen hatte. Das war ihr noch nie passiert.
Tief holte sie Luft, weil sich ihr Atem beruhigen sollte. Ebenso wie der heftige Herzschlag. Das war doch nicht möglich, jeder wußte, daß die Hintertür nicht abgeschlossen werden sollte.
Noch einmal faßte sie nach, rüttelte an der Klinke, zog auch an ihr, aber sie bekam, die Tür nicht auf.
»Verdammt!« flüsterte sie und schluckte. Mit einer Hand wischte sie über die Stirn. Dort lag schon der Schweiß. Die Angst hatte ihn produziert.
Da verlöschte das Licht!
Es geschah urplötzlich. Auf einmal war es dunkel, und der Türausschnitt verschwamm vor Judys Augen.
Mein Gott, dachte sie. Jetzt reiß dich nur zusammen. Dreh nicht durch, sonst ist alles verloren. Reiß dich zusammen! Du darfst keine Schwäche zeigen.
Es war also noch jemand hier, der die Lampen gelöscht hatte – bis auf eine.
Sie brannte oben an der Decke und schimmerte wie ein dunkler Mond im Grau der Finsternis.
Wer konnte sich noch in diesem Komplex aufhalten? Vielleicht Mrs. Gifford? Oder der Nachtwächter, der früher gekommen war?
Judy glaubte eher an die letzte Möglichkeit, wagte aber nicht, nach dem Mann zu rufen. Sie stand in der Dunkelheit und schaute nach vorn, wo die eine Lampe so etwas wie eine Insel bildete.
Dann hörte sie das Geräusch!
Es waren Atemstöße, heftig, ächzend und auch röchelnd. Im gleichen Augenblick vernahm sie die schlurfenden Schritte. Panik überfiel sie. Ihr Kopf bewegte sich heftig von rechts nach links.
Verzweifelt suchte sie nach einem Ausweg.
Es gab keinen…
Der andere, der nicht Sichtbare kam näher. Irgendwo in der Dunkelheit hielt er sich versteckt, er wollte sie, das
Weitere Kostenlose Bücher