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0530 - Land der Amazonen

0530 - Land der Amazonen

Titel: 0530 - Land der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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annehmen konnte! In jeder seiner Tarnexistenzen, wie er die verschiedenen Körper nannte, in denen er auftrat, hatte er ein völlig anderes Aussehen. Er konnte selbst bestimmen, ob er alt oder jung war, ob Mann oder Frau, ob Mensch oder Monster… und jedesmal war diese Erscheinungsform so echt, wie sie nur eben sein konnte, jeder Überprüfung in jeder Form absolut standhaltend!
    Unwillkürlich setzte er seine Fähigkeit der Verwandlung ein, aber seine faltigen, dürren Spinnenfinger gehorchten seinem Willen nicht! Sie blieben alt…
    Er stöhnte auf und taumelte zur Schranktür, hinter der sich ein kleines Waschbecken und ein Spiegel befanden. Er starrte die Spiegelfläche an - sie blieb leer!
    Er konnte sich nicht sehen!
    Mit der geballten Faust schlug er zu. Der Spiegel zersprang nicht, aber jetzt zeigte er wenigstens wieder ein Bild. Sam Dios sah sich selbst.
    Sich selbst, wie er vielleicht in 30 oder 40 Jahren aussehen würde, wenn er ein sterblicher Mensch wäre, biologischen Alterungsprozessen unterworfen.
    Ein Greis!
    »Es kann nicht sein«, flüsterte er erschüttert. »Es ist unmöglich. Ich begreife das nicht!«
    Er drehte den Hahn des Waschbeckens auf, ließ Wasser in seine Handflächen laufen und warf sie sich ins Gesicht. Dampf entstand und ließ ihn abermals erschrecken. War seine Körpertemperatur dermaßen angestiegen, daß sie das Wasser verdampfen ließ?
    Auch das war in seiner Tarnexistenz als Sam Dios unmöglich! Allenfalls als Asmodis, aber dann mußte er sich dabei zugleich auch in den Tiefen der Schwefelklüfte befinden und seine Eigentemperatur angepaßt haben, um nicht in den für andere Geschöpfe unerträglichen Gluten zu verbrennen, in denen selbst Seelen in einem Jahrtausende währenden Vorgang zu Asche verkohlten!
    Halbblind kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück, ließ sich in den Sessel fallen. Als er die Sprechanlage einschaltete, verformte die Taste sich unter seinem Finger. Hitze ließ sie anschmelzen.
    »Sir?« vernahm er die Stimme der Sekretärin, die ihm zugeteilt worden war.
    »Schluß für heute. Keine Termine mehr, nichts mehr. Ich bin krank. Ich verlasse das Haus. Ob ich morgen wieder hier bin, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich melde mich von zuhause.«
    »Aber Sir, Mister Riker wollte Sie in einer halben Stunde sprechen und…«
    ...und einen Mister Riker läßt man nicht warten? Was interessierte es Sam Dios, daß Rhet Riker Rob Tendykes Geschäftsführer war, der ihn engagiert hatte, ohne etwas von der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Dios und dem Boss zu ahnen? Daß Riker ein gefährlicher Mann war, der mit der DYNASTIE DER EWIGEN paktierte und mit dem man schon deshalb reden sollte, um etwas über seine neuesten Pläne zu erfahren?
    Es war unwichtig!
    Es ging um sein eigenes Überleben. Er mußte zuerst sein eigenes Problem lösen, das ihm stärker denn je gegenübergetreten war.
    Er verließ das Gebäude nicht auf dem normalen Weg. Er wollte von niemandem verwundert angestarrt werden und gezwungen sein, sein plötzlich verändertes Aussehen jedem, der ihm begegnete, erklären zu müssen. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Beschwörungsformel, drehte sich um seine eigene Achse und stampfte einmal kräftig auf.
    Wenigstens das funktionierte noch!
    Er verschwand aus dem Büro, um in der gleichen Sekunde in dem Bungalow, den er in seiner Identität als Sam Dios bewohnte, wieder aufzutauchen.
    Er erkannte seine Umgebung gerade noch wieder.
    Dann durchraste ihn unerträglicher Schmerz, gepaart mit Müdigkeit, und er brach bewußtlos zusammen.
    ***
    In der ersten Phase formte Stygia das Land. Sie besah es hier und da, korrigierte an einigen Stellen, was ihr nicht gefiel, und war dann mit ihrem Werk zufrieden.
    ***
    Professor Zamorra schreckte hoch. Er glaubte einen heftigen Hieb gespürt zu haben, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. »Ver…«
    Er verstummte sofort wieder. Neben ihm schlief Nicole Duval den Schlaf der Gerechten, und warum sollte er sie aus ihren Träumen reißen, nur weil er selbst geweckt worden war? Vielleicht träumte sie ja gerade von ihm, und sie war es ja auch nicht gewesen, die ihn aufgeschreckt hatte.
    Fausthiebe aus dem Schlafzustand heraus waren bei ihr nicht üblich…
    Draußen war es bereits hell. Durch die Ritzen der Jalousinen drang Sommersonnenlicht. Das war normal. Herr Professor und seine Gespielin pflegten bis in die späten Vormittags- oder frühen Mittagsstunden zu ruhen und dafür den größten Teil der Nacht zum

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