0528 - Der blaue Tod
winkte ab. »Ach was. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich einen Fehler begangen habe. Die Beschwörung war korrekt, sie lief heute genauso wie gestern, er hätte hierher kommen müssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Beschwörung im Château stattfand oder hier draußen. Hier hätte es sogar noch viel eher funktionieren müssen. Nun gut, er hat mich irgendwie ausgetrickst, hereingelegt - wieder einmal. Also muß ich mir schon wieder etwas anderes ausdenken.«
Er ging zum Wagen hinüber und lehnte sich an den hinteren Kotflügel. »Aber nicht jetzt, vielleicht auch nicht mehr heute«, fuhr er fort. »Laß uns die Spuren meines Tuns wieder verwischen, damit kein anderer aus Zufall Unfug damit anrichten kann.«
»Und was dann?«
»Mostache aufscheuchen«, sagte Zamorra. »Ich habe einen Mordshunger.« Es war die Magie. Sie forderte ihren Tribut. Er hatte eine Menge Kalorien verbraucht, die er erneuern mußte, und er fühlte sich auch müde. Je öfter er »auf eigene Faust« zaubern mußte, desto mehr begriff er, was er in all den Jahren zuvor an Merlins Stern gehabt hatte. Das Amulett hatte erst dann auf Zamorras Kräfte zurückgegriffen, wenn das unumgänglich wurde.
Gemeinsam verwischten sie die Zeichen. Nicole setzte sich ans Lenkrad. Sie fuhren zum Dorf zurück.
Noch bevor sie es erreicht hatten, schlug das Autotelefon an. Zamorra, auf dem Beifahrersitz beschäftigungslos, nahm den Anruf entgegen, schaltete aber den Freisprechmodus ein, damit Nicole mithören konnte. Dann brauchte er ihr den Inhalt des Gespräches hinterher nicht noch einmal zu erzählen.
»Hast du jetzt endlich begriffen, daß du mich auf deine Weise nicht bekommst?« hörte er die bekannte Stimme. »Ich mag es nicht, wenn man mir Fallen zu stellen versucht. Du bist neugierig, Zamorra. Du willst alles über mich wissen und übersiehst dabei nach wie vor dein großes Problem. Willst du immer noch mit mir reden?«
»Natürlich«, stieß der Parapsychologe hervor.
»Ich glaube dir nicht. Du willst nicht reden, sondern mich bekämpfen. Nun, ich biete dir trotzdem ein Gespräch an. Aber wir werden es zu meinen Bedingungen führen. Du hörst von mir. Und wenn dir etwas daran liegt, Ruhe zu finden, solltest du dich genau an die Anweisungen halten, die man dir gibt. Hast du verstanden, Auserwählter ?«
»Wieso nennst du mich so?«
Sein Gesprächspartner - wer sonst als der Blaue? - lachte spöttisch auf. »Weil ich dich als solchen erkannt habe… Aber darüber reden wir später. Befolge meine Anweisungen.«
»Ich höre.«
Der andere lachte wieder. »Nein, nicht so. Du wirst sie noch rechtzeitig bekommen. Übe dich in Geduld. Ich werde verhindern, daß du mir erneut eine Falle zu stellen versuchst.«
Es knackte leise. Die Verbindung war beendet.
Zamorra legte auf und sah Nicole an, die mitgehört hatte. »Was hältst du davon?«
»Abwarten und Pläne schmieden«, sagte sie, »nur muß das diesmal erheblich schneller gehen als sonst… Ich schätze, der Bursche plant jetzt so eine Art Schnitzeljagd, um uns in seine Falle zu locken. Wetten, daß die erste Nachricht bei Mostache auf uns wartet?«
»Wozu? Wenn ich dagegenhalte, verliere ich ja nur…«
***
»Wollt ihr jetzt endlich was essen oder trinken?« fragte Mostache stirnrunzelnd, als Zamorra und Nicole die Schankstube schon wieder betraten.
»Natürlich nicht. Da wir zivilisierte Menschen sind, die länger als seit zwei Stunden in dieser schönen Gegend wohnen, wissen wir natürlich, daß du um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet hast«, sagte Nicole. »Wir dachten nur, daß wir hier eine bestimmte Information erhalten könnten.«
»Sehe ich aus wie ein Auskunftsbüro oder wie der Detektiv, der niemals schlief?« murrte Mostache.
»Das nicht gerade. Außerdem solltest du vielleicht die Tür abschließen, wenn du gerade mal nicht geöffnet hast. Sonst kommen zu viele Leute einfach herein, ohne anzuklopfen, und denken, sie könnten zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit bewirtet werden.«
»Ich schließe nie ab!« tönte Mostache überzeugt. »Wozu auch? Hier gibt es keine Diebe und Mörder, sondern nur anständige Menschen, euch und den Pastor.«
»Zählst du den nicht zu den anständigen Menschen?« staunte Zamorra.
»Er ist anständig, aber kein Mensch, sondern Pastor.«
»Ich wußte nicht, daß dies ein so bedeutender Unterschied ist.«
»Er macht diesen Unterschied doch immer selbst. ›Ihr Sünder‹, sagt er, ohne sich selbst mit einzubeziehen. Wenn wir
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