Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
053 - Der steinerne Dämon

053 - Der steinerne Dämon

Titel: 053 - Der steinerne Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John E. Muller
Vom Netzwerk:
wollte.
    „Sie haben mir nicht gerade viele Antworten gegeben, Mr. Jones.“
    „Nennen Sie mich nicht Mister. Einfach Midnight.“
    „Sie haben mir noch immer keine Antwort gegeben.“
    „Nein, das habe ich nicht. Aber ich habe Ihnen das Leben zurückgegeben. Ist das nicht mehr wert?“
    „Natürlich. Tut mir leid. Ich bin sonst nicht so neugierig.“
    „Ich weiß. Irgend etwas an mir macht die meisten Leute neugierig. Das ist auch der Grund, warum ich lieber nachts wandere.“
    „Als was würden Sie sich denn selbst bezeichnen?“
    „Als eine Art Tramp oder Minnesänger“, antwortete Midnight Jones mit einem gewissen Stolz, als hätte er sich als blaublütigen Aristokraten oder Bankmanager ausgegeben.
    „Sie verdienen sich also Ihren Lebensunterhalt damit, daß Sie von Ort zu Ort ziehen und auf der Gitarre spielen?“
    „Sie haben selbst gesagt, daß Ihnen meine Musik gefällt.“
    „So habe ich das nicht gemeint. Ihre Musik ist wunderbar. Aber ist das alles, was Sie tun?“
    „Ja und nein. Wir werden uns wieder begegnen, Sie und ich.“ Er schaute zum Himmel empor. Der Mond stand hell und klar zwischen den Sternen. „Es ist dort oben beschlossen. Unsere Pfade kreuzen sich mehr als einmal. Ich kann aber noch mehr lesen. Sagen Sie, gibt es in Ihrem Leben ein Mädchen?“
    „Ein Mädchen?“ fragte Bollinger.
    „Schlank, anmutig, ängstlich und einsam.“
    „Ich nehme an, Sie meinen Lana.“
    „Kann sein, daß sie so heißt.“
    „Wie können Sie von ihr wissen?“ fragte Bollinger neugierig.
    Midnight Jones blickte wieder zu den Sternen auf. „Falls nicht jemand dem Mädchen sehr schnell hilft, wird sie sich in einer noch viel schlimmeren Lage befinden, als Sie auf den Eisenbahnschienen.“
    „Glauben Sie, Lana ist in Gefahr?“
    „Das ist eine ziemliche Untertreibung. Am besten halten Sie den ersten Wagen an und fahren dorthin zurück, wo Sie hergekommen sind. Versuchen Sie, das Mädchen zu finden!“ befahl Midnight.
    „Was werden Sie tun?“
    „Ich wandere weiter. Vielleicht finde ich sie vor Ihnen.“
    Eine merkwürdige Kraft, gegen die sich der Doktor nicht wehren konnte, ging von der Stimme des Mannes aus. Bollinger war selbst ein Mann, der Autorität ausströmte und gewöhnt war, Befehle zu erteilen, aber von Midnight Jones ließ er sich führen. Jones erschien ihm wie ein tiefer Brunnen der Weisheit.
    „Auf Wiedersehen!“
    Bollinger kletterte über ein Tor und sah hinter Jones her, der seine Laterne hin und her schwenkte und sang.
    „Ich wurde vor zehntausend Jahren geboren.
    Und es gibt nichts auf der Welt, was ich nicht weiß …“
    Die Gitarrenklänge verhallten, und auch das Licht verschwand in der Dunkelheit.
    Bollinger stand gestikulierend auf der Straße, als ein Wagen mit quietschenden Reifen hielt. Die untersetzte Gestalt eines Polizisten wurde im Licht der Scheinwerfer sichtbar.
    „Nanu, das ist ja Dr. Bollinger!“ rief der Polizist. „Was ist denn Ihnen passiert?“
    „Bitte, bringen Sie mich so schnell wie möglich nach Tregorran Grange! Es handelt sich um einen dringenden Fall.“
    „Ihre Hände bluten, Doktor. Ich werde Sie zuerst auf der Station verbinden lassen.“
    Bollinger hatten bei Midnight Jones Weggang die Kräfte verlassen, als wenn ihm der Fremde bis dahin einen Teil seiner eigenen Energie geliehen gehabt hätte. Der Doktor fühlte seine Sinne schwinden und sackte in den Armen des jungen Polizisten zusammen.
    „Kommen Sie! Wir werden Sie bald wieder fit haben.“
    Bollingers erste klare Erinnerung war eine Tasse dampfender Tee auf der Polizeistation. Tüchtige Hände wuschen seine Wunden und verbanden die Schnitte, die die Drähte hinterlassen hatten.
     

     
    Dr. Bollinger war kaum zehn Minuten weg, als das Telefon erneut in seinem Büro klingelte. Lana stand auf, um das Gespräch anzunehmen.
    „Hier ist Mrs. Marlin.“
    Die Stimme klang kultiviert, aber verstört.
    „Guten Morgen, hier spricht Dr. Bollingers Sekretärin. Kann ich Ihnen behilflich sein?“
    „Ich habe eine dringende Botschaft für Sie von Dr. Bollinger.“
    „Ja?“ fragte Lana etwas überrascht.
    „Dr. Bollinger bittet Sie, ihm seinen Instrumentenkoffer zu bringen.“
    Lana sah sich im Büro um. Ein Instrumentenkoffer lag in einem Fach von Dr. Bollingers großem Schreibtisch. Sie nahm an, daß es der richtige war, und schrieb die Adresse auf, die ihr die Frau gab. Dann legte sie den Hörer auf und rief die Zentrale an.
    Der diensthabende Telefonist fragte etwas überrascht:

Weitere Kostenlose Bücher