0528 - Der blaue Tod
auszudrücken?«
»Da wir den Lord nicht fragen können, werden wir uns zwangsläufig an den Blauen wenden müssen. Der Zettel bringt uns nicht weiter. Wir werden also nach Süden fahren oder gehen müssen. Vermutlich wartet er irgendwo dort auf uns - nur wo genau, das wird ein Suchspiel erster Güte. Süden, das kann ein Punkt auf der Strecke sein, das Nachbardorf, Marseille, Algerien, der Südpol…«
»Ein benachbartes Sonnensystem oder die Große Magellanische Wolke, nur ein paar zigtausend Lichtjahre entfernt…«
»Ganz so weit wird es schon nicht sein. Wir kommen nicht umhin, ihm zu folgen, wenn wir ihn finden wollen. Oder wir verzichten darauf und erfahren nichts mehr über ihn - oder erst, wenn es endgültig zu spät ist.«
»Na schön. Deckel auf, Deckel zu, Deckel auf, Deckel zu. Mir gefällt nicht, daß wir nur noch reagieren können, statt zu agieren. Ich habe in diesem Katz und Maus-Spiel absolut keine Lust, den Part der Maus zu übernehmen.«
Nicole hob die Brauen.
»Warum schreibst du dir dann nicht selbst eine ganz andere, neue Rolle ins Drehbuch und spielst den großen Wolfshund? Dann hat er wieder den Schwarzen Peter…«
Zamorra atmete tief durch.
»Sicher hast du dafür schon wieder eine Idee. Laß hören, Nici…«
***
Zamorra war vorsichtig. Er hatte es nicht riskiert, dem Auserwählten unmittelbar zu folgen, sondern wollte auf Nummer Sicher gehen, indem er den Zettel analysierte. Nun, inzwischen würde er dadurch etwas mehr über ihn wissen. Vielleicht konnte er ihn dadurch besser verstehen und würde sich nicht mehr so gegen seine Hilfe wehren. Zumindest aber würde er sich erheblich auf den Arm genommen fühlen - wer mochte sich schon als Narren hingestellt sehen? Der Ärger darüber würde ihn möglicherweise etwas unvorsichtig werden lassen.
Der Auserwählte tastete wieder mit seinen Para-Fähigkeiten nach ihm, um herauszufinden, wo Zamorra sich jetzt aufhielt und was er als nächstes tat. Allmählich wurde er ungeduldig. Warum vergeudete er so viel Zeit mit einem Mann, der sich scheinbar nicht helfen lassen wollte? Aber einfach von hier zu verschwinden und Zamorra seinem Problem allein zu überlassen brachte er auch nicht fertig. Er konnte Zamorra helfen, deshalb mußte er es auch tun. Unter welchen Umständen auch immer …
***
Der Wagen rollte langsam südwärts. Nur wenige andere Autos waren um diese Zeit hier unterwegs; es gab genug Raum zum Überholen, so daß Zamorras Schleichfahrt kein unmittelbares Verkehrshindernis darstellte. »Da ist es wieder!« stieß Nicole plötzlich hervor. Zamorra hielt am Straßenrand an. »Was?«
»Ich spüre es wieder, dieses telepathische Abtasten. Es ist wie gestern im Château…«
»Kannst du ihn diesmal besser erfassen? Vielleicht sogar festhalten?« Zamorra holte den Dhyarra-Kristall aus der Tasche hervor. »Vielleicht hiermit?«
Nicole schüttelte den Kopf. »Das ist zu abstrakt. Ich glaube nicht, daß ich dem Kristall einen entsprechend deutlichen Befehl übermitteln kann. Und - es ist auch schon wieder vorbei. Er hat sich zurückgezogen.«
»Vielleicht hat er nur feststellen wollen, wo wir uns jetzt gerade befinden, um uns einen Überraschungsbesuch abzustatten. Ab jetzt sollten wir mit allem möglichen rechnen, sogar damit, daß er plötzlich hinter uns im Auto auf der Rückbank sitzt!«
Unwillkürlich drehte Nicole den Kopf nach hinten, aber der Rücksitz war leer. Sie setzte sich wieder zurecht und nahm Zamorra den Dhyarra-Kristall aus der Hand. »Ich versuche trotzdem mal, so etwas wie Bereitschaft herzustellen. Vielleicht reicht es schon, ein schützendes Kraftfeld um den Wagen zu errichten, wenn der Blaue unvermittelt auftaucht.«
Zamorra nickte und fuhr wieder an. Er sah sich um nach Anhaltspunkten in der Landschaft, nach etwas, das er mit dem Blauen in Verbindung bringen konnte. Der Blaue wollte etwas von ihm, also würde er über kurz oder lang auch einen weiteren Hinweis geben, wo er zu finden war.
Plötzlich entdeckte Zamorra das Schild. Ein einfaches Verkehrsschild, das auf einen Weg für Fußgänger hinwies. Zamorra hatte dieses Schild hier noch nie gesehen. Es ergab auch keinen Sinn, denn an dieser Stelle gab es keinen separaten Fußweg neben der Straße.
Außerdem waren die Farben falsch dargestellt. Kein weißes Mutter-Kind-Pärchen auf blauem Grund, sondern eine weiße, immerhin dünn blau umrandete Fläche, über die ein ebenfalls blau gezeichneter menschlicher Umriß marschierte. Und der Kopf… war ein
Weitere Kostenlose Bücher