0529 - Der Würgeadler
mit den Greniers besprechen«, sagte ich.
»Wir können sie nicht einfach übergehen.«
»Das ist selbstverständlich.«
Sie hatten mitbekommen, daß wir über sie redeten und kamen zu uns. Sehr vorsichtig nahmen sie Platz und schauten uns mit gespannten und gleichzeitig ängstlichen Blicken an.
Nur der alte Piccé ließ sich nicht stören. Er lag auf der Bank und schlief den Schlaf des Gerechten.
»Es gibt nur eine Möglichkeit, die Aktivitäten des Adlers zu bremsen«, begann Suko sehr vorsichtig. »Wir müssen an ihn persönlich heran, wenn Sie verstehen.«
»Wie denn?« fragte Eliette.
»Mit ihm kämpfen.«
Jeder erschrak. Jacques Grenier rieb über sein Gesicht. »Was wollen Sie? Gegen ihn kämpfen?«
»Ja, es bleibt uns keine andere Chance!« fügte ich hinzu.
»Aber wie?« hauchte Paul.
»Er schwebt über uns. Wir werden auf den Speicher gehen und uns ihm stellen.«
»Der wird Sie vernichten!«
»Kann sein«, gab ich zu. »Zumindest wird er es versuchen. Aber auch wir können uns wehren. Wir wollten Ihnen das nur gesagt haben, damit Sie wissen, was auf Sie zukommt. Wir alle haben leider den Fehler gemacht, das Haus nicht rasch genug zu verlassen.«
»Daß dies passieren würde, damit hatte ja keiner rechnen können!« sagte Eliette. Sie war grau im Gesicht geworden und hatte ihre gesunde Farbe verloren.
Den anderen erging es auch nicht besser, da schloß ich auch Suko und mich mit ein.
»Sind Sie damit einverstanden?« fragte Suko.
»Was sollen wir denn sonst machen?«
Der Inspektor schaute Jacques Grenier an. »Es hätte sein können, daß Sie einen besseren Vorschlag haben.«
»Nein, überhaupt nicht. Ich kann das alles sowieso nicht fassen. Es ist für mich wie ein Alptraum, der leider wahr geworden ist.«
Seufzend atmete er ein.
Noch schwebten wir, ohne uns zu bewegen. Keiner von uns wußte, wie lange dieser Zustand noch andauern würde. Es konnte durchaus sein, daß der Würgeadler eine Reise vorhatte, dessen Ziel niemand außer ihm kannte. Die Zeit drängte also, nur wollten wir nichts überstürzen.
Suko und ich erhoben uns zur gleichen Zeit, verfolgt von den ängstlichen Blicken der Greniers.
»Dann können wir nur für Sie beten!« flüsterte Eliette, »aber ich kann Sie beide nicht einmal bewundern, nur bedauern, denn Sie setzen Ihr Leben aufs Spiel.«
»Denken Sie auch an sich«, erwiderte ich. »Wir wollen doch, daß jeder aus dieser lebensgefährlichen Lage herauskommt.«
»Und wie wollen Sie den Adler töten?« fragte Paul.
»Keine Ahnung!«
»Was geschieht dann mit dem Haus?«
Klar, daß diese Frage hatte kommen müssen. Ich preßte die Lippen hart zusammen und schwieg.
Die Antwort gab sich Paul Grenier selbst. »Ich denke mir, daß wir abstürzen.«
»Kann sein.« Ich drehte mich zu Suko hin, der bereits den Dunklen Gral genommen hatte.
Der Kelch und die Kugel lagen zusammen. Sie bildeten eine Einheit, denn die rote Kugel, die einmal der Wahrsagerin Tanith gehört hatte, paßte genau in die Öffnung.
Wie wir den Gral genau einsetzen würden, das wußten wir jetzt noch nicht. Wir mußten eben alles auf uns zukommen lassen.
Der warme Hauch des Feuers streifte uns, als wir am Kamin vorbeischritten und über die Schwelle der offenstehenden Tür traten.
Vor uns lag die steile Treppe. Über sie hinweg pfiff der Wind. Er fuhr in unsere Gesichter.
Auf der letzten Stufe hockten die fünf Vögel! Sie saßen nebeneinander.
»Sind es seine Beschützer?« fragte Suko.
»Möglich.«
»Halte mal den Gral.« Bevor ich protestieren konnte, hatte Suko ihn mir zwischen die Hände gedrückt. Er selbst holte die Dämonenpeitsche hervor und schlug einen Kreis, so daß die drei Riemen herausrutschen konnten.
Mit einem leisen Geräusch landeten sie auf dem Boden. Sie erinnerten an erstarrte Schlangen.
Für mich gab es keinen Zweifel, daß Suko es schaffen würde, sie mit der Dämonenpeitsche zu töten. Fragte sich nur, wie der Würgeadler darauf reagierte.
»Laß mich vorgehen!« flüsterte Suko.
»Okay«, entgegnete ich gepreßt.
Ich blieb zurück und schaute gegen meinen Freund, als er die Stufen hochstieg. Bei jedem Tritt hinterließ er ein dumpfes Geräusch, das auch von den fünf Vögeln wahrgenommen wurde und sie erschreckte.
Jetzt bewegten sie ihre dunklen Schädel und schauten dem Inspektor direkt entgegen.
Suko hatte die Peitsche bereits erhoben. Wenn sie weiter dort oben hocken blieben und Suko Glück hatte, konnte er sie mit einem Schlag von der Stufe fegen. Und
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