053 - Der steinerne Dämon
Stahlmündung gegen den Hinterkopf.
„Was wissen Sie über die Statue?“
„Statue?“
Lana war nahe daran, hysterisch zu lachen, aber die unbeschreibliche Angst kehrte sofort zurück.
„Wir warten.“
„Ich weiß gar nichts über die Statue.“
„Tyman hat Sie Ihnen zur Aufbewahrung übergeben.“
„Er sagte nur, ich solle gut auf sie aufpassen.“
„Mehr hat er nicht gesagt? Er hat Sie nicht über ihre Bedeutung informiert?“
„Nein. Er sagte nur, sie sei wichtig, und ich versprach ihm, sie gut zu hüten. Daran ist doch nichts Böses? Bitte, lassen Sie mich gehen. Lassen Sie mich in Ruhe!“
Ein Schlag traf ihre eine Wange und ließ sie aufstöhnen.
„Reden Sie, wenn Sie gefragt werden, und beantworten Sie nur das, was wir hören wollen!“
In Lana stritten Angst und Wut um den Vorrang.
„Wir wollen alles erfahren, was Sie über die Statue wissen. Und Sie sollen uns sagen, wo sie jetzt ist.“
„Das weiß ich nicht.“
„Verschwenden Sie nicht unsere und Ihre Zeit! Wenn Sie uns sagen, was Sie über die Figur wissen und wo sie ist, lassen wir Sie gehen und werden die ganze Angelegenheit vergessen.“
„Es gibt also gar keine Mrs. Marlin?“ fragte Lana.
„Stimmt“, sagte der Revolvermann.
„Und auch der Anruf für den Doktor heute morgen war nur fingiert, um ihn aus dem Haus zu locken?“
„Ihre Intelligenz wäre einer besseren Sache würdig gewesen, junge Frau.“
Lana erstarrte. Dieser Mann sprach von ihr bereits in der Vergangenheitsform.
„Wenn wir alle Informationen haben, die wir brauchen, werden wir Sie töten“, fuhr der Mann mit dem Revolver kalt fort. „Ob wir das aber kurz und schmerzlos tun oder unerträglich langsam, hängt von Ihnen ab. Wir sind Meister der Folter. Ich kann Ihnen versichern, daß Sie den vollen Preis bezahlen werden, wenn Sie sich uns in den Weg stellen.“
„Das tue ich doch gar nicht“, jammerte das Mädchen. „Ich habe nicht einen Augenblick lang versucht, mich Ihnen entgegenzustellen.“
„Natürlich nicht“, sagte die süße Stimme giftig. „Nummer Vier!“
Einer der Maskenmänner trat vor.
„Vielleicht möchtest du ihr gern beibringen, was Schmerz heißt.“
Durch die Kapuze drang ein zustimmendes Knurren.
Lana glaubte einen Alptraum zu erleben. Die Welt schien sich in Meere von Schmerzen aufzulösen. Sie verlor jedes Zeitgefühl; sie schrie, bis kein Schrei mehr in ihr war; sie weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte; sie redete; sie sagte alles, was sie über Tyman und die Statue wußte; und was sie nicht wußte, erfand sie. Aber das, was sie zu gestehen hatte, war zu wenig.
Dann merkte sie, daß sie aufgehört hatten, sie zu quälen. Und sie lebte noch. Ihr Körper war zwar zerschunden, ihr Geist verwirrt, trotzdem konnte sie in diesem Augenblick noch klar denken. Sie hatte das Gefühl, außerhalb ihres Körpers zu stehen und eine schreckliche Szene zu beobachten, die ganz woanders stattfand.
„Ein Wächter, der nicht weiß, was er bewacht“, hörte sie eine erstaunte Stimme.
„Vielleicht war keine Zeit mehr, sie völlig einzuweihen.“
„Es wäre auch möglich, daß Tyman dachte, sie wäre sicherer, wenn sie nichts weiß.“
Jemand stimmte dem zu. Dann war es still.
Lana fiel in eine Art Bewußtlosigkeit. Sie wußte nicht, wie lange sie nicht bei Sinnen war. Als sie erwachte, war der Keller leer und dunkel, sie selbst aber immer noch an den Stuhl gefesselt. Seltsame scharrende Geräusche kamen aus einer Ecke auf sie zu. Ratten, dachte sie ängstlich.
Eigentlich wunderte sie sich, daß man sie nicht sofort umgebracht hatte. Aber vielleicht hatte man noch etwas mit ihr vor? Vielleicht wollte man sie als Geisel für Bollinger benutzen, falls man ihn nicht schon in der Gewalt hatte. Was würden sie jetzt tun? Nach der Statue suchen?
Aber das Personal von Tregorran Grange würde jetzt doppelt und dreifach auf der Hut sein, wenn man die Tatsache, daß Bollinger nicht zurückkam und ihr Verschwinden mit den Vorgängen der letzten Nacht in Verbindung brachte. Ihr Verstand arbeitete mit einer Klarheit, die sie selbst überraschte.
Als wenn ihr geistiger Zustand sie auf irgendeine Weise für ihre physischen Schmerzen entschädigen wollte.
Dann öffnete sich die Falltür plötzlich knarrend, und das schummrige Licht wurde eingeschaltet.
Sie kroch in sich zusammen. Ob man sie wieder verhören wollte? Aber der Mann, der die Treppe herunterkam, trug einen Teller mit Essen.
„Wir haben beschlossen, daß Sie noch etwas
Weitere Kostenlose Bücher